Bauwagen müssen Platz am Quelle-Gelände räumen

13.2.2020, 05:43 Uhr
Seit 2017 ist der Wagenplatz am Quelle-Turm daheim. Doch jetzt müssen die 20 Bewohner umziehen.

© Günter Distler, NN Seit 2017 ist der Wagenplatz am Quelle-Turm daheim. Doch jetzt müssen die 20 Bewohner umziehen.

Sie sind Nürnbergs größte WG. Sie teilen sich Badezimmer, Toilette, einen Kräutergarten, eine Bar. Und ein riesiges Wohnzimmer unter freiem Himmel. Und doch haben Anna, Nico, Sebastian und die 17 anderen Bewohner jeder ein eigenes Zuhause, wenn das auch nur acht bis zwölf Quadratmeter groß ist - und besonders. Denn es steht auf Rädern.

Vom Studenten bis zum Rentner

Seit August 2017 bewohnt die Gruppe Nürnbergs ersten Wagenplatz. Seit drei Jahren haben sie hinter dem Quelleturm etwas Einzigartiges in der Stadt geschaffen. So besonders, dass im vergangenen Jahr die Medienwerkstatt Franken die Bewohner des "Wagenplatzes Kristallpalast" mit der Kamera begleitet hat. In dem Film sind Menschen zu sehen, vom Studenten bis zum Rentner, die mit wenig auskommen und Großes schaffen: eine andere Art des Wohnens und Lebens.

Und ein Gemeinschaftsgefühl, das sie auch in die Nachbarschaft tragen. Sie laden zum Tag der offenen Bauwagen, bauen eine Bühne für kleine Konzerte und bitten zum Austausch. Dennoch begleiten den Verein "Mobile Architektur", den die Bauwagenbesitzer gegründet haben, auch Misstöne. Die CSU will Beschwerden über den Wagenplatz gehört haben und lässt die Stadt das prüfen. Herauskommt dabei: Konflikte gibt es vor Ort nicht.

Wagenplatz "steht Nürnberg gut zu Gesicht"

Michael Ruf vom Bürgermeisteramt bekommt vor Ort ein ganz anderes Bild von den Menschen, die mit ihrer Art des Wohnens "der Stadt gut zu Gesicht stehen". Deshalb ist Ruf seit vergangenen Sommer bemüht, für den Wagenplatz eine neue Fläche zu finden. Denn seit einem halben Jahr steht fest: Auf dem Quelle-Komplex hat die Wagenburg keine Zukunft. Der neue Besitzer des Areals, die Gerchgroup, wird auf dem ehemaligen Parkplatz geförderte Mietwohnungen errichten. Weil auf vielen städtischen Flächen Wohnungsneu geplant ist, gestaltet sich die Suche schwierig, weiß Ruf.

Hier findet der Wagenplatz Kristallpalast wohl ein neues Zuhause: Auf dem Gelände der SG Viktoria Nürnberg-Fürth 1883.

Hier findet der Wagenplatz Kristallpalast wohl ein neues Zuhause: Auf dem Gelände der SG Viktoria Nürnberg-Fürth 1883. © Timo Schickler, NNZ

Dann aber hat die Stadt eine Lösung für die Bauwagen-Besitzer: Sie sollen auf das Gelände hinter dem Z-Bau ziehen. Als viele Details im Oktober geklärt scheinen und "die kleine Stadt in der Stadt" fertig für den Umzug ist, kommt die Absage. Diesmal ist es der Bürgerverein Hasenbuck, zusammen mit der CSU, die die Wagenburg an der Frankenstraße verhindern. "Wir haben versucht zu vermitteln", erinnert sich Ruf. Eine echte Chance habe man aber nie bekommen, sagen Nico und Anna. "Es stand ein Gespräch mit dem Bürgerverein an. Wir waren bestens vorbereitet, Bedenken und Ängsten der Nachbarn zu begegnen", sagt Anna. Doch zu einem Treffen sei es nie gekommen.

Platz wird momentan nicht für Sport genutzt

Dank der Stadt dürfen die Wagenbesitzer aber bis Februar auf ihrem Gelände bleiben. Zwei Monate, um 2500 Quadratmeter in Nürnberg zu finden, sind aber sportlich. Doch die Hilfe kommt - in Form eines Sportvereins. Die SG Viktoria Nürnberg-Fürth stellt dem Wagenplatz einen Teil ihres Geländes zur Verfügung, "der momentan nicht für Sport genutzt wird", sagt Vereinsvorstand Klaus Junker. Das hat der Verein am Dienstagabend mit seinem Verwaltungsrat beschlossen.

Für die Mobile Architektur ist Standort "ideal, weil der Wagenplatz dort wie in Eberhardshof eine kleine mobile Siedlung bilden kann", sagt Michael Ruf. Und weil er für zwei Jahre Sicherheit hat. So lange will der Sportverein dem Wagenplatz das Gelände überlassen - und die Bauwagenbesitzer auch in die Vereinsarbeit integrieren.

Oberbürgermeister Maly dankt dem Sportverein

Ein Lob erhält der Verein dafür von oberster Stelle. "Ich freue mich sehr, dass in Zusammenarbeit mit der SG Viktoria Nürnberg-Fürth eine so gute Lösung gefunden werden konnte“, sagt Oberbürgermeister Ulrich Maly. "Auch für alternative Wohnformen sollte es in unserer Stadtgesellschaft einen Platz geben."

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