Menschenrechtsanwältin zu Gast auf dem Erfahrungsfeld

8.6.2010, 00:00 Uhr
Menschenrechtsanwältin zu Gast auf dem Erfahrungsfeld

© Fengler

Die Republik Botswana grenzt nördlich an Südafrika und gilt als Musterland Afrikas mit funktionierender Demokratie und hohem Wirtschaftswachstum. Das Land ist reich an Bodenschätzen, es kämpft jedoch mit enormen Problemen: Es hat die weltweit höchste Rate an HIV-Infizierten und die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei nur 50 Jahren.

Horst Köhler hat Ende Mai – als eine seiner letzten Amtshandlungen als Bundespräsident – ein Buch mit dem Titel »Schicksal Afrika« herausgegeben. Politiker, Unternehmer und Schriftsteller wie Unity Dow berichten darin über die Zukunft der Menschen in Afrika. Unity Dow schreibt in ihrem Essay: »Das Problematische an Afrika ist, dass es seiner Weisheit nicht vertraut.« In Botswana orientierten sich Politiker und Stadtplaner an europäischen Maßstäben und vergäßen darüber die Bedürfnisse und das kulturelle Wissen der Bevölkerung.

»Afrika ist gewohnt, auf den Westen zu hören, und baut deshalb keine eigene Identität auf«, sagte Unity Dow auf dem Erfahrungsfeld. »Seit hunderten von Jahren wollen alle so wie der Westen sein. Heute fragen sich die jungen Leute, ob das sein muss.«

Auf die Frage einer Zuhörerin, ob eine Partnerschaft zwischen Afrika und Europa auf gleicher Augenhöhe möglich ist, antwortete Dow: »Jetzt nicht. Partnerschaft ist ein Prozess, sie verlangt nach Gleichheit zwischen den Leuten am Tisch.« Die Europäer blickten auf Afrika immer noch herunter und sähen meistens nur die hässlichen Aspekte des Kontinents. »Afrika ist auch schön«, betonte sie selbstbewusst. »Und im Westen gibt es ebenfalls viel Negatives.«

Unity Dow verdeutlichte, dass Afrika in vielerlei Hinsicht von Europa abhängig ist. Ein zentrales Problem sei die Entwicklungshilfe, die großes Elend mindere, jedoch die Abhängigkeit verstärke. »Wenn man einem armen Menschen immer Geld gibt, dann wird er sich nicht weiterentwickeln«, veranschaulichte Dow. »Aber wenn kein Geld nach Afrika kommt, dann sterben die Menschen, weil sie kein Essen und keine Medizin haben.« Laut Dow fühlen sich aufgrund der Finanzhilfen viele afrikanische Führer nicht gegenüber der Bevölkerung, sondern gegenüber westlichen Organisationen verantwortlich.

Botswana ist mit seinem demokratischen System und wirtschaftlichen Wohlstand eine Ausnahme auf dem afrikanischen Kontinent. Unity Dow geht davon aus, dass die Ursachen dafür in der Kolonialzeit liegen. »Botswana hat nie die kolonialen Einflüsse erlebt, wie zum Beispiel Kenia«, sagte sie. »Wir waren zu arm, uns wollte niemand haben.« Auf diese Weise seien in Botswana traditionelle Stammesstrukturen erhalten geblieben, in denen demokratische Elemente schon immer verankert sind.

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