Zu lange Wartezeiten

Beschwerden über Nürnbergs Einwohneramt reißen nicht ab

21.7.2021, 15:35 Uhr
Vor dem Bürgeramt Mitte in der Äußeren Laufer Gasse bilden sich immer wieder Schlangen. Viele Nürnbergerinnen und Nürnberger sind verärgert, dass sie über Monate hinweg keinen Termin erhalten.

© Irini Paul Vor dem Bürgeramt Mitte in der Äußeren Laufer Gasse bilden sich immer wieder Schlangen. Viele Nürnbergerinnen und Nürnberger sind verärgert, dass sie über Monate hinweg keinen Termin erhalten.

Im Zentrum der Kritik stehen Wartezeiten von bis zu vier Monaten, um einen neuen Personalausweis oder Reisepass beantragen zu können. Erst recht problematisch wird es, wenn jemand auf ein Führungszeugnis angewiesen ist, etwa um eine neue Stelle anzutreten. So schildert eine Leserin, dass sie das Zeugnis erst beantragen konnte, nachdem sie längst für ihren neuen Arbeitgeber hätte arbeiten sollen. Sie befürchtet nun, dass die Verzögerung auf sie zurückfallen könnte, auch wenn sie sich nichts habe zuschulden kommen lassen.


So bekommt man schnell einen Termin beim Einwohneramt


Ähnlich ergeht es einem Nürnberger, der ebenfalls dringend ein Führungszeugnis benötigt, "für die Arbeit - nicht zum Spaß". Der Termin, der ihm vorgeschlagen wurde, ist erst in zweieinhalb Monaten. "Vor einem Jahr hatte man für so was noch Verständnis", schreibt er. Inzwischen sei das "doch eine Lachnummer".

Warum aber hat sich die Situation nicht längst verbessert? Die eingebrochenen Inzidenzzahlen wirken sich auf das Einwohneramt nicht so stark aus, wie viele denken. "Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind ja weiterhin andere", sagt Udo Uebersohn, der Leiter der Abteilung Bürgerdienste im Einwohneramt Nürnberg. Zwar habe es intern ein paar Erleichterungen gegeben, die Zahl der Menschen, die das Amt betreten dürfen, ist aber nach wie vor stark limitiert. Obwohl es zusätzlich städtische Aushilfskräfte einsetze, könne das Einwohneramt wie schon im Frühjahr lediglich 600 Termine am Tag anbieten. Vor Corona waren es im Schnitt noch 800, in Spitzentagen sogar 1200 Termine. Die Engpässe sind also längst nicht vom Tisch.

Entnervte Bürger

Dass auch der längste Geduldsfaden irgendwann reißt, musste ein Nürnberger erfahren, der es beim Bürgeramt Süd in Katzwang zunächst telefonisch versuchte: "Entweder war die angegebene Nummer besetzt oder ich bin, wenn ich zufällig durchgekommen, nach längerem Anläuten aus der Leitung geworfen worden." Weil auch online "kein freier Termin verfügbar" war, probierte er beim Bürgeramt Mitte sein Glück - und hatte scheinbar Erfolg. Doch immer wenn ihm Datum und Uhrzeit bestätigt worden waren, erhielt er folgende Mail: "Der Termin konnte leider nicht gebucht werden, da er bereits anderweitig vergeben wurde."

Wer einen (neuen) Reisepass beantragen möchte, sollte sich rechtzeitig darum kümmern.

Wer einen (neuen) Reisepass beantragen möchte, sollte sich rechtzeitig darum kümmern. © Roland Fengler

Immerhin in diesem Punkt kann Uebersohn Entwarnung geben. Der Fehler, dass Termine augenscheinlich zugeteilt, dann aber doch per Mail wieder storniert wurden, sei inzwischen behoben worden. "Die Stadt Nürnberg kann da nichts dafür", stellt Uebersohn klar. Es habe sich um ein temporäres Problem bei einem externen Dienstleister gehandelt. Die Schwierigkeiten seien auch darauf zurückzuführen gewesen, dass gerade am Freitagnachmittag sehr großer Andrang herrscht und viele versuchen, Termine für die Folgewoche zu erhalten, die am Vormittag freigeschaltet werden. In diesem Zusammenhang weist Uebersohn darauf hin, dass auch jeden Morgen noch Termine freigeschaltet werden.

Geduld ist gefragt

Bei Problemen mit der Terminvergabe empfiehlt Uebersohn, eine E-Mail ans Servicecenter zu schicken. Dort werde ein Ticket mit der Anfrage erstellt und weitergeleitet, so dass die Leute auch einen Termin erhalten würden. "Zugegebenermaßen dauert das momentan circa eine Woche bis zu zehn Tage, bis eine Antwort kommt, weil uns die Masse ein wenig überrumpelt", wie Uebersohn vorrechnet.

2017 und 2018 wurden im Mai jeweils circa 8000 Ausweisdokumente beantragt. Im Jahr 2020 waren es Corona-bedingt lediglich 4000, in diesem Jahr aber 12.000. Ein Problem sei nach wie vor, dass 20 Prozent der vereinbarten Termine gar nicht wahrgenommen werden würden. Laut Uebersohn buchen viele und kommen dann nicht. Folglich überbucht das Einwohneramt inzwischen auch einen Teil der Zeitfenster.

Udo Uebersohn ist der Leiter der Abteilung Bürgerdienste im Einwohneramt Nürnberg.

Udo Uebersohn ist der Leiter der Abteilung Bürgerdienste im Einwohneramt Nürnberg. © Fotostudio Petra Kraus, NNZ

Eine ältere Dame fragt in einem Brief an die Redaktion, wie sie ohne Internetzugang überhaupt einen Termin bekommen kann? Wer keinen Internetanschluss hat, sollte beim Servicecenter - unter der Telefonnummer 0911 2310 - anrufen oder direkt beim Bürgeramt vorbeikommen. Letzteres gilt übrigens auch für dringliche Angelegenheiten, die keinerlei Aufschub mehr dulden. Am Eingang erhalten Interessenten Kontaktformulare in Papierform, die laut Uebersohn ebenfalls weitergegeben werden. Alternativ könnten sich Betroffene auch ohne Termin an das Bürger-Informations-Zentrum am Hauptmarkt wenden.

Zusätzliche Angebote

Trotz oder vielleicht auch gerade wegen der massiven Kritik könnte nun Bewegung in die Sache kommen. So kündigt die Stadt Nürnberg an, dass die Leistungen der Melde-, Pass- und Ausweisbehörde der Bürgerämter künftig auch in ausgewählten Geschäftsstellen der Sparkasse Nürnberg angeboten werden sollen. Die Wahl sei demnach zunächst auf vier Standorte gefallen: Mögeldorf, Friedrich-Ebert-Platz, St. Leonhardt und Eibach. Dort soll es möglich sein, etwa An- und Ummeldungen vorzunehmen und Reisepässe oder Personalausweise zu beantragen.

In zwei Geschäftsstellen soll es Abholautomaten geben, an denen fertige Pässe oder Ausweise rund um die Uhr abgeholt werden können. Details zur Kooperation mit der Sparkasse möchte die Stadt am Donnerstag in einer Pressekonferenz nennen.

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