Critical Mass aufgelöst: Kritik an Auftreten der Polizei

2.7.2020, 14:38 Uhr

Traditionell starten die Teilnehmer der Critical Mass in Nürnberg jeden letzten Freitag im Monat am Richard-Wagner-Platz. Im Juni trafen sich laut Polizei ab 17.30 Uhr rund 100 Radler. Auch Andreas aus Nürnberg kam dorthin, "die Polizei hat unser Treffen rigoros aufgelöst und nicht einmal abgewartet, ob wir Abstand halten." Ein anderer Teilnehmer berichtet der Redaktion, dass Beamte die Personalien aufnahmen und mit Platzverweisen drohten. Busse der Polizei hätten die critical mass umstellt. Auch im Mai habe die Polizei die gemeinsame Ausfahrt mit Hinweis auf die aktuellen Hygieneschutzmaßnahmen verhindert.


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Auf Nachfrage teilt ein Sprecher der Polizei in Nürnberg mit, dass die critical mass nicht angemeldet worden sei. "Bei der Sicherheitsbehörde wurde keine Ausnahmegenehmigung für die Veranstaltung erwirkt. Aufgrund der aktuell geltenden Rechtslage war sie daher aufzulösen." Das Polizeipräsidium Mittelfranken und die Stadt Nürnberg hätten die Vorgehensweise abgestimmt. In der Coronakrise müsse die Stadt wissen "wie viele Radfahrer welche Strecke fahren", sagt der Leiter des Nürnberger Ordnungsamts, Robert Pollack. Dies verlange das Infektionsschutzgesetz. "Wer wild durch die Straßen fährt und den Verkehr behindert darf das nur, wenn er es angemeldet hat."

Sehr freundlich und kooperativ

Grundsätzlich gehört es aber zur Idee von critical mass, dass es keine Verantwortlichen gibt. Über soziale Medien wird ein Termin kommuniziert und gemeinsam geradelt, um auf die Belange des nicht motorisierten Verkehrs hinzuweisen. In Nürnberg läuft das seit zehn Jahren so, "und zwar in guter Übereinkunft mit der Polizei", sagt Teilnehmer Andreas. Die wünsche sich zwar seit Anfang an einen Ansprechpartner, "aber sie begleitet unsere Fahrten immer sehr freundlich und kooperativ."

In den Städten, in denen Critical Mass den Behörden einen Ansprechpartner nenne, "finden die Ausfahrten auch in der Coronakrise statt", sagt Pollack. In Nürnberg seien letzten Freitag schließlich doch zwischen 50 und 60 Radfahrer durch Nürnberg gefahren, erzählen Teilnehmende. Einige seien vom Kornmarkt gestartet. "Wie soll es jetzt weitergehen? Und warum darf in anderen bayerischen Städten gefahren werden?" fragt sich Andreas. Entweder sei das Fahren im Pulk in Coronazeiten gefährlich oder nicht. "Das kann doch nicht in jeder Stadt anders sein."
In Amberg nahmen im Juni rund 200 an der critical mass teil, Probleme mit der Polizei gab es nicht. Eine Mitinitiatorin erzählt: "Die Polizei sagte zu uns, dass wir ruhig fahren sollen, wir seien ja im Freien unterwegs und da gebe es keine Bedenken."

Das Verhältnis zu den Beamten sei sehr gut, "sie begleiten uns immer sehr freundlich auf unseren Runden um die Altstadt." In Amberg gebe es aber auch Aktive, deren Kontaktdaten die Polizei kenne. Und der Kurs sei immer der gleiche, anders als in Nürnberg, wo jedes Mal spontan entschieden wird, welche Strecke die Gruppe nimmt.

Zur Frage, wie es in Nürnberg mit critical mass in der Coronakrise weiter geht, heißt es aus der Pressestelle der Polizei nur: "Für zukünftige Veranstaltungen wird sich das Polizeipräsidium Mittelfranken mit der Stadt Nürnberg unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage abstimmen."


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