Große Katastrophen in der Geschichte Nürnbergs

29.1.2013, 00:00 Uhr
Große Katastrophen in der Geschichte Nürnbergs

© Eduard Weigert

Schuld war die Wanderratte oder, genauer gesagt, deren Floh. Am Peststadel gibt Marion Hindelang die Erklärung dafür, warum sich die Virusinfektion im Mittelalter auch in Franken ausbreitete. „Die Pest wurde wahrscheinlich durch Handelsschiffe aus Zentralchina eingeschleppt. Die infizierten Ratten starben während der langen Fahrt und deren Flöhe suchten sich die Seefahrer als neuen Wirt“, so die Rundgangsleiterin.

Bei Beulenpest lag die Mortalität bei rund 30 Prozent. Fing man sich jedoch die primäre Lungenpest ein, konnte man getrost alle Hoffnung fahrenlassen. Nachts fuhren die Pest-Fuhrwerke durch die Straßen und sammelten die Leichen ein, welche die Familien zuvor vor die Tür legten. Eine der größten Pest-Epidemien gab es während des Dreißigjährigen Krieges.

Dieser Krieg brachte über Nürnberg eine gewaltige Hungersnot. „Bet’, Kindlein, bet’, morgen kommt der Schwed‘“, heißt ein zu dieser Zeit beliebter Kinderreim. Nach Kriegsende hielt man 1649 im Nürnberger Rathaus ein Friedensmahl ab. Auch die Bürger sollten daran teilhaben. Deshalb sprudelte aus den beiden Mäulern eines an der Rathausfassade angebrachten, steinernen Löwen ununterbrochen Rot- und Weißwein.

Nächster Zwischenstopp: das Hauptportal der Sebalduskirche. Oft löst der Anblick des von Heinz Heiber († 2003 in Nürnberg) modern gestalteten Portals Erstaunen aus. Es lohnt einer näheren Betrachtung. Dargestellt sind die vier apokalyptischen Reiter aus der Offenbarung des Johannes. Die Reiter bringen Krieg, Seuchen, Hunger und Chaos und letztendlich den Tod. „Wenn man aber hoch in das helle Tympanon blickt, erkennt man Christus, der mit ausgebreiteten Armen kopfüber auf die Erde kommt und damit den Menschen Trost spendet“, unterstreicht Hindelang.

Cholera-Epidemie in Nürnberg

Am Sebalder Platz geht es auch um Stadtbrände. Festzuhalten ist, dass Nürnberg im Gegensatz zu vielen anderen Städten nie einen verheerenden Brand erleben musste. Der Grund: Die Noris besaß ab 1388 eine Feuerlöschverordnung. Diese enthielt diverse Bauvorschriften.

Aber auch die Aufforderung an die Bürger, bei Ausbruch eines Brandes sofort auf die Straße zu rennen und „Feuer“ zu schreien, trug ihen Teil bei. Bei Unterlassung wurde man schwer bestraft. Das Feuerlöschwesen war in der Freien Reichsstadt im ausgehenden Mittelalter gut entwickelt. Wahrscheinlich war Nürnberg auch die erste Stadt in Deutschland, in der sogenannte Hand- oder Stockspritzen zum Einsatz kamen. Vorher wurde noch mit ledernen Löscheimern hantiert.

Auf der Maxbrücke berichtet Hindelang von der Cholera-Epidemie von 1854. In diesem Zuge mutierte die Wasserver- und -entsorgung zu einer kommunalen Aufgabe. Im 19. Jahrhundert gab es noch über 10.000 private Abortgruben in der Stadt. Nicht selten in der Nähe von Brunnen, wo die Menschen ihr Wasser holten. Diese Gruben sollten eigentlich regelmäßig geleert werden, aber oft geschah dies nicht. Nach Ende der Cholera-Epidemie installierte die Stadt in St. Johannis eine Desinfektionsanstalt („Desi“), wo sowohl eingehende Waren wie auch Menschen desinfiziert wurden.

Hochwasser bedrohte Brücken

Zwischen Fleischbrücke und Schleifersteg wird die Pegnitz zum Thema. „Auch wenn man es sich heute kaum mehr vorstellen kann“, sagt die Historikerin, „Nürnberg wurde in früheren Zeiten immer wieder von schweren Hochwassern heimgesucht.“

Die Brücken waren bei Hochwasser oft vom Einsturz bedroht. Deshalb entschloss man sich, beim Wiederaufbau der Fleischbrücke auf einen Mittelpfeiler zu verzichten und mit einem „gewagten Bogen“ die Sebalder mit der Lorenzer Seite zu verbinden.

Das letzte verheerende Hochwasser gab es 1909. Damals verloren zwei junge Männer ihr Leben. Der Rundgang endet an der Ruine der Katharinenkirche. Diese Kirche wurde nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder aufgebaut und die Ruine gilt als Mahnmal gegen den Krieg. Auch das Gesicht der Stadt hat sich nach 1945 stark verändert, so Hindelang. „Von der historischen Bausubstanz ist heute fast nichts mehr zu finden.“
 

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