Ein römischer Feldherr prägt die Jahrhunderte
25.03.2009, 00:00 Uhr
Ursprünglich orientierten sich die Römer nach dem Mond, ihr Mondjahr dauerte 355 Tage. Im Jahr 153 vor Christus regulierten sie ihren Kalender und verlegten das Neujahr vom 1. März auf den 1. Januar. Die alten Monatsnamen behielten sie aber bei, und so zählen wir bis heute noch «falsch».
Darüberhinaus glitt im Lauf der Zeit die Macht über die Zeit aus den Händen der Hohepriester in die gierigen Hände der Konsuln, die ihre Amtszeit willkürlich streckten, indem sie einfach die Monate verlängerten oder gar neue Monate hineinschoben.
Noch schlimmer: Je mehr Länder und Kulturen das unersättliche Rom eroberte und vereinnahmte, umso mehr Kalendersysteme lernten seine Beamten und Steuereintreiber kennen. Und dann war da noch die Tatsache, dass selbst das Sonnenjahr nicht exakt 365 Tage dauert.
Doch dann betrat Julius Cäsar (100 v. Chr. – Iden des März 44 v. Chr.) die Bühne. Der hatte von seinem Ägyptenfeldzug nicht nur Kleopatra mit der schönen Nase mitgebracht, sondern dazu den Astronomen Sosigenes. Gemeinsam beschlossen der Staatsmann und der Astronom die Einführung des Sonnenjahres von 365 Tagen Dauer. Die Monate sollten abwechselnd 30 und 31 Tage dauern, mit Ausnahme des Februar (28 Tage). Alle vier Jahre sollte ein Schalttag eingefügt werden, der an den Februar angehängt wird. Desgleichen legte Cäsar den Beginn der vier Jahreszeiten auf die Tage der Sonnenwende und der Tag-und-Nacht-Gleiche.
Am 1. Januar 45 vor Christus war es soweit: Nach dem mit 445 Tagen längsten Jahr 46 begann der Julianische Kalender, an dessen Zählweise wir bis heute festhalten. Und Julius Cäsar ließ sich diese Reform derart auf den Leib schneidern, dass er den bisherigen Monat Quinctilis («der fünfte Monat») flugs in Julius umbenannte. Der Julianische Kalender überlebte sogar die baldige Ermordung seines Stifters und wurde (nach den üblichen blutigen Streitereien um die Macht) von Cäsars Nachfolger bestätigt. Der gönnte sich natürlich ebenfalls eine Verewigung: er strich den Sextilis («sechster Monat») und benannte ihn um in Augustus.
Dummerweise hat der Julianische Kalender einen kleinen Schönheitsfehler. Die Erde dreht sich leider nicht genau in 365 Tagen und sechs Stunden um die Sonne, sondern braucht dafür 365 Tage, fünf Stunden, 48 Minuten und 46 Sekunden. Das bedeutet, der Julianische Kalender geht um elf Minuten und vierzehn Sekunden nach.
Pippikram, sollte man meinen, aber Kleinvieh macht auch Mist. In diesem Fall einen Tag in 128 Jahren. Im 16. Jahrhundert hatte sich die Kluft zwischen Kalender und tatsächlichem Sonnenjahr auf zehn Tage vergrößert. (Eigentlich müssten es zwölf Tage sein, aber in den ersten Jahren des Julianischen Kalenders waren die Schalttage etwas willkürlich durcheinander gepurzelt). Man musste diese Lücke schließen und gleichzeitig dem Auseinanderklaffen der Zeiten vorbeugen.
Beinahe hätte Nürnberg wieder einmal in der Weltgeschichte geglänzt: 1475 lud Papst Sixtus IV. den Mathematiker und Astronomen Regiomontanus nach Rom ein, um ihm bei der Kalenderreform zu helfen. Doch Regiomontanus starb dort im folgenden Jahr an der Pest, und der Julianische Kalender währte weitere fünfzig Jahre. Erst im Jahr 1528 vollzog Papst Gregor III. die sogenannte Gregorianische Reform. Er übersprang einfach zehn Tage. Wer am Abend des 4. Oktober 1528 zu Bett ging, stand am Morgen des 15. Oktober wieder auf.
Gleichzeitig verfügte Gregor, dass von allen Säkularjahren (also Jahre, die mit 00 enden), nur die als Schaltjahre gelten, deren erste Ziffern durch vier teilbar sind. Das war erstmals im Jahr 1600 der Fall und dann wieder im Jahr 2000. Das nächste Säkulum-Schaltjahr erleben erst unsere zwölffachen Urenkel im Jahr 2400 (falls es dann noch Menschen gibt und die an der bisherigen Zeitrechnung festhalten). Ein paar Sekunden bleiben allerdings immer noch übrig. Nach 3000 Jahren wird der Gregorianische Kalender wieder um einen Tag abweichen. Da sieht man, wie die Erde um die Sonne eiert!
Doch längst nicht alle Länder zogen bei der Gregorianischen Reform mit. Protestanten wie Orthodoxe lehnten sie ab, wie so vieles, was – damals wie heute – aus Rom kommt. Mit der Zeit kamen Evangelische und Katholische in Deutschland nicht mehr zurecht mit ihren divergierenden Kalendern, darum schlossen sich die protestantischen deutschen Länder im Jahr 1700 der Reform an. Als letztes westeuropäisches Land ergab sich die Schweiz im Jahr 1812.
Osteuropa hielt allerdings am Julianischen Kalender fest. Darum auch fand die (julianische) Oktoberrevolution 1917 im (gregorianischen) November statt. 1918 schlossen sich die russischen Revolutionäre dem Gregorianischen Kalender an. Doch klammern sich die Ostkirchen noch heute an den Julianischen Kalender. Deshalb feiern die Russen Weihnachten, wenn bei uns am 6. Januar Caspar, Melchior und Balthasar vor der Haustür singen.
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