Nürnbergs CSU scheitert mit ihren Migranten

19.3.2014, 06:00 Uhr
Nürnbergs CSU scheitert mit ihren Migranten

© Stefan Hippel

Die Christsozialen, das kann man ihnen nicht absprechen, haben sich alle Mühe gegeben bei der Aufstellung der Parteiliste. Mit der griechischstämmigen Stadträtin Aliki Alesik (aufgestellt auf Listenplatz 9), dem türkischstämmigen Neuling Ismail Akpinar (10) und der russischstämmigen Irina Fixel (11) haben die Migranten herausragende Plätze bekommen. Doch offenbar haben die CSU-Wähler dies nicht honoriert und gezielt Bewerber mit Migrationshintergrund gestrichen und/oder abgestraft.

Alesik schaffte es zwar wieder in den neuen Stadtrat, sackte aber auf Rang 18 ab. Akpinar landete nur auf Platz 24 (die CSU erhält insgesamt 21 Sitze), Fixel gar auf Rang 27. Und Ümit Sormaz, immerhin auf Listenplatz 24 gesetzt, muss sich mit dem 33. Rang zufriedengeben. Entsprechend enttäuscht sind die Betroffenen.

„Das ist schon schade“, sagt Ümit Sormaz. Das Problem sei die geringe Wahlbeteiligung. „In der Südstadt hat man es als Schwarzer schwer“, so Sormaz. Der Stadtteil sei rot.

"Große Enttäuschung"

Auch Ismail Akpinar ist ernüchtert: „Das ist eine große Enttäuschung.“ Er findet es merkwürdig, dass praktisch alle Kandidaten mit Migrationshintergrund so viele Plätze verloren haben. Aber nicht nur er ist unzufrieden: Akpinars Facebook-Seite quillt über. „Ich habe über 100 Kommentare und Nachrichten bekommen“, sagt er. Der Tenor: Die türkischstämmigen Wähler sind enttäuscht und verärgert. Gerne hätten sie den ersten deutsch-türkischen Stadtrat in der CSU-Fraktion gesehen, so Akpinar. „Die Migranten standen hinter uns.“

Wie sieht es bei den Wählern ohne Migrationshintergrund aus? „Ich denke, dass es Streichungen gegeben hat“, sagt er. Die CSU hat es in seinen Augen nicht geschafft, ihre Wähler in diesem Punkt mitzunehmen. „Wenn wir gewinnen wollen, müssen wir auch Politik mit und für Migranten machen“, betont er. Davon müsse man die Basis überzeugen.

Sehr gut funktioniert hat die Taktik bei der SPD. Offenbar sind deren Wähler Menschen mit Migrationshintergrund gegenüber aufgeschlossener. Mit Juso-Chef Nasser Ahmed hat es ein Neuling prompt auf Rang 8 (Liste: 7) geschafft, seine Kollegin Yasemin Yilmaz wurde von Listenplatz 18 auf Rang 11 vorgewählt und die beiden SPD-Vertreter aus dem Integrationsrat, Diana Liberova und Antonio Fernandez Rivera, sind zwar von den Listenplätzen 11 und 12 nach hinten gerutscht (18/23). Aber sie sind drin! Aynur Kir verbesserte sich von Platz 36 auf 28. „Unsere Wähler wollen offenbar eine multikulturelle Stadtgesellschaft“, so Ahmed. Mit Özlem Bahadir von der Linken Liste verstärkt eine weitere Kandidatin die Stadträte mit Migrationshintergrund.

Leichter hatten es bei den Christsozialen die übrigen Neulinge. Hockey-Star Max Müller schaffte nicht nur auf Anhieb den Sprung in den Stadtrat, den Spitzensportler wählten die Nürnberger auch von Listenplatz 18 auf Rang 7 vor. Um sieben Plätze verbesserte sich im ersten Anlauf der Arzt Wolfram Scheurlen (8), der Handwerks-Vizepräsident Thomas Pirner um drei auf Rang 14. Der Vorsitzende des Bund Naturschutz, Otto Heimbucher, sitzt künftig ebenfalls für die Christsozialen im Rat (16).

ÖDP-Stadtrat Thomas Schrollinger bekommt mit Jan Gehrke Verstärkung. Mit Jürgen Dörfler zieht neben Hartmut Beck ein weiterer Freier in den Rat, während FDP-Stadträtin Christiane Alberternst künftig als Einzelkämpferin liberale Politik machen muss. Übrigens: Einziger Mann in der sechsköpfigen Grünen-Fraktion ist der Vorsitzende Achim Mletzko.

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