Mehrere Hochwasser verheerten Nürnbergs Altstadt

22.7.2009, 00:00 Uhr
Mehrere Hochwasser verheerten Nürnbergs  Altstadt

© NN-Repro: Eduard Weigert

1595, nach einem strengen Winter mit wochenlangem Schneefall setzt Ende Februar Tauwetter ein. Das Schmelzwasser lässt die Flüsse anschwellen. In der Nacht zum Montag, 23. Februar, kommt die Hochwasserwelle in Nürnberg an, reißt hölzerne Stege mit sich, lässt Gewölbekeller volllaufen, die Mauern des Katharinenklostergartens einstürzen.

Menschen mit Flößen gerettet

Die nächste Welle, die die Stadt trifft, ist noch höher. Menschen müssen mit Flößen gerettet werden. Die steinerne Barfüßerbrücke (heute: Museumsbrücke) stürzt ein, wie auch zehn Häuser in der Weidenmühle. Die Flutmassen dringen bis hoch zum Rathaus. Die Fleischbrücke wird schwer beschädigt. Als eine weitere Steinbrücke, jene vor dem Hallertürlein, einstürzt, spritzt das Wasser gar über die Stadtmauern.

Es herrscht Wassernot in der Stadt. Es brechen Feuer aus. Als auch noch ein Teil der Stadtmauer in den Zwinger stürzt, mutmaßen manche, es habe ein Erdbeben gegeben - die Nerven der Nürnberger liegen blank, wie es in einem Bericht zur damaligen Flut im aktuellen, mittlerweile fünften «Norica»-Heft des Stadtarchivs heißt.

Flut wegen Vulkan

Als das Wasser abgelaufen ist, bleibt «eine Schneise der Zerstörung zurück». Wie hoch der Schaden war. ist nicht bekannt. Aber allein der Wiederaufbau der Fleischbrücke kostete fast 83 000 Gulden. Um die Größenordnung deutlich zu machen: Ein «gutes Reitpferd» kostete damals laut Stadtarchiv-Chef Michael Diefenbacher drei bis fünf Gulden.

Wissenschaftler sprechen beim Hochwasser von 1342 daher sogar von einem «Jahrtausendereignis», vom schwersten Hochwasser, das sich in ganz Mitteleuropa nachweisen lässt. Auslöser der Hochwasser sind üblicherweise Schmelzwasser am Ende eines Winters. 1783 sorgt aber auch noch der acht Monate lange Ausbruch des Vulkans «Laki» auf Island dafür, dass es zwei bitterkalte Winter gibt.

Häuser stürzten ein

Zusammen mit dem plötzlichen Tauwetter und starkem Regen kommt es daher 1784 zur nächsten Katastrophe in Nürnberg: Der Pegel der Pegnitz schwillt an, liegt schließlich sechs Meter höher als üblich. Hundert Menschen müssen mit einem Floß gerettet werden, reihenweise stürzen die Häuser ein.

Über hundert Hochwasser gab es seit 1307 in Nürnberg, das fanden die Historiker heraus. Darunter ragt natürlich auch jenes im Jahr 1909 heraus (wir berichteten ausführlich zu Beginn des «Gedenkjahres» 2009), das vor allem Arme traf, die damals überwiegend in der Altstadt lebten.

Hochwasserstollen unter der Burg geplant

Es führte aber auch dazu, dass die Nürnberger die Nase gestrichen voll hatten und endlich einen funktionierenden Hochwasserschutz ersannen: Sie planten 1911 einen Hochwasserstollen, der direkt unter der Burg verlaufen und Wassermassen abtransportieren sollte. Allerdings wurden diese Pläne nie umgesetzt, wegen der Weltkriege.

Für Martina Bauernfeind vom Stadtarchiv ist es «eine Ironie der Stadtgeschichte»: Erst die schlimmen Kriegszerstörungen führten dazu, dass es zu einem «umfassenden Hochwasserschutz» kam.

Bürger bewiesen viel Kreativität

Die Nürnberger Bürger bewiesen hier übrigens viel Kreativität. Bei einem Laienwettbewerb schlugen manche vor, eine Staumauer in der Altstadt zu bauen, die Pegnitz in den Stadtgraben umzulenken oder kurzerhand mit Kriegsschutt zuzuschütten. Letztendlich wurde aber doch ein Hochwasserstollen gebaut, das war 1954 - nicht unterhalb der Burg, sondern im Bereich der Museumsbrücke.

Die Ausstellung « . . .vom Wasser zerrissen . . .» ist bis 11. Oktober in der Norishalle (Marientorgraben 8) zu sehen, der Eintritt ist frei. Das neue Stadtarchiv-Magazin «Norica» hat das Schwerpunktthema «Hochwasser» und ist ab sofort für 4,50 Euro beim Stadtarchiv, aber auch an der Kulturinformation am Königstor, im Bürgerbüro am Hauptmarkt oder über den Buchhandel erhältlich.