Nach emotionaler Verhaftung

Happy End für Ro und Odin: Hund von Ex-Häftling hat jetzt Polizisten-Freund

Isabel Pogner

Online-Redaktion

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18.3.2023, 05:55 Uhr
Wolfgang Roschewski (re.) und der Bundespolizist treffen sich auch nach der Verhaftung noch, damit ihre Hunde miteinander toben können.

© Isabel Pogner Wolfgang Roschewski (re.) und der Bundespolizist treffen sich auch nach der Verhaftung noch, damit ihre Hunde miteinander toben können.

Odin und Nox rennen durch den Garten, drücken sich gegenseitig zu Boden und wirbeln Schlammspritzer durch die Luft. Die beiden Rüden sind ungefähr gleich alt und sind beste Freunde, seit Nox' Besitzer Odins Herrchen verhaftet hat.

Als Welpe wurde Odin von einem Auto angefahren und kam zu einer Tierschutzorganisation. Die hat mehrere erfolglose  Vermittlungsversuche gestartet, bis Odin schließlich zu Roschewski fand.

Als Welpe wurde Odin von einem Auto angefahren und kam zu einer Tierschutzorganisation. Die hat mehrere erfolglose  Vermittlungsversuche gestartet, bis Odin schließlich zu Roschewski fand. © privat

Seit Wolfgang Roschewski, Spitzname Ro, aus der Justiz-Vollzugsanstalt entlassen ist, haben sich die Hunde nicht mehr gesehen. Ro und der Bundespolizist auch nicht, aber die Männer freuen sich über das Wiedersehen. Die beiden sitzen in einer Laube in Altdorf (Kreis Nürnberger Land). Die hat Roschewski organisiert, damit die Vierbeiner dort mal wieder miteinander toben können. Zwar sind die Unterschiede groß, doch die Tierliebe verbindet die Männer.

Benjamin Herzog* ist Bundespolizist, 35 Jahre alt, und lebt mit Frau, Kind und Familienhund Nox in Franken. Ro ist 62 und zur Zeit arbeits- und wohnungslos. Seinen alten Job hat er geschmissen, um bei Odin sein zu können. Für Ro geht der Rüde vor - kompromisslos. Ist der Altdorfer knapp bei Kasse, kauft er erst Hundefutter, dann Wurstsemmel. Bei dem Bekannten, bei dem er gerade unterkommt, schläft er nur, weil der nichts gegen Hunde hat. Getrennt waren Ro und Odin noch nie.

Hundelos in der Haftanstalt

Umso schlimmer war es für Roschewski, als der Bundespolizist bei einer Kontrolle im Februar am Nürnberger Hauptbahnhof feststellte, dass er ins Gefängnis muss. "Wir kamen eigentlich nur wegen einer Schlägerei", erzählt Herzog. "Kurzes Handgemenge", korrigiert Roschewski. Der hatte allerdings noch einen Haftbefehl wegen Trunkenheit am Steuer offen. Die 2000 Euro Strafe konnte er auf Anhieb nicht zahlen, also musste Herzog ihn verhaften.

Die Frage war bloß - was passiert mit Odin? Aufnehmen konnte den Vierbeiner so spontan niemand. "Die vierzig Tage im Gefängnis waren Ro egal, es ging ihm nur um Odin", erzählt der Bundespolizist. "Ich konnte die Verzweiflung in seinen Augen sehen." Also zögerte er nicht lange und bot an, den Hund während der 40 Tage aufzunehmen. "In Uniform sind wir schließlich immer noch Menschen", betont Herzog.

Er rief seine Frau Anna* an und erzählte von Odin. "Ich habe sofort gesagt, dass wir helfen", sagt sie. Kurz danach standen die beiden Rüden schwanzwedelnd nebeneinander. "Odin hat einfach die Tür geöffnet und ist zu Nox gelaufen, so schnell hab ich gar nicht schauen können", schildert Anna. Die Zusammenführung hatte sie sich zwar eigentlich anders vorgestellt, aber ab dem Moment war klar: Nox und Odin sind beste Freunde. Kleinkind, Katzen, alles kein Problem für Odin.

Odin der Herzenshund

40 Tage blieb er dann aber doch nicht. Den Zeitungsbericht über den altruistischen Polizisten hatte die Tochter eines von Ros Freunden gesehen und ihren Vater gebeten, die Kaution zu zahlen. "Der Anruf war wie ein Wunder für mich", erinnert sich Ro. Die fünf Tage ohne Odin seien die schlimmsten in seinem Leben gewesen. Umso größer die Freude, als die Zeit so schnell vorbei war. "Als ich Odin wieder gesehen hab, ging es mit mir durch", berichtet Ro. Er fiel seinem vierbeinigen Freund auf der Wache der Bundespolizei schluchzend in die Pfoten und auch Odin war überglücklich, sein Herrchen wiederzusehen, erzählt Herzog. Trotzdem fiel dem Bundespolizisten und seiner Frau der Abschied schwer, die Odin in der kurzen Zeit liebgewonnen haben.

Kurz nach Roschewskis Verhaftung brachte Herzog Odin erst einmal auf die Wache der Bundespolizeiinspektion. 

Kurz nach Roschewskis Verhaftung brachte Herzog Odin erst einmal auf die Wache der Bundespolizeiinspektion.  © Bundespolizeiinspektion Nürnberg, NNZ

Roschewski ist Herzog sehr dankbar. Trotz Verhaftung. "Er hat mir den Glauben in das Rechtssystem zurückgegeben", sagt Ro. "Das sind halt nicht bloß 'scheiß Bullen', sondern Menschen mit Herz!" Nach der kleinen Kollision mit dem Rechtsstaat geht es für Ro inzwischen bergauf. Eine Bekannte hat ihm angeboten, mit ihr in eine Wohngemeinschaft zu ziehen. Außerdem hat er gute Aussichten auf einen neuen Job bei einer Firma, die Hundefutter herstellt. "Da könnte ich Odin mitnehmen, das wäre perfekt", findet Ro. Und Odin und Nox? Die dürfen sich auch weiterhin zum Spielen treffen. Roschewski und Herzog haben Nummern ausgetauscht und freuen sich schon auf das nächste Treffen.

*Name von der Redaktion geändert