Partyvolk feiert lieber im Zentrum als in Großraum-Discos

2.6.2014, 06:00 Uhr
Partyvolk feiert lieber im Zentrum als in Großraum-Discos

© Günter Distler

Egal, ob man Musik hören und Trinken, Karaoke singen oder bis in die Morgenstunden abtanzen will: In Nürnbergs inoffizieller Party-Meile zwischen Hauptbahnhof, Kornmarkt und Klaragasse kommt jeder auf seine Kosten. „Und wenn es einem irgendwo reicht, kann man einfach in die nächste Location wechseln“, freut sich Nachtschwärmerin Jamila Hetley, die unterwegs ist zum „Electric Sunday“, im „Château Moser“.

Doch die Vielfalt ist nicht der einzige Grund, warum es die 25-jährige Studentin an den Wochenenden nicht mehr nach Klingenhof oder zu anderen Disco-Standorten zieht. „Die Atmosphäre ist hier familiärer und man hat die Chance, mit Leuten auch mal ins Gespräch zu kommen“, sagt sie.

Lisa Rupprecht und ihrer Freundin Sofia Parharidou, die sich am Einlass des „Club & Bar *77“ in der Luitpoldstraße schnell noch eine Zigarette anstecken, fühlen sich in kleineren Etablissements noch aus einem ganz anderen Grund wohl: „In großen Discos gibt es immer wieder Besoffene, die Ärger machen und auch Schlägereien“, weiß die 27-Jährige zu berichten. „Außerdem wird man da oft übelst angebaggert“, ergänzt Sofia Parharidou (26). Vermutlich so, Lisa Rupprecht, seien die Einlasskontrollen von Clubs wie dem „*77“ besser. „Großdiscos müssen ja erst schauen, dass sie den Laden voll kriegen.“

Doch genau das scheint nicht mehr allen so gut zu gelingen. Und laut Hanno Schuster ist die wachsende Dichte kleinerer Tanzbetriebe in der Altstadt einer der Gründe dafür. Der Geschäftsführer der Diskothek „Planet“ in Klingenhof, die im Juni ihre Pforten schließt, hatte sogar einen „Wildwuchs“ von Bars, Kneipen, Clubs beklagt, die mit DJs, Sound und Tanzfläche richtige „Mikroclubs“ seien und ordentlichen Diskotheken das Leben schwer machten.

Diese Entwicklung hält aber nicht nur Schuster für „rechtlich fragwürdig“: Auch die Stadt Nürnberg will nun genauer hinsehen und in den kommenden Tagen zwölf Betriebe unter die Lupe nehmen, bei denen es sich aus ihrer Sicht nicht mehr um Gaststätten, sondern um Vergnügungsstätten mit Tanzbetrieb handeln könnte. Eine Ankündigung, die in der Szene für Wirbel sorgt. Schließlich drohen nicht nur höhere Konzessionsgebühren, sondern auch schärfere Auflagen.

Ärger in der Szene

Ein heißes Eisen, zu dem sich nur die wenigsten äußern wollten. So reagierten viele Innenstadt-Lokale nicht auf Anfragen der Nürnberger Nachrichten oder lehnten dankend ab. Der Ärger ist dennoch groß, wie die Mitarbeiterin eines angesagten Clubs hinter vorgehaltener Hand verrät: Dass das Ordnungsamt Betriebe danach beurteilen will, ob Menschen ein Lokal besuchen, um sich zu unterhalten oder durch Musik unterhalten zu werden, klingt für sie „reichlich unpräzise“.

Ihrer Meinung nach gehört es zum gängigen Konzept einer Szene-Bar, sich mit einer bestimmten Musik- oder Stilrichtung zu identifizieren. Dass dazu auch mal der ein oder andere DJ eingeladen und womöglich sogar getanzt wird, dürfe keine Bedingung für eine Kategorisierung als Disco sein, lautet das Fazit der anonymen Szene-Kennerin.

In dieselbe Kerbe schlägt Alberto Ramirez: „Einen DJ mit Mischpult haben heute sogar schon viele Kleiderläden“ sagt der Inhaber der Innenstadt-Location „Bar & Club*77“. Die Unterscheidung zwischen Bar oder Club sei heutzutage sehr schwierig, die Grenzen fließend, meint der 39-Jährige. „Wir sind allerdings ein konzessioniertes Tanzlokal, sprich wir haben eine genehmigte Tanzfläche. Daher mache ich mir keine Gedanken, dass wir einer der betroffenen Läden sind,“ erklärt Ramirez.

Obwohl sein Motto „Leben und Leben lassen“ lautet und er den anderen Betreibern ihr Geschäft nicht missgönnt, wie er beteuert, lässt ihn die Situation nicht völlig kalt: „Allein wenn ich mir anschaue, dass ich 1800 Euro Gema-Gebühren im Monat zahle, eine Bar aber gerade mal 300 Euro, könnte ich mich schon ärgern.“

Unterschiede zwischen Kneipe und Tanzschuppen, die auch Besucher erkennen können, gibt es natürlich auch. „Eine Bar hat weder Tanzfläche noch Lichtshow, verlangt keinen Eintritt und hat keinen Türsteher“, meint beispielsweise Jens Riedel, Geschäftsführer des „Château Moser“. Mit solchen, handfesten Kriterien kann sich der 41-Jährige nicht erklären, wie das Ordnungsamt auf zwölf verdächtige Betriebe kommt. „Mir fielen höchstens zwei bis drei ein“, sagt Riedel.

Sollte die Stadt allerdings bereits beim Anblick von zwei zappelnden Bargästen oder einem DJ anspringen, dürfte auch die „Zwinger-Bar“ ins Fadenkreuz geraten, wo ebenfalls ab und an ein Discjockey live auflegt. Betreiber Ralf Siegemund, bleibt dennoch gelassen „Wir denken, das Ordnungsamt macht seine Arbeit ganz gut, so lange der Dialog gesucht wird. und keine restriktiven Maßnahmen erfolgen.“

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