ICE-Ausbesserungswerk im Landkreis Roth: Volle Breitseite gegen Söder

28.9.2021, 18:00 Uhr
Bürgerinitiativen laufen Sturm gegen den möglichen Bau eines ICE-Instandhaltungswerks. Und die Kommunalpolitik schimpft über ein intransparentes Verfahren.

© Stefan Hippel, NN Bürgerinitiativen laufen Sturm gegen den möglichen Bau eines ICE-Instandhaltungswerks. Und die Kommunalpolitik schimpft über ein intransparentes Verfahren.

Das Murren über die Bahn lässt sich so zusammenfassen: Sie habe bei der Standortsuche ein faires, transparentes Verfahren versprochen, dieses Versprechen aber nicht eingehalten, so Landrat Herbert Eckstein.

Es sei völlig unklar, warum zunächst über Nürnberg hinaus nach Alternativ-Standorten gesucht worden sei und warum dann sechs der insgesamt neun Standort-Alternativen schon wieder einkassiert wurden, so Eckstein.

Politische Einflussnahme?

Er vermutete dahinter eine politische Einflussnahme, mutmaßlich durch den Ministerpräsidenten. Der habe in einer Stellungnahme den zunächst favorisierten Standort Fischbach-Altenfurt mehr oder weniger ausgeschlossen und lieber auf das Umland verwiesen ("da wird sich ein besserer Standort finden").

Und die Bahn habe in "vorausstolperndem Gehorsam" neue Pflöcke eingerammt, noch ehe die genaue Prüfung jedes Standortes nach 33 vorher festgelegten Kriterien abgeschlossen worden sei.

Wie berichtet sind derzeit noch eine große Fläche zwischen Harrlach, Pyrbaum und Allersberg sowie der nördliche und südliche Teil des früheren Muna-Geländes nördöstlich von Wendelstein "in der Verlosung". Gegen alle drei Varianten regt sich in der Bevölkerung großer Widerstand.

Wo tatsächlich die am wenigsten schmerzhafte Variante liegen könnte, stand im Kreisausschuss gar nicht zur Debatte.

Empört und entsetzt

Landrat Eckstein ging es vielmehr um Verfahrensfragen. Noch 2019 habe sich Nürnberg dafür gefeiert, dass man von der Bahn den Zuschlag für das Instandhaltungswerk (und 400 Arbeitsplätze) bekommen habe. Jetzt müsse man aber den Eindruck bekommen, dass unangenehme Dinge aufs Umland abgeschoben werden sollen, so Eckstein. Sein Fazit: "Entweder war das ganze Verfahren schlecht vorbereitet oder es sollte bewusst in die Irre führen."

Eckstein wie auch die Sprecher aus den einzelnen Fraktionen forderten die Bahn auf, "alles auf Null zurückzustellen". Ansonsten gehe der "Glaube an eine objektive Prüfung" verloren. Selbstverständlich sei jeder denkbare Standort "sensibel". Aber das bisherige Vorgehen "empört und entsetzt", so Eckstein.

Auch etliche Kreisräte machten ihrem Unmut Luft. Die Projektverantwortlichen müssten im Kreistag Rede und Antwort stehen, forderte Udo Weingart (CSU). Einen "unfairen Umgang" von Nürnberg mit dem Umland kritierte Walter Schnell (FW). "Unter dem früheren OB Maly hat es die Metropolregion ausgezeichnet, dass man fair miteinander umgegangen ist, dass der OB aus der Metropole mit dem Kreisstadt-Bürgermeister oder dem Dorfbürgermeister auf Augenhöhe kommuniziert hat. Das sehe ich in der Frage des ICE-Werks nicht mehr."

Auch für Felix Erbe (Grüne) war es nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen sechs Standorte vor dem Start des Raumordnungsverfahrens wieder aus der Prüfung genommen worden seien.

"Gewisses Maß an Willkür"

Thomas Schneider (FW) sah "ein gewisses Maß an Willkür", die Vorausscheidung sei "nach Gutsherrenart" getroffen worden. "Ich denke mal, bei der Bahn hat ja nicht der Hausmeister des Nürnberger Tierheims angerufen, sondern eine politisch etwas mächtigere Person", vermutete der Kreisrat. Sprich: "Jemand aus der Staatskanzlei oder der Ministerpräsident selbst".

Ungewöhnlich deutlich hat inzwischen auch der Wendelsteiner Bürgermeister Werner Langhans (CSU) in einem Brief, der unserer Redaktion vorliegt, seinem Parteifreund Markus Söder die Leviten gelesen.

Dabei war Wendelstein beziehungsweise die Kreis-CSU selbst zwischenzeitlich innerparteilich ein bisschen in die Bredouille geraten. Wenn überhaupt ein Standort südlich von Nürnberg denkbar sei, dann der Standort "Muna Nord". Allerdings müsse der zuvor von Kampfmitteln geräumt, entmunitioniert und dekontaminiert werden (wir berichteten). Die CSU-Kollegen in Feucht waren aber, vorsichtig ausgedrückt, "not amused" über das nicht abgestimmte Vorpreschen von Teilen der Rother Kreis-CSU.

Nie aktiv angeboten

Langhans betonte deshalb in der Sitzung des Kreisausschusses, dass man "Muna-Nord niemals pro-aktiv der Bahn angeboten" habe. Was ja rein rechtlich auch gar nicht ginge, weil das Gebiet erstens dem Markt Wendelstein nicht gehört, und weil zweitens nur ein Siebtel davon auf Wendelsteiner Gemeindegebiet liegt. Aber man habe die Hürden ganz bewusst ganz hoch gesetzt, so Langhans.

Die Diskussion um das ICE-Instandhaltungswerk erinnert Langhans ein wenig an die Debatte um die Aufrüstung der so genannten Jura-Leitung. Auch da sei versucht worden, Stadt und Land gegeneinander auszuspielen.

Resolution

Das Landratsamt wird nun eine Resolution an die Bahn formulieren, die bei der Standortsuche noch einmal von vorne beginnen soll. Alle Fraktionen haben angedeutet, diese Resolution mittragen zu wollen. Allerdings drängt die Zeit. Im Oktober, spätestens im November will die Bahn mit den drei oben beschriebenen Standort-Varianten ins Raumordnungsverfahren gehen.

Insofern wird es auch für den Info-Abend der Stadt Roth am 6. Oktober (speziell für den möglichen Standort zwischen Harrlach und Allersberg) und den des Marktes Wendelstein zwei Wochen später (speziell für bei beiden möglichen Muna-Standorte) relativ knapp, um noch Entscheidendes zu verändern.

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