Flanieren ist nur Nebensache

2.10.2012, 20:10 Uhr
Flanieren ist nur Nebensache

© Niklas

Herrlich ist es, in der warmen Herbstsonne über die neu gebaute Brücke beim Seniorenheim zu spazieren, ins Wasser zu schauen und die herbstliche Verfärbung der Uferbäume wahrzunehmen. Der Steg ist für Fußgänger, Rollstuhlfahrer und Eltern mit Kinderwagen gedacht, also für langsamen Verkehr. Radler sind zwar nicht verboten, doch in gewisser Weise ausgebremst: Der Ponton macht am Anfang und am Ende einen Knick hin zum Ufer, so dass Radfahrer nicht mit voller Geschwindigkeit fahren können. Am liebsten wäre es der Stadt aber, wenn die Pedaltreter auf dem Uferweg bleiben würden.

Bewegliche Metallplatten

Doch die Möglichkeit zu flanieren ist nur ein schöner Nebeneffekt, der Zweck des 240 Tonnen schweren Bauwerks ist ein ganz anderer: Unter dem Steg sind bewegliche Metallplatten angebracht, welche die Fließgeschwindigkeit der Pegnitz regulieren.

„Die Strömungslenker befinden sich unter Wasser, das Wichtigste an dem Bauwerk sieht man also nicht“, erklärt Bayerns Umweltminister Marcel Huber. Man kann die Schilde so stellen, dass die Strömung zunimmt und Sandkörner oder Schwebstoffe weitergeschwemmt werden. So lässt sich eine noch stärkere Verlandung des Wöhrder Sees vermeiden.

Darin besteht das große Problem des Wöhrder Sees: Seit seiner Fertigstellung im Jahr 1981 haben sich Unmengen von Schlick und Schlamm auf dem Grund abgelagert und das einst drei Meter tiefe Gewässer teilweise auf 50 Zentimeter abgeflacht.

Der langgezogene Steg wird im Herbst durch neu angelegte Inseln ergänzt, die ebenfalls die Strömung beschleunigen. Ob es wirklich so funktioniert, wie man sich das am Planungstisch vorstellt? „Doch, doch“, versichert Nürnbergs Umweltreferent Peter Pluschke, „Strömungstechniker haben umfangreiche Berechnungen angestellt, das klappt.“

2,2 Millionen Euro hat die begehbare Stahlkonstruktion gekostet. Als nächster Schritt folgt nach dem Inselbau das Ausbaggern von Hunderttausenden Kubikmetern Schlamm. Bayerns Finanzminister Markus Söder, der das ganze Projekt angestoßen und energisch vorangetrieben hat, drückt weiterhin aufs Tempo: Bis 2014 soll die schöne neue Wasserwelt komplett sein. Auch wenn der Nürnberger CSU-Politiker und ehemalige Umweltminister formal gar nicht mehr zuständig ist, so lässt er seinen Nachfolger im Amt und Ressortkollegen Huber wissen: „Für den Wöhrder See gibt es immer Geld.“ Und macht zwischen den Zeilen deutlich, dass er sich künftig sehr genau nach dem Baufortschritt erkundigen wird.

Schaufel und Besen hat Söder mitbringen lassen, um sie an Oberbürgermeister Ulrich Maly zu überreichen: Die Stadt ist für den Unterhalt verantwortlich. Freihalten des Stegs von Schnee und Eis sowie die Beleuchtung sind kommunale Aufgaben.

Es besteht noch keine ausgefeilte Wegeführung, um die vielen Nutzungen am Wöhrder See unter einen Hut zu bringen: Spaziergänger, Jogger, Radler, Skateboardfahrer, Inliner und Walking-Gruppen teilen sich die schmalen Wege — was regelmäßig zu Konflikten führt. „Wir denken über ein gesamtes Wegesystem nach“, meint Ronald Höfler von Service Öffentlicher Raum (Sör), „doch das dauert über 2014 hinaus.“ Schließlich müssten erst alle Baumaßnahmen abgeschlossen sein. Die Planungen für einen neuen Wasserspielplatz am Norikus, Gastronomie am Nordufer des Sees und Bewegungsplätze für alle Altersgruppen laufen ebenfalls an, versichert Höfler.

Beim geplanten Sandstrand kann sich Oberbürgermeister Ulrich Maly einen Scherz auf Kosten von Bayerns Finanzminister nicht verkneifen: Söder lege so großen Wert auf den Strand, weil er wohl einige Jahre nicht in Griechenland einreisen dürfe — aufgrund seiner harten Haltung gegenüber den Hellenen in der Eurokrise. Der CSU-Mann nimmt es mit professionellem Lächeln: „Der Steg war nur der erste Schritt, jetzt fangen wir am Wöhrder See erst richtig an.“

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