Rückblick: So unerwartet kündigte Maly seinen Rückzug an

10.3.2020, 06:00 Uhr
Die Entscheidung zu seinem Rückzug, erklärt Maly, sei bereits nach seiner letzten Wahl 2014 gefallen.

© Peter Kneffel Die Entscheidung zu seinem Rückzug, erklärt Maly, sei bereits nach seiner letzten Wahl 2014 gefallen.

Die Pressekonferenz in der SPD-Zentrale um 15 Uhr: ein Routinetermin. Ich gebe zu, die Texte für unser Online-Portal und die Zeitung hatte ich schon einmal vorgeschrieben. Ich bin fest davon ausgegangen, dass Ulrich Maly noch einmal antritt als OB-Kandidat für die Sozialdemokraten und für Nürnberg.

Zu schlecht waren (und sind) die bayernweiten Umfragewerte für die SPD Anfang 2019, als dass er seine Partei "im Stich" lässt, dachte ich mir. Noch wenige Tage vorher hatte ich einen Beitrag verfasst mit neun Gründen, weshalb Maly noch einmal antreten wird. Dazu gehörten unter anderem: eben die Lage der Partei, aber auch die wiederholte Aussage, dass er gerne OB sei; mit knapp 60 hört man noch nicht auf; Nürnberg bewirbt sich – auch sein Herzensanliegen – für die Europäische Kulturhauptstadt 2025, und außerdem spielt schon auch ein Stück Eitelkeit eine Rolle.


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"Alles richtig eingeschätzt", und doch falsch gelegen, wird er mir noch in der Pressekonferenz sagen. Kurz zuvor, um 15.05 Uhr, kündigt Ulrich Maly an, nicht noch einmal zu kandidieren.

Selten, so verrät er später, habe er bei einer Pressekonferenz in so ratlose Gesichter geschaut. Ich bin erst einmal damit beschäftigt, meinen Twitter-Post (ich dachte, ich muss für die erste Schnellmeldung nur noch auf senden drücken) umzuformulieren auf: Maly tritt nicht mehr an...

2002 war es Ulrich Maly gelungen, in einer Stichwahl der CSU den Oberbürgermeister-Sessel – den ersten und bisher letzten Wahlerfolg der Christsozialen bei der Oberbürgermeisterwahl nach 1945 – wieder abzuringen. Seitdem hat der gebürtige Nürnberger den Posten souverän verteidigt. 2014 mit 67,1 Prozent. Und selbst die Christsozialen, die fest mit einer erneuten, vierten Kandidatur Malys gerechnet hatten, sind von einem weiteren Sieg des Sozialdemokraten ausgegangen.


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Doch Maly hat andere Pläne: "Ich werde im Jahr 2020 exakt 18 Dienstjahre als Oberbürgermeister und 30 Jahre hauptberufliche Rathauspolitik hinter mir haben. Das ist mein halbes Leben und das ist sehr lange", erklärte Maly den verdutzten Journalisten. "Ich habe immer versucht, mir eine gesunde Distanz zur vermeintlichen oder tatsächlichen Bedeutung des Amts zu bewahren. Dabei gab es immer den Vorsatz, rechtzeitig Platz zu machen und eben nicht am Amt zu kleben."

Entscheidung bereits nach letzter Wahl getroffen

Die Entscheidung zum Rückzug, sagt er später, sei bereits nach seiner letzten Wahl 2014 gefallen. Seine Parteifreunde – bis auf ganz wenige Ausnahmen – hat er aber bis zum 11. März 2019 im Unklaren gelassen.

Nun ist Maly noch bis 30. April im Amt. Längst hat der scheidende OB damit begonnen, sein Büro im ersten Stock des Alten Rathauses auszumisten. Darunter waren auch die Pressemeldungen von Markus Söder aus den Jahren 2002 und 2003. Der heutige bayerische Ministerpräsident war damals ein entschiedender Gegner Malys und ließ keine Gelegenheit aus, ihn das spüren zu lassen.

Kaum zu glauben, hört man Söder heute über Maly reden. Erst letzte Woche lobte der Christsoziale den Sozialdemokraten über den grünen Klee. Daneben saß Marcus König, der für die CSU gerne den OB beerben möchte.

Für die Sozialdemokraten, das ließ die Partei schon wenige Tage nach der Ankündigung Malys wissen, soll Thorsten Brehm den Posten rückerobern. Der scheidende Oberbürgermeister wird den Wahlabend am 15. März mit Spannung verfolgen. Auch er rechnet damit, dass die endgültige Entscheidung erst bei einer Stichwahl am 29. März fallen wird.

Sollte die SPD nicht erneut den OB stellen, so weiß auch Ulrich Maly, werde sich sein Bild in der Wahrnehmung (auch innerhalb der Partei) noch einmal verschieben. Dann wird man auch ihm die Schuld daran geben, dass die SPD den wichtigen Posten verloren hat. Aber das entscheiden allein die Wähler.


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