Freude für alle - Fall 10: Wenn das Geld für Essen nicht reicht

25.11.2020, 07:09 Uhr
Der frühere Pfarrsaal von St. Bonifaz dient jetzt als eine Ausgabestelle der Nürnberger Tafel. Er bietet Platz genug, damit Helferinnen und Helfer wie Kundinnen und Kunden gut Abstand wahren können.

© Roland Fengler, NNZ Der frühere Pfarrsaal von St. Bonifaz dient jetzt als eine Ausgabestelle der Nürnberger Tafel. Er bietet Platz genug, damit Helferinnen und Helfer wie Kundinnen und Kunden gut Abstand wahren können.

Die Packung mit dem Leberkäse nimmt er gerne, den Inge Vetter vor ihm auf den Tisch legt. So, wie auch schon am Tisch ein paar Schritte vorher das Erdbeerjoghurt und den Käse. Schnell steckt der ältere Herr alles in seinen karierten Einkaufstrolly zu ein paar Bananen, einer Stange Lauch und die Paprika. Dann noch eine Tüte mit süßem Gebäck am nächsten Tisch.

Keine fünf Minuten und der Mann ist wieder aus dem früheren Gemeindesaal von St. Bonifaz im Südwesten der Stadt verschwunden. Während Inge Vetter schon der nächsten Kundin hinter dem Spuckschutz zwei Packungen mit gekochtem Schinken hinschiebt und die anderen vor der Tür darauf warten, dass ihre Nummer aufgerufen wird.

Nur mit Abstand

Heute muss es schnell gehen. So wie an jedem Tag, seitdem die Corona-Pandemie auch die Ehrenamtlichen der Tafeln in Nürnberg wie in den Nachbarstädten und im Umland ausbremst: Die Kunden sollen sich möglichst kurz in dem großen Raum mit den vier Stationen aufhalten – und immer nur vier von ihnen gleichzeitig wegen der gebotenen Abstandsregeln. Also ist Inge Vetter, wie ihre anderen Mitstreiten auch, in ständiger Bewegung. Das mag auch der Grund dafür sein, warum sie nicht friert - obwohl durch die geöffnete Glastür eisige Luft in den Saal drückt. "Das merke ich gar nicht", sagt die Rentnerin, die bei der Nürnberger Tafel seit acht Jahren regelmäßig mit anpackt.


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Die Arbeit gleicht an diesem Mittag Akkordarbeit mit einem freundlichen Lächeln. Denn wo sonst 16 Helfer Lebensmittel an Arme ausgeben, sind es aus Sicherheitsgründen inzwischen nur acht Helfer – zum Schutze des Teams und dem der Kunden. Also schnell rein und schnell wieder raus. Für ein Gespräch, das sich manche hier eben auch erhoffen, bleibt in Tagen der Pandemie schlicht keine Zeit, soll dieses Angebot nicht durch eine Infektion gefährdet werden.

Für die Bedürften wäre es eine Zumutung. Denn jeder, der den Weg zur Tafel sucht, der gilt als bedürftig und kann, muss dies auch belegen. Etwa 6500 Menschen suchen die verschiedenen Ausgabestellen derzeit im ganzen Stadtgebiet auf, um sich für einen Unkostenbeitrag von zwei Euro mit Lebensmittel-Spenden einzudecken. Aber auch Kosmetik und Reinigungsmittel landen zuweilen in den großen Plastikkisten von den Händlern.

Es werden immer mehr

Und es werden immer mehr Bedürftige, die hierherkommen, wie die Nürnberger Projektleiterin Edeltraud Rager sagt. Allein bei der Ausgabestelle in St. Leonhard sind es jedes Mal 150 bis 170 Abholer, hinter denen allerdings bis zu acht Menschen stehen, die dadurch versorgt werden. Kamen manche sonst nur sporadisch, suchen inzwischen viele regelmäßig den Weg zur Tafel.


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Mehr noch: Die Corona-Pandemie beschert den Helfern seit Wochen einen immer stärkeren Zulauf an neuen Kunden. Bis zu zehn neue von ihnen verzeichnet die Tafel inzwischen bei jedem Ausgabetermin. Altersarmut, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Menschen in der Grundsicherung. Hier versammeln sich alle Facetten der Not – von der Alleinerziehenden bis hin zum Rentner, bei dem die kleine Rente nur bis zur Monatsmitte reicht.

Inzwischen bietet die Nürnberger Tafel, die unter der Trägerschaft des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) arbeitet, auch regelmäßig einen Lieferdienst für Alte und Kranke an, die nicht zur Ausgabestelle kommen können. Auch dieses Angebot, wäre ohne die etwa 200 ehrenamtlichen Helfer in Nürnberg nicht zu stemmen.

Sie helfen beim Ausladen der Sprinter, die täglich Spenden von 80 bis 100 Bäckereien, Discountern und anderen Läden auf der Ladefläche haben. Sie schlichten die Ware, sortieren schlechtes Obst aus, verpacken Brot, geben Lebensmittel aus oder machen eben wie Inge Vetter alles. Und so packt die 70-Jährige auch an diesem Freitag ohne Unterlass immer wieder an, wenn wieder eine Kühlbox aus dem Sprinter vor der Tür an ihren Tisch geschleppt wird.

Fleißige Helfer

Wie die meisten ihrer Mitstreiter war auch sie an diesem Tag wieder bereits um halb neun Uhr am Start, obwohl die Tafel erst um 12 Uhr öffnet. Aber die Vorbereitung kostet Zeit – aufgrund der Einschränkungen durch Corona muss es schneller gehen, da die Hälfte des Teams aus Sicherheitsgründen fehlt. Und das obwohl immer mehr zu tun ist.

Es ist ein Kraftakt für alle. "Das merkt man dann am Abend schon", wie denn auch Inge Vetter sagt und dennoch lacht. "Es macht Spaß und man kann den Menschen etwas Gutes tun", sagt sie. Die meisten ihrer Kunden kennt sie schon lange und weiß: Jeder, der hierher kommt, hat diese Hilfe auch nötig.

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