Hunderttausende Euro ergaunert: Fakeshop-Betreiber gefasst

17.5.2019, 11:35 Uhr

Einen Schlag gegen mutmaßliche Online-Betrüger, der aus ermittlungstaktischen Gründen erst jetzt öffentlich gemacht wurde, ist den Staatsanwälten der bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg errichteten Zentralstelle Cybercrime Bayern und den Beamten der Kriminalpolizei Nürnberg bereits im März gelungen: Zwei junge Männer konnten in Berlin festgenommen werden. Einer befindet sich seit Mitte März in Untersuchungshaft.

Im Oktober 2018 ergab sich aufgrund der Anzeige einer Kontoinhaberin zunächst der Verdacht der Geldwäsche. Die Geschädigte gab an, sie verfüge angeblich bei einer Bank über ein Konto, von dessen Eröffnung sie aber nichts wisse. Letztlich stellte sich bei den durchgeführten Ermittlungen heraus, dass es sich um das Konto von Betrügern handelte, die über das Konto ihre Online-Geschäfte abwickeln wollten.

Im Zuge der Nachforschungen stießen die Ermittler auf zwei Berliner im Alter von 23 Jahren. Sie sind dringend tatverdächtig, mit betrügerisch erlangten Bankkonten und falschen Internetseiten mehrere Hunderttausend Euro ergaunert zu haben. Die Zahl der Geschädigten ist abschließend noch nicht bekannt, nach derzeitigem Ermittlungsstand ist aber von mehreren hundert Personen auszugehen.

Eigens für diesen Ermittlungskomplex wurde die Arbeitsgruppe „Produkt“ bei der Kriminalpolizei Nürnberg eingerichtet, die fünf Beamte umfasst. Darunter befinden sich auch zwei IT-Kriminalisten.

"Produkttester" reingelegt

Der Sachverhalt stellt sich für die Ermittler derzeit wie folgt dar: Die Beschuldigten betrieben mehrere Internetseiten, auf denen sich unbedarfte Personen als Produkttester bewerben konnten, um einen kleinen Nebenverdienst zu erzielen. Nach einer kurzen vertrauensbildenden Umfrage sollten die "Produkttester" über eine heruntergeladene App die Online-Verifizierung bei einer Bank testen - so jedenfalls wurde es den Teilnehmern eingeredet.

In Wirklichkeit aber hatte der jeweilige Tester unwissentlich ein Konto auf seinen Namen eröffnet, auf das er nach Abschluss des Tests jedoch keinen Zugriff hatte. Stattdessen konnten die Beschuldigten in der Folge über das neu eröffnete Konto verfügen. Die Beschuldigten nutzten die Konten in der Folge dann für einen betrügerischen Online-Handel im großen Stil mit nicht existierenden Waren. Sie stellten professionelle Verkaufsseiten ins Netz, auf denen man zum Beispiel preisreduzierte hochwertige Werkzeuge bestellen, mit Vorkasse bezahlen und auf die "schnelle" Lieferung warten konnte. Diese Lieferung blieb jedoch aus.

Dreiste Masche

In anderen Fällen boten die beiden jungen Männer über "gehackte" Konten auf Auktionsplattformen oder Kleinanzeigenportalen Waren an, die ebenfalls nicht existierten. Die Vorkassebeträge flossen jeweils auf die durch die "Produkttester" generierten Konten. Mitte März dieses Jahres lokalisierten die Arbeitsgruppe "Produkt" und die Spezialstaatsanwälte der Zentralstelle Cybercrime Bayern über im Internet hinterlassene Spuren die Wohnorte des Duos. Zuvor wurden umfangreiche technische und personelle Maßnahmen durchgeführt, die den Tatverdacht weiter erhärteten.

Bei mehreren Einsätzen in Berlin, bei denen Polizeibeamte aus Bayern und Baden-Württemberg eingesetzt waren, identifizierte man die Beschuldigten und nahm am 12. März dieses Jahres den Haupttatverdächtigen fest. Auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft erging Haftbefehl. Der Beschuldigte befindet sich seitdem in einer bayerischen Justizvollzugsanstalt. Im Rahmen umfangreicher Durchsuchungsmaßnahmen wurde eine erhebliche Menge an elektronischem Beweismaterial sichergestellt. Es ergaben sich zudem Hinweise auf den Aufenthaltsort des zweiten Beschuldigten. Dieser konnte in der Folge am 26. März vorläufig festgenommen werden, befindet sich aber wieder auf freiem Fuß, da die Voraussetzungen für einen Haftbefehl nicht vorlagen.

Der bisher ermittelte Betrugsschaden beläuft sich auf circa 300.000 Euro. Mehrere hundert Personen sollen auf die betrügerischen Angebote der Beschuldigten eingegangen sein. Über 60 Bankkonten wurden für das beschriebene Vorgehen verwendet. Den Beschuldigten liegen somit zahlreiche Fälle der gewerbsmäßigen Fälschung beweiserheblicher Daten und des gewerbsmäßigen Betrugs zur Last. Das Gesetz sieht für jeden Fall eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Die umfangreichen Ermittlungen der Kriminalpolizei Nürnberg und der Zentralstelle Cybercrime Bayern dauern weiter an.


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