Jeden Morgen Chaos: Wandererschule zeigt Eltern Rote Karte

24.2.2016, 08:40 Uhr
Viele Eltern bringen ihre Kinder mit dem Auto zur Schule und lösen damit Chaos aus.

© Stefan Hippel Viele Eltern bringen ihre Kinder mit dem Auto zur Schule und lösen damit Chaos aus.

"Ich lasse die Kinder nur wegen des letzten Stücks Fußweg nicht allein zur Schule laufen", sagt Jürgen Eckert. Der Familienvater hat Angst, dass eine abgehetzte Mutter im SUV seinen Sohn oder eines der Nachbarkinder beim Überqueren der Straße übersehen könnte und begleitet sie deswegen jeden Morgen zur Schule.

Unmittelbar vor der Wandererschule nämlich regiert das Chaos – wegen Eltern, die mit ihren Autos bis vor den Schuleingang fahren wollen. Weil ein Stück weiter vorne die Straße zudem verengt ist – was Schülern eigentlich als Überquerungshilfe dienen soll – kommt es zu Staus und Hupkonzerten.

Schulleiterin Johanna Kraft erinnert sich an eine Maßnahme des Elternbeirats zusammen mit einigen Schülern, mit der man die Autofahrer auf ihr Fehlverhalten aufmerksam machen wollte. Jeder Autofahrer, der unmittelbar vor der Schule – wohlgemerkt im absoluten Halteverbot – gehalten hat, bekam eine Rote Karte. Wer sein Kind weiter vorne hat aussteigen lassen, eine grüne. "Ein Elternteil hat die Rote Karte, die ihm der Schüler übergeben hatte, zerknüllt und sie ihm ins Gesicht geworfen", erzählt Kraft.

Oft uneinsichtig

Und auch wenn die Polizei die Eltern direkt ansprechen will, kommt es vor, dass die nicht einmal die Autoscheibe runterlassen. Besonders brisant war das Ganze eines Morgens, als um kurz vor acht Uhr ein – wie sich später herausstellte – Fehlalarm ertönte. "Die Kinder waren super geordnet, haben sich richtig verhalten“, so Kraft. Aber sie seien schlichtweg nicht zu ihren Sammelplätzen gekommen, weil kreuz und quer parkende Eltern ihnen den Weg versperrten. "Da wären im Ernstfall weder die Feuerwehr, noch ein Krankenwagen oder Notarzt durchgekommen."

Um die Kinder, die zu Fuß zur Wandererschule kommen, zu schützen, arbeitet nun sogar das Verkehrsplanungsamt an einer Lösung. „Dadurch, dass wir hier aber eigentlich kein verkehrsplanerisches Problem haben, gibt das Gesetz nichts her“, sagt Baureferent Daniel Ulrich.

Die Stadt hat die Vorgabe, dass alle Grundschulen in fußläufiger Entfernung liegen - so auch die Wandererschule.  Für den Baureferenten ist es unter diesen Umständen unverständlich, warum man Kinder überhaupt mit dem Auto zur Schule bringen muss. "Seit vielen Jahren gab es kein totes Kind auf dem Schulweg – aber viele, die im Auto ihrer Eltern verletzt wurden", mahnt Ulrich.

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