Consorsbank: In Krisenzeiten alle Hände voll zu tun

11.5.2020, 14:34 Uhr
Consorsbank: In Krisenzeiten alle Hände voll zu tun

© Eduard Weigert

Rainer Hohenberger macht da keinen Hehl daraus: „Gut bis sehr gut“ sei das Jahr 2020 bislang für sein Haus gelaufen, sagt der Chef der Nürnberger Consorsbank. Eine Aussage, die selten zu hören ist in einer Zeit, in der ganz Europa laut EU-Kommission in die größte Rezession seit den 1930er Jahren abzurutschen droht. Doch das Geschäft bei einer Direktbank mit Schwerpunkt auf Wertpapierhandel funktioniert eben anders als bei vielen anderen Unternehmen. Gerade wenn die Wirtschaft in Aufruhr ist, wenn es an der Börse rumpelt und scheppert, läuft es hier besonders gut. Der Grund: Verunsicherte Kleinanleger, spekulativ ausgerichtete Aktionäre und Schnäppchenjäger verkaufen und kaufen in solchen Situationen viel mehr Wertpapiere als sonst. In Zahlen: Im vergangenen Jahr hat die Consorsbank an einem durchschnittlichen Tag 40.000 bis 50.000 Trades - also Käufe oder Verkäufe - abgewickelt. Im Februar und März diesen Jahres waren es an manchen Tagen zwischen 160.000 und 180.000. Und mit jeder Order klimpert es in der Kasse der Bank.

Aber nicht nur die sogenannten Heavy-Trader, die mit Einzelwerten handeln, waren zuletzt sehr aktiv. Auch viele andere Kunden hätten angesichts der Corona-Beschränkungen nun Zeit gehabt, ihre Finanzen unter die Lupe zu nehmen, mutmaßt Hohenberger, der seit vergangenem Sommer an der Spitze der Consorsbank steht. Mit der messbaren Folge, dass viele Sparpläne abgeschlossen wurden. Insgesamt besitzen die etwa 1,5 Millionen Kunden nun 750.000 derartige Pläne, mit denen sie regelmäßig Aktien in ihr Depot legen. Im Vordergrund standen dabei in den vergangenen zwölf Monaten US-amerikanische Titel wie Apple und Amazon, aber auch Coca-Cola und Disney.

Sparpläne sind gefragt

Ganz oben auf der Beliebtheitsskala lagen der Software-Riese Microsoft und der Pharmakonzern Johnson + Johnson. Jenseits der Sparpläne interessierten sich die Kunden aber nach wie vor für die deutschen Börsenschwergewichte. Unter den beliebtesten Aktien aller Kunden finden sich vor allem Titel aus dem Dax 30 wie Allianz, BASF, Daimler und Siemens, so Unternehmenssprecher Jürgen Eikenbusch. Beliebt sind unterdessen auch Sparpläne mit ETFs (Exchange Traded Funds). Diese Fonds bilden einen Index nach - besonders häufig den deutschen Leitindex Dax, den weltweit streuenden MSCI World oder den EuroStoxx mit den wichtigsten europäischen Titeln - und sind günstiger als ein gemanagter Investmentfonds.

Die starke Nachfrage hat jedoch eine Schattenseite: Manch ein Kunde klagte in den vergangenen Wochen darüber, bei der Consorsbank niemanden zu erreichen. Hohenberger räumt die Schwierigkeiten und verweist auf eine unglückliche Verquickung: Zeitgleich mit dem enormen Ansturm auf die Bank mussten die Strukturen auf das mobile Arbeiten umgestellt werden. Das habe zu Engpässen geführt. Mittlerweile seien 90 Prozent der Beschäftigten aber von zu Hause aus tätig - ohne Probleme.

Weniger Stellen am Jahresende

Rund 1000 Menschen arbeiten aktuell für die Consorsbank. Ende des Jahres werden es weniger sein. Denn trotz des aktuellen Booms sieht sich das Haus - wie viele Wettbewerber in der Finanzbranche - unter Sparzwang. Dazu kommt: Wie das restliche Jahr laufe, lasse sich noch nicht voraussagen. Folgt auf die Aktivität der Kunden die Schockstarre? Eine Prognose könne da niemand abgeben, heißt es. Beim Abbau soll aber vor allem die natürliche Fluktuation genutzt werden.

Interessant wäre es gewesen, wie die Arbeitnehmervertretung die Personalreduzierung bewertet. Der Betriebsrat hat sich jedoch trotz mehrfacher Nachfrage weder zum Abbau noch zur Situation der Beschäftigten in der Coronakrise geäußert.

Das Management betont derweil, dass Nürnberg konzernintern im Vergleich zu München der weitaus wichtigere Standort bleibt. In der Landeshauptstadt sitzen die Einheiten der früheren DAB Bank. Beide Marken - Consorsbank und DAB BNP Paribas - gehören seit 2016 zusammen - unter dem Dach des französischen Finanzkonzerns BNP Paribas. Dazu gesellt sich der Spezialist für vermögenden Privatkunden BNP Paribas Wealth Management Private Banking. Dessen Zentrale ist in Nürnberg angesiedelt, vertreten ist die Einheit, die sich um Personen ab einem liquiden Vermögen von einer Viertel Million Euro kümmert, zudem in Frankfurt, München, Hamburg, Stuttgart, Hannover, Köln und Berlin. Über alle diese Einheiten hinweg zählt BNP Paribas Deutschland rund 1400 Beschäftigte.

Vom Spezialanbieter zur Universalbank

Die Consorsbank hat seit ihrem Bestehen mehrmals den Namen und den Eigentümer gewechselt. Das Geldhaus war 1994 an den Start gegangen - gegründet von Karl Matthäus Schmidt als Zweigniederlassung der Hofer SchmidtBank. 1998 wurde der Direktbroker zur eigenständigen Tochtergesellschaft. Bis zur Übernahme durch BNP Paribas hieß die Bank Consors, ab 2002 dann CortalConsors. Seit 2014 firmiert das fränkische Haus unter Consorsbank. Verändert hat sich auch das Angebot. Einst als Pionier für den Aktienhandel per Fax und Telefon gestartet, gehören mittlerweile auch Baufinanzierungen, Ratenkredite und Girokonten zur Produktpalette.

Bankgründer Karl Matthäus Schmidt hat das Unternehmen kurz nach der Übernahme durch BNP Paribas verlassen und in Berlin die Quirin-Bank ins Leben gerufen, die sich die Honorarberatung auf die Fahnen geschrieben hat. Nach den langjährigen Chefs Martin Daut und in dessen Nachfolge Kai Friedrich hat Rainer Hohenberger im vergangenen Jahr im Zuge einer Umstrukturierung im Management das Ruder bei der Consorsbank übernommen.

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