Partnerschaft mit Togo
Nürnbergs OB: Auch Kommunen sollen sich in Afrika engagieren
11.08.2021, 10:41 Uhr
Den vielleicht entscheidenden Anstoß hatte vor fünf Jahren die "Nürnberger Initiative für Afrika" gegeben. Die daraus entstandene Partnerschaft brachte jetzt ein erstes, greifbares Ergebnis: An einer Schule und an einer Klinik in Aného und Sokodé im westafrikanischen Togo gehen zwei Photovoltaik-Anlagen in Betrieb. Eine verlässliche Stromversorgung sorgt an beiden Orten für enorme Erleichterungen. Wie aber kann und soll es weitergehen? Um das Erreichte und die Perspektiven geht es in der kommenden Woche beim Besuch einer kleinen Gruppe aus Nürnberg in Togo. Dabei will sich Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU) selbst einen Eindruck vor Ort verschaffen. Fragen an das Stadtoberhaupt.
Herr König, Kommunen sind vielfach gefordert im Dienst für die Bürger, es geht um Schulen und Straßen, Kultur, Sport, öffentlichen Nahverkehr und Daseinsvorsorge. Damit sind sie gut ausgelastet. Bleiben da noch Kapazitäten für Vorhaben der Entwicklungszusammenarbeit? Für die ist doch eigentlich der Bund zuständig...
König: Das stimmt natürlich. Aber ohne die lokalen Akteure klappt nichts. So setzt sich die Einsicht durch, dass die Einbindung der Kommunen große Vorteile bietet, weil sie eben über große Erfahrungen bei der Bewältigung von Alltagsproblemen verfügen und nahe dran sind an dem, was der Bevölkerung hilft. Entwicklungshilfe ist umso wirksamer, je weniger sie "von oben herab" erfolgt, darauf weist auch Bundesminister Gerd Müller (CSU) immer wieder hin.
Trotzdem: Ist eine Kommune nicht überfordert, wenn sie mit den komplexen Problemen in Ländern des Südens konfrontiert wird - von den kulturellen Unterschieden bis zum heiklen Thema Korruption?
König: Wir werden uns in Zukunft alle viel intensiver mit Afrika beschäftigen müssen, das ist meine feste politische Überzeugung. Zum Beispiel, weil wir die Länder nicht dem alleinigen Einfluss von China überlassen sollten. Und weil Hilfe, wenn sie echte Hilfe zur Selbsthilfe ist, tatsächlich für beide Seite von Nutzen ist.
Städtische Mitarbeiter beraten zum Beispiel bei Vorhaben der Abfallwirtschaft oder jetzt der Nutzung von Solarenergie. Geht das auf Kosten des ohnehin strapazierten kommunalen Haushalts?
König: Nein, dafür hat der Bund ein eigenes Programm unter dem Titel "Kommunen in der einen Welt" aufgestellt und mit entsprechenden finanziellen Mitteln ausgestattet. Damit sind die großen Investitionen gesichert, aber abgedeckt sind auch die Personalkosten für unsere Projektkoordinatorin - allerdings auf Zeit. Aber es ist toll, dass wir dafür Gelder vom Bund und auch vom Land bekommen. Der Löwenanteil kam in diesem Fall von der Bayerischen Staatskanzlei, einen Eigenanteil von zehn Prozent übernimmt die Stadt.
Warum engagiert sich Nürnberg jetzt ausgerechnet in Togo?
König: Da spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Einmal, dass es dort ein großes Interesse an Deutschland gibt, übrigens gerade in Sachen Fußball. Dann der Umstand, dass auch in unserer Stadt Bürger leben, die aus weit über 40 verschiedenen Ländern auf dem afrikanischen Kontinent stammen. Viele haben sich in einer Reihe von Initiativen zusammengeschlossen, um bei uns, aber auch in ihren Heimatländern etwas zu bewegen. So ist ein Prozess in Gang gekommen, der auch stark von denen mitgetragen wird, die hier leben. Für mich war unser erster Afrika-Workshop vor vier Jahren ein entscheidender Anstoß, mich intensiver mit dem Themenkomplex zu beschäftigen. Ich war damals als Vertreter des Oberbürgermeisters dabei - und das hat mich nicht mehr losgelassen.
Was versprechen Sie sich von der Hilfe, die ja "auf Augenhöhe" erfolgen soll?
König: Ich denke, es geht um weit mehr als eine Investition hier und ein Bildungsprogramm dort. Worauf es ankommt, ist doch vor allem eins: den Menschen Perspektiven in ihrer Heimat zu eröffnen und zu sichern. Auch angesichts ganz aktueller Bedrohungen durch Naturgewalten: Wo beispielsweise Bäume an Flüssen abgeholzt werden, einfach weil Menschen auf Brennholz angewiesen sind, werden die Hochwasserschäden zunehmen. Wenn es um den Klimaschutz geht, müssen wir Länder wie Togo mitnehmen.
Wie soll es weitergehen?
König: Genau darüber wollen wir jetzt gemeinsam beraten und überlegen, wie wir in Verbindung bleiben und was wir uns vornehmen können. Unser Photovoltaik-Projekt soll keine Eintagsfliege bleiben. Ein Bereich könnte zum Beispiel die Wasseraufbereitung sein, ein anderer neue Ausbildungsangebote, vor allem im handwerklichen Bereich. Unser sogenanntes duales System ist ja auch international angesehen. Es aber auch unter anderen Rahmenbedingungen einzuführen und umzusetzen, ist jedoch nicht so leicht.
Ist eine Reise in ein afrikanisches Land jetzt überhaupt zu verantworten?
König: Zum einen löse ich ein, was ich schon im Wahlkampf angekündigt hatte, nämlich dass ich einen Austausch mit Afrika sehr ernst nehme - und da kommt es auch auf persönliche Begegnungen an. Und ja, die Impfquote in afrikanischen Ländern ist sehr niedrig, Togo hat es aber mit äußerst rigiden Maßnahmen geschafft, die Inzidenzwerte zu drücken. Jetzt ist die größte Furcht, dass Varianten von außen eingeschleppt werden, deshalb wird intensiv kontrolliert und getestet.
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