Kirchenstiftung will "ältestes Heiligtum Nürnbergs" verkaufen

6.3.2021, 05:35 Uhr
Die bekannte Altenfurter Rundkapelle und das benachbarte "Schlösschen" stehen zum Verkauf. 

© Eduard Weigert/NNZ Die bekannte Altenfurter Rundkapelle und das benachbarte "Schlösschen" stehen zum Verkauf. 

"Die Wogen gehen hoch, ganz Altenfurt steht Kopf", sagt die katholische Kirchortsrätin Waltraud Anderl. Die Rundkapelle gilt vielen als "ältestes Heiligtum Nürnbergs", so steht es auf der Website des "Vereins der Freunde der Rundkapelle Altenfurt". Das kleine Gotteshaus ist weit über die Stadtgrenzen Nürnbergs hinaus bekannt.

Zentraler Treffpunkt

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Die Rundkapelle und das umgebende Areal sind ein wichtiger Bestandteil des Gemeindelebens. Hier finden die großen Gemeindefeste mit Johannisfeuer statt, die jährliche Sebalduswallfahrt macht Station, der St. Martins-Umzug läuft entlang, hier trifft man sich auch zu ökumenischen Veranstaltungen. Bei den Feiern pulsiert das Leben in dem südöstlichen Stadtviertel.

Das Sandstein-Gebäude ist als spirituelles Zentrum ein Anlaufpunkt für Pilger. Der kleine Innenraum bietet mit seiner intimen Atmosphäre die Möglichkeit, sich hinzusetzen, auszuruhen, zu beten und nachzudenken. Das denkmalgeschützte Gebäude ist auch ein beliebtes Ausflugsziel für Besucher von auswärts.


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Die konkreten Verkaufspläne kamen überraschend, die Stimmung innerhalb der katholischen Kirchengemeinde ist aufgeheizt und gereizt.

Ärger über Kirchenverwaltung

Viele ärgern sich über das Vorgehen der Kirchenverwaltung und fühlen sich übergangen. Die Mitglieder des Kirchortsrats wurden über Monate hinweg überhaupt nicht über die anstehenden Verkaufsabsichten unter Zuzug eines Maklers informiert, beklagt Anderl.

"Aufruhr ist gelinde ausgedrückt, es herrscht eine aufgewühlte Stimmung", berichtet Käthe Nerke, Vorsitzende des katholischen Pfarrgemeinderats für den Seelsorgebezirk Altenfurt, Fischbach und Moorenbrunn. Sie spricht von einem großen Geldproblem: Neben dem Unterhalt für Kapelle und Herrschaftshaus seien auch Betonsanierungen der Kirchen in Moorenbrunn und Fischbach fällig.


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Aber: "Die Kapelle muss weiterhin für pastorale Zwecke zur Verfügung stehen, da steckt das Herzblut der Gemeinde drin", betont Nerke. Bei den kirchlichen Gremien herrscht Arbeitsteilung: Der Pfarrgemeinderat kümmert sich um das Gemeindeleben, die Kirchenverwaltung unter anderem um die Finanzen.

Juristische Zweifel

Helmut Gierse von der Kirchenverwaltung bestätigt, dass man das gesamte Areal mit Rundkapelle und Herrschaftsgebäude veräußern will: "Natürlich werden wir auch nach einem eventuellen Verkauf weiterhin die Rechte zur Nutzung der Kapelle und des Kapellenplatzes haben, um den ortskirchlichen Bedürfnissen gerecht zu werden."

Kirchortsrätin Anderl bezweifelt das: Die weitere Nutzung von Kapelle, Nebengebäude und Kapellenplatz sei rechtlich nicht geklärt. Solche Nutzungsrechte könnten laut einer Juristin nicht als Dienstbarkeit ins Grundbuch eingetragen werden. Die Folge: Bei einem weiteren Verkauf oder Vererbung seien die Abmachungen nicht mehr rechtswirksam.

"Denkmalschutz ist keine Aufgabe der Kirchenverwaltung"

Auf die Frage der Lokalredaktion, warum das gesamte Areal mit Rundkapelle und "Schlösschen" veräußert werden sollen, antwortet Kirchenpfleger Gierse in einer gemeinsamen Erklärung der Kirchenverwaltung: "Die Sanierung und der Erhalt eines denkmalgeschützten Gebäudes gehören nicht zu den pastoral begründeten Aufgaben der Kirchenstiftung."

Kirchenstiftung will

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Die Entscheidung sei nicht primär der finanziellen Situation der Gemeinde geschuldet. Selbst wenn man ausreichend Mittel hätte, wäre das Argument "Aufgabe der Kirchenstiftung" ausschlaggebend, betont der 68-Jährige und merkt weiter an: Die Diözese Eichstätt, der die Stiftungsaufsicht obliegt, habe dem Verkauf grundsätzlich zugestimmt. Auch Alterfurts katholischer Pfarrer Burkhard Lenz ist als Mitglied der Kirchenverwaltung mit dem Vorhaben einverstanden: "Entscheidungen werden von uns gemeinsam getragen und mit einer Stimme veröffentlicht".

"Es gibt keine ehrlichen Aussagen"

Der Pfarrgemeinderat hat jetzt einen Sachausschuss zum Thema Rundkapelle gebildet, in dem zwei Mitglieder der Kirchenverwaltung mitarbeiten. "Die Kirchenverwaltung möchte mit allen Gemeindemitgliedern eine strukturierte, offene und ehrliche Kommunikation", unterstreicht Kirchenpfleger Gierse.

Wenn dem so ist, dann sollte endlich ein anderer Umgang miteinander gepflegt werden, fordert Kirchortsrätin Anderl. Das wünscht sich auch Johann Grander, Vorsitzender des "Vereins der Freunde der Altenfurter Rundkapelle", die den Erhalt über die Jahre hinweg immerhin mit einer Viertel Million Euro unterstützt hat. "Es gibt keine ehrlichen, offenen Aussagen", bemängelt er. Die Verstimmung sitzt bei allen Beteiligten tief.

Rundkapelle ist das "Herzstück" Für Grander ist eines klar: "Die Rundkapelle ist für mich persönlich das Herzstück des Nürnberger Südostens. Es ist unsere Perle, die wir nicht hergeben." Sein Verein hat ein großes Transparent mit einem Bild des Sakralbaus und einem eindringlichen Appell aufgespannt: "Um Himmels willen - nicht verkaufen!"

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