S-Bahn-Tragödie am Frankenstadion: Verhandlung beginnt am Donnerstag

14.11.2019, 06:41 Uhr
Eigentlich sollte es ein ausgelassener Abend werden. Stattdessen endete er in einer Tragödie.

© NEWS5 / Merzbach Eigentlich sollte es ein ausgelassener Abend werden. Stattdessen endete er in einer Tragödie.

Gibt es etwas Entsetzlicheres für Eltern, als ein Kind zu verlieren? Die Eltern von Frederik und Luca gehen seit dem 26. Januar 2019 durch diese Hölle: In jener Nacht starben ihre Söhne, zwei 16-Jährige, weil sie am S-Bahnhof Frankenstadion ins Gleisbett gestoßen wurden – am Donnerstag, den 14. November, beginnt die Hauptverhandlung gegen zwei 17-Jährige, die Frederik und Luca das Leben genommen haben sollen.

In jener Nacht warteten Frederik und Luca gegen Mitternacht am Bahnsteig Frankenstadion auf die S-Bahn, mit Freunden hatten sie eine Diskothek besucht. Seit die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth im Sommer Anklage wegen Körperverletzung mit Todesfolge gegen die beiden 17-Jährigen erhoben hat, schlagen im Internet die Wellen der Empörung hoch: "Zu lasch" sei die Justiz, kommentierten Facebook-Nutzer. Einige meinen, die Erklärung für das entsetzliche Geschehen zu kennen – der Migrationshintergrund der Beschuldigten. Seit dem Vorfall sitzen die beiden Beschuldigten in Untersuchungshaft.

Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Sie haben zwar die deutsche Staatsangehörigkeit, doch stammen ihre Familien aus Griechenland und der Türkei. Die Väter von Frederik und Luca distanzierten sich bereits öffentlich von der pauschalen Hetze. In einem Interview mit unserer Zeitung betonte Frederiks Vater: "Wir treten für eine multikulturelle Gesellschaft ein, daran wollen wir keinen Zweifel lassen." Frederik und Luca hatten von Kindesbeinen an beim Turn- und Sportverein Heroldsberg Fußball gespielt, zuletzt in der A-Jugend. Dort spielen und trainieren neben Deutschen auch Sportler anderer Nationalitäten, miteinander. "Friedlich", wie die Väter betonten.

Es gibt ein Überwachungsvideo vom Bahnsteig von jener Nacht: Einige der Jugendlichen, die am Bahnsteig standen, filmten das Gleisbett nach der Tat. Doch selbst wenn die Bilder den Ermittlern helfen, eine Tat zu rekonstruieren, stellt sich noch immer die Frage, ab wann ein Täter den Tod seines Opfers riskierte. Die rechtliche Einordnung der Staatsanwaltschaft als Körperverletzung mit Todesfolge stieß bei Erhebung der Anklage auf Kritik – auch die Rechtsanwälte Wolfgang Wittmann und Benjamin Schmitt, sie vertreten die Familien der getöteten jungen Männer als Nebenkläger, können die bisherige Wertung der Anklagebehörde nicht nachvollziehen. "Wie dieses Verbrechen am Ende des Strafverfahrens und der Beweisaufnahme juristisch bewertet wird, ist offen. Wir wollen uns auch gar keine juristische Einordnung anmaßen", betonen die Väter.

Der Strafrahmen für Körperverletzung mit Todesfolge reicht von drei bis zu zehn Jahren. Die Höchststrafe für Totschlag liegt im Jugendrecht bei zehn Jahren. Sollten die Richter während der Beweisaufnahme eine Verurteilung wegen Totschlag für denkbar halten, können sie dies per "richterlichem Hinweis" mitteilen. Die Tat erschütterte die Öffentlichkeit – doch wie es dazu kam, wird nicht öffentlich erörtert. Aus Gründen des Jugendschutzes findet der Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Doch das Interesse der Öffentlichkeit ist freilich berechtigt, so wurde Justizsprecher Friedrich Weitner als Zuschauer zugelassen. Die Jugendkammer I des Landgerichts Nürnberg-Fürth rechnet derzeit mit vier Verhandlungstagen. Bleibt es bei dem Terminplan, wird das Urteil am 20. November gesprochen.