Damit möchte Nürnbergs neues Viertel Lichtenreuth punkten

25.9.2019, 09:03 Uhr
So soll das neue Stadtviertel Lichtenreuth einmal aussehen.

© Aurelis / West 8 Urban Design & Landscape Architecture So soll das neue Stadtviertel Lichtenreuth einmal aussehen.

Der doppelte Gewinn: mehr Ruhe und mehr Platz für viel Grün, für Fußgänger und Radfahrer. "Die Veränderung des ruhenden Verkehrs wird der eigentliche Meilenstein", kündigt Baureferent Daniel Ulrich an. Autos werden allerdings nicht grundsätzlich ausgesperrt. "Sowohl der Stadtteil wie auch die einzelnen Häuserzeilen werden auch mit Autos erreichbar bleiben", erläutert Ulrich weiter. "Aber Stellflächen wird es, von wenigen Ausnahmen abgesehen, grundsätzlich nur in den Tiefgaragen unter den Anwesen geben."

Damit unterscheidet sich der neue Stadtteil von der Nachbarschaft in Langwasser. Schon damals, vor gut 30 Jahren, war es darum gegangen, eine weitgehend autofreie Großsiedlung zu schaffen, damit die Wege zwischen den Häuserblöcken auch gefahrlos zum Spielen genutzt werden können. Für die Autos der Bewohner entstanden damals Parkhäuser am Rand des Viertels.

Limitierte Stellflächen

In Lichtenreuth ist allerdings in den Tiefgaragen auch nicht genau ein Stellplatz pro Wohneinheit vorgesehen, sondern – nach einem Bedarfsschlüssel – deutlich weniger. "In zentrumsnahen Lagen sind allgemein weniger Autos gemeldet als in den Randbezirken", erläutert der Chef im Bauhof. "Und mit der U-Bahn wie der künftigen Straßenbahn zum Uni-Campus wird das gesamte Viertel bestens mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein."

Der so gewonnene Freiraum erlaubt sowohl in den Hauptzufahrts- wie in den kleineren Erschließungsstraßen die Anlage von Grünstreifen und breiten Fuß- und Radwegen. Für den motorisierten Individualverkehr bleiben Fahrstreifen von zusammen 5,50 Metern Breite – und auch das nur dort, wo ein Bus durchkommen soll. Die Verkehrsführung wird so geregelt, dass kein Durchgangsverkehr entsteht; die künftig schnurgerade in Nord-Süd-Richtung verlaufende Brunecker Straße trennt außerdem den Uni-Campus vom Wohnquartier. "Der öffentliche Raum steht zum größten Teil Fußgängern und Radfahrern zur Verfügung." Nur eine Handvoll Kurzzeit-Stellplätze sind für Besucher, Menschen mit einer Behinderung und für Hol- und Bringdienste vorgesehen, so etwa vor den beiden geplanten Kindertagesstätten. Und erstmals in Nürnberg werde es auch so etwas wie Funktionsinseln geben – Ecken und Winkel, wo Trafostationen, Altglascontainer, Fahrradständer und Carsharingplätze gebündelt angeordnet werden.

Als griffigen Namen haben sich die Investoren und Projektentwickler "Lichtenreuth" ausgedacht – in Anlehnung an das benachbarte Lichtenhof. Schon vor längerer Zeit war die Entscheidung gefallen, das insgesamt rund 90 Hektar umfassende Areal in vier Module aufzuteilen: ein reines Wohnviertel mit dem Vorrang für Fußgänger und Radfahrer, dazu ein Mischgebiet, einen Park und eine Gewerbezone. Die mit ihren 37 Hektar inzwischen umgewidmet und vom Freistaat erworben wurde – als Campus für die geplante neue Universität.

Wie die genau aussehen soll, ist freilich noch ungewiss. Ziemlich konkret zeichnen sich dagegen schon die Gestaltung und die Dimensionen des Wohnbezirks ab. Er schließt, zwischen der U-Bahn-Trasse und der Brunecker Straße, als ein großes Dreieck südlich an den Hasenbuck an. Die wesentlichen Vorgaben enthält ein Bebauungsplan, der in der vergangenen Woche im Stadtplanungsausschuss des Stadtrats beschlossen wurde. Er enthält auch schon weitgehende Festlegungen – von der Aufteilung des Straßenraums über die Tiefgaragenzufahrten bis zu den Dimensionen der Baukörper.

"Klar ist auch, dass Architektur mit Niveau und nicht von der Stange gefragt ist, um den städtebaulichen Anspruch einzulösen", betont Ulrich, der sich als Planer und Architekt selbst besonders gründlich mit dem, wie er hofft, wegweisenden Vorhaben beschäftigt hat.

Abwechslungsreiche Gestaltung

Nach der Devise "Die Stadt lebt vom Haus" sollen sich die insgesamt 1450 Wohneinheiten auf überschaubare Baukörper verteilen; zwar dominiert der Geschosswohnungsbau, aber mit jeweils höchstens fünf Etagen, mit wechselnden Höhen und Variationen in der Fassadengestaltung. "Eine möglichst energiesparende Ausführung ist heute schon durch die Gesetze vorgegeben, da sind keine zusätzlichen Regeln erforderlich", meint Ulrich weiter. Angeschlossen wird das gesamte Areal um den aufgelassenen Südbahnhof an das Fernwärmenetz.

Dass möglichst viel Grün alle Straßenzüge prägen soll, hat neben der Optik und der Förderung eines angenehmen Kleinklimas auch noch einen anderen Aspekt: Wie ähnlich beispielsweise in einem Neubauquartier in Erlangen sollen sämtliche Niederschläge versickern können – und damit die Kanalisation entlasten, gerade auch, wenn künftig womöglich häufiger Starkregen droht. Die Vorarbeiten auf dem Areal sind bereits angelaufen; schon in wenigen Tagen wollen die Investoren mit einem symbolischen Spatenstich ein Aufbruchsignal setzen.

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