Erfolgreiche „Regisseurin“ im Fürther Bündnis gegen Rassismus

29.6.2015, 20:19 Uhr
Erfolgreiche „Regisseurin“ im Fürther Bündnis gegen Rassismus

© Foto: Wolfgang Heilig-Achneck

Muss man erzählen, was der Fürtherin alles widerfahren ist? Und wie auch ihre Familie in Mitleidenschaft gezogen wurde? Man muss: Da waren einmal die zerstochenen Reifen an ihrem Auto. Und dann, mitten im sonst eher beschaulich-friedlichen Fürth, die großflächigen Schmierereien auf der Fassade ihres Hauses. Der Gipfel der Verunglimpfungen: Mit der Veröffentlichung von Bildern der damals noch minderjährigen Kinder in einem Internetforum und mit dem Verteilen beleidigender Flugblätter samt verschlüsselten Aufrufen zu Gewalt versuchten die Rechtsextremisten, Ruth Brenner und ihre ganze Familie einzuschüchtern.

Das liegt, zum Glück, inzwischen schon ein paar Jahre zurück. Während die Behörden mit den Achseln zuckten, gelang es damals nach unendlichen Mühen erst einer spezialisierten Jugendschutz-Initiative, die diffamierenden Inhalte zu tilgen. Die Polizei blieb indessen erfolglos: Kein Einziger der offenkundig politisch motivierten Täter – aus dem eigentlich polizeibekannten Spektrum – konnte jemals dingfest gemacht werden.

Drängen sich da Vergleiche mit der Zeit vor 1933 auf? Immerhin wird deutlich, dass das Ein- und öffentliche Auftreten gegen den zunehmend militanten Rechtsextremismus auch heute mehr Zivilcourage und Durchhaltevermögen erfordert als das Engagement in einem beliebigen Freizeitclub.

Dabei hat Ruth Brenner mit (vermeintlichem) Heldentum nichts am Hut. So waren ihre Familie und sie selbst nach den Übergriffen, wie es jedem ergehen würde, erst mal geschockt und verunsichert. „Aber dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: den Rückzug – damit hätten die Täter ihr Ziel erreicht. Oder den Versuch, am eigenen Weg und Ziel festzuhalten“, sagt die Mittfünfzigerin. „Wir haben das in der Familie besprochen und uns dann gemeinsam dafür entschieden.“

Wie aber ist die gebürtige Niederbayerin überhaupt zu dem Engagement gekommen, das sie oft mehrere Abende kostet? Nicht ganz von ungefähr, wie sich leicht denken lässt. Ihr politisches Interesse war schon früh geweckt worden; seit ihrer Lehre als Buchhändlerin ist sie Mitglied bei der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV; heute ver.di) – und beteiligte sich nicht nur an Aktionen zum Ladenschluss oder anderen ureigensten Gewerkschaftsthemen. „Als 1980 in der Türkei das Militär putschte, haben wir uns auch schon für Verfolgte und Flüchtlinge eingesetzt“, erinnert sich Brenner.

Als sie mit ihrer Familie nach Franken zog, startete sie beruflich noch einmal durch und absolvierte eine Ausbildung zur Förderlehrkraft. Seit fast 20 Jahren unterrichtet sie an der Fürther Pestalozzi-Schule. Dass sie unter den Kolleginnen und Kollegen wie auch vonseiten der Schulleitung den vermutlich unerlässlichen Rückhalt für ihren Einsatz im Fürther Bündnis spürt, weiß sie zu schätzen.

Auslöser war im Jahr 2000 der erste Aufmarsch, den Neonazis ausgerechnet zum 1. Mai in Fürth angemeldet hatten. „Damals entstand der zunächst lockere Zusammenschluss von Gruppen und Organisationen, um einen deutlichen Protest zu organisieren“, sagt Brenner. Rasch war klar, dass es nicht bei der einmaligen Herausforderung bleiben würde.

Was das Bündnis im Laufe der Jahre richtig zusammengeschweißt hat, war nicht zuletzt das Ziel, einen Einzug der braunen Agitatoren in den Fürther Stadtrat zu verhindern. Um zugelassen zu werden, hätten die Neonazi-Tarnorganisationen einige Hundert Unterstützer-Unterschriften vorlegen müssen. Bereits zweimal, 2007 und 2013, scheiterten sie an dieser Hürde – und kreideten den Misserfolg auch Brenner persönlich an.

Sprecherin seit 2011

Denn mit vielen Freiwilligen war das Bündnis während der Eintragungsfrist täglich vor den Dienststellen präsent, um potenzielle Unterzeichner anzusprechen und aufzuklären. Seit 2007 waren viele Fäden dafür bei Brenner als stellvertretender Sprecherin zusammengelaufen, vor vier Jahren „rutschte“ sie, wie sie sagt, nach dem Ausscheiden des Vorgängers ins Amt der Sprecherin hinein. Schier rastlos bemüht sie sich um Kontakte und Vernetzungen quer durch die Stadtgesellschaft. Aktuell wird das Bündnis von rund 30 Aktiven getragen – selbstverständlich stehen sie in enger Verbindung mit den anderen Anti-Rechts-Bündnissen im Großraum.

Als festes Standbein hat sich auch die Organisation von Gedenkveranstaltungen jeweils zum 9. November und im April mit der Stadt Fürth herausgebildet. „Ich glaube und hoffe, dass es tatsächlich gelungen ist, in der Stadtgesellschaft etwas zu bewegen“, sagt sie und widmet den ihr verliehenen Preis daher ausdrücklich allen Mitstreitern – und hat ihr Preisgeld dem Bündnis sowie drei weiteren Partnerorganisationen zugedacht.

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