Fremde Nachbarn: Roma in Nürnberg

15.2.2012, 15:00 Uhr
Ganz nah kamen die beiden Fotografen der Roma-Großfamilie in Nürnberg.

© Tom Schrade Ganz nah kamen die beiden Fotografen der Roma-Großfamilie in Nürnberg.

Sie leben längst nicht mehr an jenem tristen Ort, an dem Regina Maria Suchy (44) und Tom Schrade (45) so oft mit der Kamera zu Gast waren. Die heruntergekommenen Häuser aus der NS–Zeit an der Regensburger Straße, neben Containern für Asylbewerber abseits im Wald gelegen, sind seit zwei Jahren verlassen.

Die Roma sind in Wohnungen in der Stadt umgezogen. Doch die eindringlichen Porträts der beiden Fotografen berichten von dem Leben dort, am Rand der Gesellschaft. Solche Wohnanlagen seien „immer die schlechteste Lösung“, sagt Werner Stricker vom Initiativkreis Nürnberger Sinti (INS), der die Ausstellung der beiden Fotoprojekte präsentiert.

Heimat Ex-Jugoslawien

Zeitweise lebten bis zu 100 Menschen draußen an der Regensburger Straße, Angehörige einer weitverzweigten Roma-Familie, die Anfang der 80er Jahre nach Nürnberg kam. Ihre ursprüngliche Heimat war das ehemalige Jugoslawien; manche ihrer Vorfahren wurden in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten ermordet oder vertrieben. Erst seit sieben Jahren, so Stricker von INS, hätten diese Menschen einen gesicherten Aufenthalt in der Bundesrepublik.

Kleine Mädchen in rosaroten Festtagskleidern, der skeptische Blick eines Jungen auf seinem Fahrrad, die im Freien um einen Tisch versammelte Familie oder der Enkel, der seinem Großvater auf dem Porträt liebevoll die Hände auf die Schultern legt — es sind Menschen, die anders leben und anders sind als die Mehrheit, die ihnen mit Skepsis und Vorurteilen begegnet. Suchy und Schrade haben sie sensibel porträtiert.

„Aus dem Leben raus“

Dass er eine Zeitlang in einer Wohngemeinschaft in der Nähe der Roma-Familien lebte, war der Vorteil von Tom Schrade. Ein Jahr habe es dennoch gedauert, bis er mit ihnen die erste Tasse Tee trinken durfte, berichtet der Fotograf. Anfangs habe er die Menschen, die er fotografieren wollte, überreden müssen. Dann sei langsam Vertrauen entstanden. „Aus dem Leben raus“ habe er sie abbilden wollen, sagt der Autodidakt Schrade. Das Auge für das Andere zu öffnen, das sei sein Anliegen.

Die Profi-Fotografin Regina Maria Suchy wiederum ist in Moorenbrunn aufgewachsen und kam dort als Kind zum ersten Mal in Kontakt mit Sinti und Roma, die dort am Stadtrand kampierten. Unheimlich, aber auch spannend und fremd habe sie die Menschen damals gefunden. Ein zufälliges Gespräch mit einer Soziologin, die über Sinti und Roma arbeitete, habe viele Jahr später wieder ihr Interesse geweckt und ihr Fotoprojekt nahm seinen Anfang.

Die Ausstellung in der Ehrenhalle des Rathauses ist bis zum 2. März Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr zu sehen. Danach wandert sie vom 16. März bis 18. Mai ins Gemeinschaftshaus Langwasser in der Glogauer Straße 50.
 

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