Bangladesch sitzt mit am Tisch

21.9.2016, 20:41 Uhr
Bangladesch sitzt mit am Tisch

© Foto: Gordon Welters für Medico International/CPH

Bereits heute trifft der Preisträger ein. Vor genau einem Jahr erhielt Amirul Haque Amin den 11. Internationalen Menschenrechtspreis der Stadt Nürnberg – jetzt berichtet er bei seinem neuen Besuch, was seither geschah.

Am Samstagabend spricht Amin auch vor 190 Gästen des traditionellen Friedensmahls im Historischen Rathaussaal. Obwohl das städtische Menschenrechtsbüro mit Amin sporadisch in Kontakt blieb, ist Leiterin Martina Mittenhuber selbst gespannt auf die Bilanz: „Hat ihm der Preis genutzt, geholfen, vielleicht sogar geschadet?“ Damit spielt sie auf den Preisträger von 2009 an – der Anwalt Abdolfattah Soltani wurde im Iran mit Haft bestraft.

Bangladesch sitzt mit am Tisch

© Foto: Eduard Weigert

Amin, der in seiner Heimat Bangladesch die wichtigste Textilarbeitergewerkschaft NGWF führt, setze sich derzeit stark für die Frauenbildung ein, sagt Martina Mittenhuber. Trotz seiner schweren Erkrankung sei er „unermüdlich unterwegs“. Das Land ist ein Hauptstandort der Bekleidungsindustrie; 80 Prozent der Beschäftigten sind weiblich. Unfälle, Ausbeutung und Menschenrechtsverstöße bleiben in vielen Textilfabriken an der Tagesordnung, neben Asien auch in Mittelamerika und Osteuropa. Versprechen der einkaufenden Modeproduzenten für Verbesserungen erweisen sich allzu oft als hohl (siehe auch Artikel rechts).

Die Spenden, die nun beim Friedensmahl eingehen, sollen Amins Projekten für die rechtliche Stärkung der Arbeiterinnen zufließen. An dem festlichen Abendessen mit Musik kann jeder Interessierte teilnehmen – es ist aber bereits ausgebucht. Der Platz fürs Vier-Gänge-Menü, zubereitet vom Arvena-Park-Hotel, kostet 100 Euro. Darüber hinaus seien bereits 30 000 Euro an Spenden eingegangen, meldet Martina Mittenhuber. Zu den Gästen zählen neben Politikern, Klinik- oder Unternehmenschefs traditionell auch einfache Bürger, die die Sache unterstützen wollen.

Bangladesch sitzt mit am Tisch

© Foto: Edgar Pfrogner

Auch Mitglieder der Jury, die am Tag darauf den nächsten Menschenrechtspreisträger küren wird, nehmen teil. Das zweijährliche Friedensmahl hat seinen Namen von der historischen Festtafel zum Ende des Dreißigjährigen Kriegs im Jahr 1649.

Die Nürnbergerin Heidi Drahota begleitet die Benefiz-Veranstaltung auf ihre Art: Die Textilkünstlerin zeigt noch bis zum Sonntag in der Ehrenhalle des Rathauses die Ausstellung „Stoff zum Nachdenken“. Zu sehen sind Werke von Kolleginnen aus drei Kontinenten mit Bezügen zu Textilfabriken, Krieg und Flucht. Darunter auch der Patchwork-Wandteppich, den Heidi Drahota 2015 beim Bürgerfest zu Amins Preisverleihung zusammen mit Besuchern entwarf. Das bunte Gedenkstück mit aufgestickten Botschaften wie „Rana Plaza nirgends nie mehr“ ist mittlerweile von einer Firma gekauft worden – und bringt 3000 Euro Erlös für Amin.

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