DER STANDPUNKT: Vergangenheit verpflichtet

6.5.2014, 00:00 Uhr

Sich für den Erhalt des Bahnhofs Märzfeld einzusetzen und somit gegen das Vergessen, ist ein über jeden Zweifel erhabenes Motiv. Bleiben doch die NS-Gräueltaten für künftige Generationen nur dann erfassbar, wenn es weiterhin Orte der Opfer und Täter gibt. Letztere sind vor allem in Nürnberg zu finden — auf dem Reichsparteitagsgelände inszenierten die Nazis sich selbst vor aller Welt.

Auch der Bahnhof Märzfeld ist untrennbar mit der Hitler-Diktatur verbunden — als Tatort, von dem aus Tausende jüdischer Mitbürger in die Konzentrationslager deportiert wurden. Ob aber der derzeitige Umgang mit dem Areal einem Skandal, wie es die Stadtbild Initiative formuliert, gleichkommt, muss bezweifelt werden. Unter dem Motto „Verpflichtende Vergangenheit“ setzt sich die Kommune seit langem vorbildlich mit ihrer Vergangenheit auseinander. Gerade im Umgang mit dem NS-Erbe hat sich die Stadt nichts vorzuwerfen. Während München weiter auf die Eröffnung eines Dokumentationszentrums wartet, hat Nürnberg längst Maßstäbe gesetzt. Die Besucherzahlen am Dutzendteich belegen dies eindrucksvoll. Das Dokuzentrum gilt bundesweit als Vorzeigeeinrichtung.

Die Stadtbild Initiative will den Haltepunkt Märzfeld zunächst erhalten, um ihn später als Ausstellungsort zu nutzen — auch darüber muss diskutiert werden. Allerdings frei von Vorwürfen. Denn Erinnerungskultur wird in Nürnberg großgeschrieben. Ob es dafür in jedem Einzelfall eines Denkmals oder einer Tafel bedarf, ist eine ganz andere Frage. Zumal Nürnberg (gemeinsam mit Land und Bund) mit der Sanierung der Zeppelintribüne vor einer gewaltigen Herausforderung steht.

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