E-Scooter in Nürnberg: "Kaum ein Tag ohne Beschwerde"

30.8.2019, 05:37 Uhr
E-Scooter in Nürnberg:

© Peter Schulze-Zachau

Während das schwedische Unternehmen Voi jubelt, dass die Ausleihe in Nürnberg gut anläuft, macht sich bei der Stadt Katerstimmung breit. Denn im Gegensatz zu den Ankündigungen von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), wonach E-Scooter eine "echte zusätzliche Alternative zum Auto“ sein können, scheinen die Roller vor allem als Spaß-Vehikel zu dienen. "Wenige Menschen legen sich privat einen E-Scooter zu und integrieren diesen in ihre Mobilitätskette", sagt Jülich. Die Verleihfirmen wiederum konzentrierten sich auf die Innenstädte. Mit der Folge, dass mit E-Rollern Wege zurückgelegt werden, die sonst zu Fuß, mit dem Rad oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt würden, beobachtet der Amtsleiter. "Wir haben plötzlich ein neues Verkehrsmittel, das Platz braucht, aber nicht richtig integriert ist ins System.“

Auch die SPD weiß von Klagen. Das wilde Abstellen löse viel Unmut aus, sagt SPD-Chef und OB-Kandidat Thorsten Brehm. Er plädiert für eine Obergrenze für die Zahl der E-Fahrzeuge. Es werde nicht lange dauern, bis auch andere Anbieter in Nürnberg nachziehen. "Das darf nicht zu einer Roller-Schwemme führen."

Stadt hat aktuell kaum eine Handhabe

Dem Vernehmen nach steht mit dem Unternehmen Limebike der nächste Anbieter in den Startlöchern. Eine entsprechende Anfrage ließ Limebike unbeantwortet.


E-Scooter in Nürnberg: Stadt zieht ernüchternde Bilanz


Die Stadt hat aktuell kaum eine Handhabe gegen weitere Roller. Mit Voi hat die Verwaltung immerhin eine Vereinbarung geschlossen. Darin haben sich Kommune und Unternehmen auf Regeln verständigt. Zum Beispiel darf Voi nach dem Akku-Aufladen morgens maximal fünf Roller an einem Standort abstellen. Was nicht immer funktioniert. Jülich: "Da stehen plötzlich zwölf nebeneinander.“

Voi: "Roller sollen nicht zum Hindernis werden"

Eine weitere Abmachung: Voi darf in der Altstadt nicht mehr als 150 Roller platzieren und innerhalb des mittleren Rings dürfen höchstens weitere 200 E-Scooter abgestellt werden. Außerdem sollen die Verleiher ihre Kunden genau darüber informieren, dass mit Rollern nur Radwege und Straßen befahren werden dürfen, nicht aber Fußgängerzonen.

 

Voi versichert auf Anfrage, dass es "für uns wichtig ist, dass die Roller nicht zum Hindernis für andere Verkehrsteilnehmer werden". In den kommenden Wochen soll eine virtuelle Fahrschule für E-Scooter starten, "in denen unsere Nutzer lernen können, wie man sicher und verantwortungsvoll mit einem E-Scooter umgeht“, so Voi-Manager Claus Unterkircher auf Anfrage. Falsch abgestellte Roller könnten außerdem über GPS von Voi-Mitarbeitern geortet und dann umgeparkt werden.

Stadt will Situation beobachten

Aber nicht nur das Parken ist ein Problem, auch das Thema Sicherheit treibt Stadt und Polizei um. Seitdem die Roller unterwegs sind, hat die Polizei in Mittelfranken acht Unfälle und 85 Fahrten unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen registriert. "Bei vielen ist noch nicht angekommen, dass beim Thema Alkohol für E-Scooter-Fahrer dieselben Regeln gelten wie für Autofahrer“, sagt Polizeisprecher Robert Sandmann. Das heißt: Führerscheinentzug, Punkte und hohe Bußgelder drohen.

Die Stadt will auch im September weiter beobachten, wie sich der Roller-Hype entwickelt. Dann will sie eine erste Bilanz ziehen. Intern wird auch darüber nachgedacht, das Roller-Chaos via Sondernutzung einzudämmen, für die die Verleiher dann eine Erlaubnis beantragen müssten. Den Firmen könnten so feste Parkplätze zugewiesen werden, dann bekäme man laut Stadt das Verteilen der Roller in den Griff. Die Kunden kann man laut Jülich aber nicht verpflichten, die Roller nach dem Gebrauch auf solchen Parkplätzen abzustellen. Denn E-Scooter werden beim Parken rechtlich so behandelt wie Fahrräder: Sie dürfen auch auf Gehwegen abgestellt werden, sofern sie dort niemanden behindern.

Die Roller sind prädestiniert für warme Sommertage. Doch was passiert mit den E-Scootern im Winter?

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