Ehrenamt mit sportlicher Note

Beste Aussicht: St. Sebald wirbt um neue Turmführer

Wolfgang Heilig-Achneck

Lokalredaktion

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23.2.2022, 12:32 Uhr
Turmführer Josef Wintrich unter dem hohen Dachstuhl über dem Gewölbe des Kirchenschiffs von St. Sebald.

© Michael Matejka, NNZ Turmführer Josef Wintrich unter dem hohen Dachstuhl über dem Gewölbe des Kirchenschiffs von St. Sebald.

"Dieser Rundblick ist einfach grandios": Josef Wintrich gerät schnell ins Schwärmen, wenn er erklären soll, warum er wieder und wieder die alten und teilweise steilen Stein- und Holztreppen nach oben steigt. Seit bald vier Jahren führt er regelmäßig Gruppen durch und auf die Türme von St. Sebald, um ihnen Nürnberg aus ungewöhnlicher Perspektive vorzustellen. Von der Burg, die zum Greifen nah erscheint, reicht der Blick weit nach Osten und Süden. "Hier zeigt sich das alte wie das moderne Nürnberg", sagt er. Die meisten Besucher seien denn auch überrascht und oft regelrecht begeistert.

Wer mit Wintrich die gut 200 Stufen nach oben steigt, spürt schnell, wieviel Spaß es ihm macht, etwas von der Faszination des gesamten Bauwerks zu vermitteln. Schon der Aufstieg gleicht einem Gang durch die Geschichte: Da sind die Spuren aus der Frühzeit des Gotteshauses im romanischen Stil, dann der Blick von oben auf das mächtige Gewölbe und auch die Spuren aus der Zeit des Wiederaufbaus nach den Kriegszerstörungen, etwa die zur Stabilisierung eingezogenen Betonanker. Der Aufstieg bis in etwa 50 Meter Höhe bringt manchen ins Schnaufen. "Aber auch viele Ältere schaffen das gut, dann gehen wir eben etwas langsamer. Und es ist oft berührend mitzuerleben, was dann für Erinnerungen wach werden", sagt der Nürnberger, der im Hauptberuf als Ingenieur tätig ist.

Beeindruckender Dachstuhl

Einiges zu erklären und erzählen gibt es zum Beispiel auf der Empore im sogenannten Engelschor oder an den Glocken. Denn die Turmbesteigungen geben auch Einblick in sonst unzugängliche Ecken und Winkel und sind nicht nur dazu gedacht, mal eben zum Turmumgang hochzuspurten. Als geradezu überwältigend empfinden die meisten Besucher den Blick in den hallenartigen Dachstuhl. "Das ist eben doch etwas anderes als der Blick auf einen Bildschirm oder ein Display", stellt Wintrich fest.

Auf den ehrenamtlichen Nebenjob als Turmführer war er durch einen Artikel der Sebalder Gästepfarrerin Petra Seegets aufmerksam geworden - und fühlte sich sofort angesprochen. Dann das passte zu seinem Interesse für Geschichte und Kunstgeschichte und ist für ihn ein willkommener Ausgleich. Und die Begegnungen mit den Gästen aus nah und fern fehlen ihm inzwischen sehr, denn wegen Corona gab es in den zurückliegenden Wochen und Monaten nahezu keine Führungen. Ganz neu im historischen Metier ist Wintrich allerdings nicht: Der 50-Jährige engagiert sich auch im ehrenamtlichen Führungsteam im Germanischen Nationalmuseum.

Nun sucht die Kirchengemeinde wieder Verstärkung. Gut ein Dutzend Turmführer gehören aktuell zum Team - das reicht auch, um die demnächst wieder beginnenden Regelführungen abzudecken. Aber wenn sich der Tourismus erholt und sich mehr Gruppen anmelden, kann es schon eng werden. "Aber vor allem wollen wir das Angebot noch deutlich ausbauen und erweitern", erläutert Wintrich. Ideen gebe es schon genug, von zusätzlichen Terminen etwa für Fotofreunde bis zu Sonnenaufgangs- oder Sonnenuntergangsführungen.

Extra-Turmbesteigungen etwa zum Bardentreffen oder zum Christkindlesmarkt gab es auch schon. "Der Trend geht eindeutig dahin, das als Erlebnis zu gestalten und anzubieten", sagt Wintrich. "So etwas trägt ja auch dazu bei, die ganze Stadt attraktiver zu machen." Nicht zuletzt sieht er den Kirchentag im kommenden Jahr als Herausforderung.

Interessenten sollten sich vor allem gerne mit der Geschichte der Stadt und natürlich auch der Kirche beschäftigen und ihr Wissen gerne weitergeben wollen. Eine Portion Fitness kann nicht schaden, Höhenangst ist freilich eher hinderlich. Schon in dieser Woche, am Donnerstag, 24. Februar, lädt die Gemeinde zu einem ersten Informationsabend über die Ausbildung ein. Er bietet natürlich auch Gelegenheit, das ehrenamtliche Team kennenzulernen und sich auf weitere Termine zu verständigen. Treffpunkt ist um 17.30 Uhr im Eingangsbereich der Sebalduskirche. Interessenten werden gebeten, sich vorher per Mail oder Handy zu melden (ilona-maria.kuehn@elkb.de oder Tel: 0177 64 39 311).

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