Mietvertrag mit Folgen

Millionenschaden? Vermieter zeigt Nürnberger Stadtrat an

28.9.2021, 05:59 Uhr
Eigentümer Johann Lederer steht in der Küche seiner Immobilie in der Buchheimer Straße 6. Teile der Industrieküche fehlen. Für das Verschwinden macht er die Cura Life GmbH verantwortlich, deren Geschäftsführer Ümit Sormaz einige Jahre lang war.

© Michael Matejka, NNZ Eigentümer Johann Lederer steht in der Küche seiner Immobilie in der Buchheimer Straße 6. Teile der Industrieküche fehlen. Für das Verschwinden macht er die Cura Life GmbH verantwortlich, deren Geschäftsführer Ümit Sormaz einige Jahre lang war.

Das Veranstaltungsgebäude in der Buchheimer Straße steht leer. Am Zustand des Hauses, das 1995 errichtet worden ist, soll nichts verändert werden. Jedenfalls so lange, bis die juristische Episode abgeschlossen ist. Den Mietausfall trägt aktuell der Vermieter, Johann Lederer. Leer stand das Anwesen mit einer Grundfläche von 7000 Quadratmetern aber nicht immer.

Zuletzt mietete die Cura Life GmbH das Gebäude an. Im April 2016 kam der Vertrag zustande, es war die Zeit, als die Stadt Nürnberg und zahlreiche andere Kommunen händeringend Räume suchten, um den vielen Geflüchteten aus Syrien, Irak oder Afghanistan ein Dach über dem Kopf zu bieten. Geschäftsführer der Cura Life GmbH war der FDP-Stadtrat Ümit Sormaz - bis zum 24. Juni 2021. Die Geschäfte übernahm dann eine andere Person, am 29. Juni wurde für die GmbH schließlich Insolvenz beantragt.

Stadt garantierte Bezahlung bei Unterbelegung

2016 ließ die Cura Life GmbH das Gebäude in der Buchheimer Straße für Asylbewerber umbauen. Trennwände wurden aufgestellt, Betten, Tische und Stühle herangekarrt, um für die Geflüchteten Übernachtungsplätze zu schaffen. Die GmbH verpflichtete sich vertraglich, den ursprünglichen Zustand des Hauses zum Ende des Mietverhältnisses wieder herzustellen. Nach Informationen der Redaktion lebten in Spitzenzeiten rund 65 Personen in der Unterkunft im Stadtteil Höfen. Für mindestens 250 war sie ausgelegt. Die GmbH schloss wie viele andere Betreiber in Nürnberg mit der Stadt einen Beherbergungsvertrag für vier Jahre ab. Pro Kopf und Monat bezahlte die Stadt rund 870 Euro an die GmbH. Gemessen an der möglichen Maximalbelegung von 250 Personen zahlte sie aber nie weniger als 80 Prozent von den insgesamt zur Verfügung stehenden Unterkunftsplätzen.

Die mit Alufolie ummantelten Rohre am Löschwasserzugang in der Tiefgarage dürften da gar nicht sein, sagt der Eigentümer des Hauses, in dem bis vor ein paar Monaten noch Geflüchtete untergebracht waren.

Die mit Alufolie ummantelten Rohre am Löschwasserzugang in der Tiefgarage dürften da gar nicht sein, sagt der Eigentümer des Hauses, in dem bis vor ein paar Monaten noch Geflüchtete untergebracht waren. © Michael Matejka, NNZ

Nach und nach ist der Bedarf an Unterkünften geschwunden, es kamen immer weniger Geflüchtete über die Grenze nach Deutschland. Im Juli 2020 endete das Mietverhältnis zwischen der Cura Life GmbH und Johann Lederer, dem Vermieter und Eigentümer des Anwesens. "Eine ordentliche Übergabe fand aber nicht statt, irgendjemand warf nur den Schlüssel in den Briefkasten der Anwaltskanzlei, die mich vertritt", sagt Lederer. Mit einem Sachverständigen nahm er das Haus in Augenschein. "Mich traf der Schlag, was da für erhebliche Mängel waren." Und nicht nur das. Feste Bestandteile seien aus dem Gebäude entfernt worden: "Teile der Industrieküche waren weg, ebenso verbaute Kabel, die wurden herausgerissen und das Kupfer nach Zeugenaussagen verkauft", schildert der Eigentümer.

Haftbefehl wurde zurückgezogen

Offensichtlich wurde auch an diversen Leitungen manipuliert, unter anderem in der Tiefgarage. "An den Löschwasserzugang hat jemand eine Leitung für das Trinkwasser angeschlossen", sagt Lederer. Damit seien keine Kanalgebühren mehr angefallen. Die Löschwasseruhr wies nach Angaben des Vermieters einen Zählerstand von 3422 Kubikmeter auf - Brände, die so einen Verbrauch rechtfertigen würden, habe es laut Lederer nicht gegeben. "Der N-Ergie und der Stadt ist dadurch ein Schaden entstanden."

Insgesamt beziffert er den Schaden, den er durch die Vermietung hat, auf rund 2,5 Millionen Euro. Bisher hat der Eigentümer vergeblich versucht, über seinen Anwalt und einen Gerichtsvollzieher an Geld zu kommen. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung beantragte die Kanzlei über das Amtsgericht Nürnberg einen Haftbefehl gegen Ümit Sormaz, der allerdings zurückgezogen wurde, da es wenige Tage zuvor an der Spitze der Cura Life GmbH den Geschäftsführerwechsel gegeben hatte.

Strafanzeige liegt bei der Staatsanwaltschaft

FDP-Stadtrat Sormaz hält sich mit Blick auf die Vorgänge und Vorwürfe bedeckt. Gegenüber der Redaktion bestätigt er aber, dass derzeit ein Zivilprozess zwischen dem Vermieter Johann Lederer und der Cura Life GmbH läuft. "Näheres kann ich aber aus Gründen der Verschwiegenheitsverpflichtung und des Datenschutzes nicht nennen. Ich muss mich da an die prozessuale Vorgehensweise des Gerichts halten und darf dem nicht vorgreifen", erklärt der Nürnberger Politiker, der einst von der CSU in die FDP wechselte. Zum Rückbau und Inventar in dem Anwesen will er erst Stellung nehmen, "sobald dieses ermittelt wurde und der Richter ein abschließendes Urteil gefällt hat."

Neben der zivilrechtlichen Auseinandersetzung, die bereits seit Monaten läuft, ging am 15. Juni 2021 eine Strafanzeige der von Lederer beauftragten Kanzlei gegen die Cura Life GmbH bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth ein. Darin sieht die Kanzlei verschiedene strafrechtlich relevante Vorgänge im Zusammenhang mit der Vermietung des Objekts in der Buchheimer Straße. Seitdem ist noch nicht viel passiert. "Da steckt ein ganzer Strauß an Themen drinnen", sagt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Antje Gabriels-Gorsolke. Derzeit werde die Strafanzeige geprüft.

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