Die Renaissance der Fechtkunst

7.4.2011, 19:09 Uhr
Die Renaissance der Fechtkunst

© Silvia Wawarta

„Die Hut leitet sich ab von ,sich Hüten‘, also auf einen Angriff gefasst sein“, erklärt Hans Heim von Schwertkampfschule „Ochs“ aus München. Er ist einer Einladung der Gruppe „Schwert und Bogen“ gefolgt. Deren Mitglieder trainieren seit 2007 regelmäßig Schwertkampf und Bogenschießen in Nürnberg und lauschen nun auf einem Lehrgang aufmerksam Heims Erläuterungen. Zum Aufwärmen lässt der gleich einmal eine Schlagfolge einstudieren, die durchaus auch im Wettstreit nützlich sein kann. Vereinfacht gesagt lässt eine jede Grundstellung eine gewisse Anzahl an Hauen – also Schlägen – und Stichen zu.

Nach einer Angriffsbewegung sollte der Schwertkämpfer wieder in einer stabilen Hut zu stehen kommen. Die 25 Lehrgangsteilnehmer sind mit Holz- und stumpfen Aluminiumschwertern ausgestattet, die beidhändig geführt werden – so wie es die Schule des langen Schwertes vorsieht. Zunächst langsam, dann immer schneller werdend vollziehen sie die Übungen des Trainers nach, bis ein flüssiger Drill aus verschiedenen aufeinander abfolgenden Schritten entstanden ist. Und natürlich kommen auch Partnerübungen nicht zu kurz. „Das ist kein Kampf, sondern Training!“ schärft Heim seinen Schützlingen ein, um das bestehende Verletzungsrisiko zu minimieren.

Denn die Schule des langen Schwertes, wie sie bei Heim in München und „Schwert und Bogen“ in Nürnberg trainiert wird, ist eines nicht: Völlig ungefährlicher Schaukampf, wie er etwa bei Ritterspektakeln praktiziert wird. Deutlich wird dieser Unterschied bei Übungen, die die Teilnehmer darauf sensibilisieren sollen, ob der Angreifer wirklich „Auf den Mann“ geht, oder vielmehr versucht die Waffe wegzuschlagen. In einer Turniersituation sind es Augenblicke wie diese, die über Sieg oder Niederlage entscheiden können.

Die Kür für die erfahrenen Schwertkämpfer bei „Ochs“ und „Schwert und Bogen“ ist schließlich der Freikampf unter den Argusaugen der Schiedsrichter. In dieser Wettkampfform freilich geht ohne komplette Schutzausrüstung inklusive Fechtmaske und dicken Körperschutz gar nichts. Heim und der Nürnberger Gruppenleiter von „Schwert und Bogen“, Andreas Fuchs, sind sich darin einig, dass der Freikampf ein unverzichtbares Mittel ist, die Praxistauglichkeit bestimmter Techniken zu ermitteln. Ernsthaft verletzt hat sich aber von den umsichtigen Schwertkämpfern noch nie jemand.

Ein Schwertkampflehrgang mit Hans Heim ist aber immer auch ein fundierter Ausflug in die Geschichte: Die Anwendbarkeit beschriebener Übungen zu erproben ist unter anderem deswegen im Fokus der modernen Schwertfechter, weil die Quellenlage nie völlig eindeutig ist. Zwar sind die meisten Fechtbücher weltweit im süddeutschen Raum entstanden, Heim beziffert die Gesamtzahl auf etwa 73.

Doch die Schriften von Schwertmeistern wie Johannes Thalhofer oder Johannes Lichtenauer sind auf mittelhochdeutsch verfasst, teilweise gar Reimform. Dieser Umstand sorgt für viel Interpretationsspielraum durch Heim und seine Kollegen, die sich seit 2000 mit der Materie beschäftigen. Zu den Höhepunkten des Lehrgangs gehört auch deswegen eine Partnerübung, die Heim vorführt während eine Kursteilnehmerin den originalen, blumigen Wortlaut der uralten Quelle wiedergibt.

Heim ist bei all seiner niederbayrischen Coolness ein Enthusiast – einer von der Sorte, die andere Menschen bewegen. Woher nimmt er die Energie? „Wir stehen am Anfang einer Bewegung, die sich mit dem fast schon verloren gegangenen Erbe einer mitteleuropäischen Kriegerkultur auseinandersetzt. Das finde ich ungemein spannend.“

www.schwert-und-bogen.de

www.schwertkampf-ochs.de



 

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