Feinstaub in Nürnberg: Es drohen Spätschäden

10.2.2017, 06:00 Uhr
Feinstaub in Nürnberg: Es drohen Spätschäden

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Herr Prof. Dr. Ficker, für wen ist Feinstaub gefährlich? Müssen wir uns jetzt alle Sorgen machen oder nur, wenn wir ohnehin krank sind?

Joachim Ficker: "Das kann man so pauschal nicht sagen, man muss unterscheiden zwischen kurz- und langfristiger Belastung. Kurzfristig sind solche erhöhten Werte, wie sie jetzt gemessen wurden, für Gesunde kein Problem. Langfristig sollte niemand Feinstaub in höheren Dosen ausgesetzt sein. Die Folgen können Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein, möglicherweise spielt Feinstaub sogar bei der Entstehung von Demenz eine Rolle."

Prof. Dr. Joachim Ficker.

Prof. Dr. Joachim Ficker. © Eduard Weigert

Was genau passiert denn im Körper, wenn ich Feinstaub einatme?

Ficker: "Wie gesagt: Gesunde Menschen merken nicht viel, sie werden vielleicht nur mal husten, wenn sie über eine vielbefahrene Straße gehen. Bei Personen allerdings, die ohnehin lungenkrank sind, die etwa an Asthma oder chronischer Bronchitis leiden, können sich die Symptome deutlich verstärken. Hinzu kommt, dass die Luftbelastung vor allem in der kalten Jahreszeit besonders hoch ist, weil dann häufiger die mitursächlichen Inversionswetterlagen vorliegen. Durch die Feinstaubbelastung werden unsere Patienten aber auch anfälliger für Atemwegsinfekte durch Viren. Wir merken das deutlich bei uns in der Klinik."

Schäden am Herzen und im Gehirn

Und wie kommt es zu den Langzeitschäden, die alle betreffen?

Ficker: "Verantwortlich dafür sind die kleinsten Partikel im Feinstaub. Während grobe Partikel schon in Nase und Rachen gefiltert werden, gelangen diese feinen Partikel über die Lungenbläschen direkt ins Blut. Und dort können sie dann eben Schäden an den Gefäßen verursachen, zum Beispiel am Herzen und im Gehirn."

Wie kann man sich denn davor schützen? Müssen wir demnächst mit Atemschutzmasken herumlaufen - nach chinesischem Vorbild?

Ficker: "Nein, davon halte ich nichts. In China liegen die Werte ja doch noch mal in einer ganz anderen Größenordnung, außerdem ist unklar, ob solche Masken überhaupt etwas nutzen. Wer gesund ist, der muss im Augenblick überhaupt nichts machen. Aber auch als Gesunder würde ich in diesen Tagen nicht gerade eine Joggingrunde einlegen. Dabei nimmt man nämlich bis zum Zweihundertfachen an belasteter Luft auf. Aber einsperren muss man sich nicht."

Und im Frühjahr ist alles gut?

Ficker: "Vom Wetter her vielleicht schon. Aber es muss gehandelt werden, weil der Feinstaub eben langfristig gesundheitliche Folgen haben kann."

Stickstoffdioxid ist kein Problem

Die CSU rät derzeit gerade zu einem Frühwarnsystem, damit Betroffene schneller über die Luftbelastung informiert werden. Ist das aus Ihrer Sicht sinnvoll?

Ficker: "Es macht viel mehr Sinn, an den Ursachen etwas zu ändern und die Belastung langfristig zu senken."

Auch die Werte für Stickstoffdioxid sind extrem gestiegen. Sind sie ähnlich problematisch?

Ficker: "Nein, denn sie können zwar kurzfristig die Atemwege reizen und sind daher unter Umständen ein Problem für Asthmatiker, haben aber keine langfristigen Folgen. Eines möchte ich allerdings beim Thema Feinstaub noch loswerden: Mich wundert es immer, wenn sich Raucher über die damit verbundene Belastung sorgen. Denn wer nur eine einzige Zigarette raucht, der könnte den ganzen Tag an einer belastenden Straße spazieren gehen - und würde dennoch weniger Schadstoffe inhalieren. Verharmlosen möchte ich das Feinstaubproblem mit diesem Vergleich allerdings nicht, es aber in den richtigen Rahmen stellen."

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