Glücksringe am Schönen Brunnen: Wo Wünsche wahr werden

29.8.2009, 11:00 Uhr
Ein Muss für jeden Touristen und Einheimischen. Drehen am Glücksring beim Schönen Brunnen auf dem Hauptmarkt in Nürnberg.

© Teresa Schindler Ein Muss für jeden Touristen und Einheimischen. Drehen am Glücksring beim Schönen Brunnen auf dem Hauptmarkt in Nürnberg.

Ein kleiner Junge nähert sich mit seinen Eltern dem Brunnen. Bei den letzten Schritten über das Kopfsteinpflaster des Hauptmarktes ruft der Vater bereits aufgeregt: «Dou isser!» Diesen prägnanten Satz bekommt man hier neben der Sehenswürdigkeit an der nordwestlichen Ecke des Platzes vielfach zu hören. «Dou isser!» Und gemeint ist natürlich nicht der Brunnen selbst mit seiner 19 Meter hohen gotischen, prachtvoll bemalten und vergoldeten Steinpyramide, die von 40 nicht minder prächtigen Steinfiguren geziert wird. Nein, dieser Ausruf gilt dem unscheinbaren goldenen Ring, der im schmiedeeisernen Schutzgitter steckt, das um den Brunnen herum angebracht ist.

«Der richdige Ring is ned dou, der is dou hindn», macht ein Mann im roten Poloshirt seine Freunde aufmerksam. Und richtig: Genau gegenüber steckt im Gitter ein weiterer Ring. Auf dieser Seite ist er allerdings dunkel, fast schwarz und aus Eisen, nicht aus Messing wie das Exemplar auf der anderen Seite. Und noch schwerer zu entdecken! Einer nach dem anderen steigen die vier Männer die Steinstufen zum schmiedeeisernen Gitter hinauf und drehen am «richtigen» Ring.

«Aber nur ganz kurz drehen, und wünsch‘ dir was»

Zwei kleine Mädchen haben es da weniger leicht: Sie müssen am Gitter hochklettern, um den von ihnen bevorzugten goldenen Ring anfassen zu können. «Aber nur ganz kurz drehen», sagt die Oma. «Und wünsch’ dir was. Aber niemandem sagen, was du dir gewünscht hast.»

Ein paar Schritte weiter blättert Stadtführerin Petra Stamm-Wendel in ihren Unterlagen. Sie wartet auf die Kunden, die sich zu einer Führung angemeldet haben. Treffpunkt: Schöner Brunnen. «Der schwarze Ring», informiert sie nebenbei, befinde sich gleich gegenüber dem Standesamt, und vom Brunnen blicke die Figur eines Storches, Inbegriff der Fruchtbarkeit, auf ihn herab. «In den Nürnberger Stadtsagen heißt es, wer einen Kinderwunsch hat, dreht am Ring», sagt die Touristenführerin. «Nur wer daran glaubt, dem winkt die Glückseligkeit», mischt sich Hans Negel ein.

Fast jeden Tag, so beteuert der 82-Jährige, komme er am Schönen Brunnen vorbei. Wer suchend oder fragend schaut, den informiert der gebürtige Nürnberger – wenn es sein muss, auch sehr gründlich. «Wussten Sie, dass der Messingring da drüben schon zweimal geklaut wurde?», fragt er. «Haben Sie bemerkt, dass der Moses da oben goldene Hörner hat», fährt er fort. «Kennen Sie die Legende, die erzählt, dass der Brunnen die Spitze der Frauenkirche werden sollte?» Hans Negel deutet auf das benachbarte Gotteshaus.

Der Hauptmarkt – die gute Stube Nürnbergs

Inzwischen sind Petra Stamm-Wendels Kunden eingetroffen. «Wir befinden uns hier auf dem Hauptmarkt», beginnt sie ihre Tour. «Dies ist die gute Stube Nürnbergs. Hier findet alles statt.» Wenig später ist die kleine Gruppe verschwunden, auf der Spur Nürnberger Sehenswürdigkeiten. Auf den Stufen hat sich ein verwahrlost wirkendes Paar niedergelassen und füllt Rotwein aus einer Zwei-Liter-Flasche um in zwei Plastikflaschen. Zwei Streifenpolizisten schicken sie weg.

Ein Vater hält seinen kleinen Sohn hoch zum Ring. «Wünsch’ dir was», sagt er, «dann kriegst du’s auch.» Das Kind akzeptiert das eigentlich haltlose Versprechen widerspruchslos und dreht ohne weitere Fragen.

Ein Paar und eine Frau treten gemeinsam an den Brunnen heran. Kurzes Suchen, dann steigt die Frau hinauf und dreht am Ring, dem goldenen, während das Paar stolz zuschaut. «Wir kommen immer mit unseren Gästen hierher», sagen Helga und Adolf Funk aus Schwabach, «das hat Tradition.» Und gedreht werde auch immer am goldenen Ring. «So eine schöne Geschichte», sagt Adolf Funk und verweist auf die Legende vom Lehrling, der den Ring ohne Naht in das Gitter eingearbeitet hatte. Dies sollte der Beweis für sein Können sein, da der Meister ihm verboten hatte, um die Hand seiner Tochter anzuhalten. «Und der Teufel war ja auch irgendwie im Spiel, aber alles ging gut aus», schließt Adolf Funk. «Die Leute brauchen eben auch was zum Träumen», fasst seine Frau zusammen. «Jetzt schaffen wir gerade noch die Sebalduskirche und die Frauenkirche», sagt Adolf Funk und weg sind sie mit ihrem Gast.

Einen Moment lang ist es still beim goldenen Ring. Eine Taube spaziert über die Stufen, ein paar Meter weiter schmelzen die Reste eines Eises. Es riecht nach verschüttetem Rotwein. Dann kommt das nächste Paar. Sie dreht am Ring. Er fotografiert.

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