Sagenhafter Sprung in den Burggraben

21.12.2009, 00:00 Uhr
Sagenhafter Sprung in den Burggraben

© Giulia Iannicelli

Im Alter von zehn Jahren soll Apollonius im Haus des Patriziers Jobst Tetzel genächtigt haben. Da verguckte er sich in die gleichaltrige Agnes. Seine Liebe zu ihr blieb platonischer Art. Als später der bereits als Raubritter Tätige hörte, dass seine Angebetete heiratet, fasste er einen tollkühnen Plan. Bei der Hochzeitsfeier stolperte eine blutüberströmte Wache in die Festgesellschaft und stöhnte: «Es war Eppelein. Er versucht gerade zu fliehen.» Als die Gäste die Verfolgung aufnahmen, blieb allein Agnes zurück. Die Wache stand plötzlich wieder auf und wischte sich das Blut ab. Genau genommen handelte es sich um Erdbeermus. Der tollkühne Outlaw raubte sich dann den Brautkuss.

Zum Tod am Galgen verurteilt

Eppelein überfiel die reichen Nürnberger Kaufleute, stahl die Waren und warf die «Pfeffersäcke» in sein Burggefängnis. Zumindest solange, bis ein hohes Lösegeld für die Gefangenen bezahlt wurde. 1372 kam es zur Verhaftung bei Forchheim. In Nürnberg wurde er zum Tod am Galgen verurteilt. Was danach passiert sein soll, begründet die Legende des Eppelein von Gailingen. Der sprang nämlich mit seinem Pferd am Fuße des Fünfeckturms über die Mauer in den Burggraben und entkam. Beim Sprung rief Eppelein: «Die Nürnberger hängen keinen, sie hätten ihn denn zuvor.» Als stumme Zeugen für Eppeleins Flucht dienen Hufabdrücke im Sandstein. Eine Legende mit einem Körnchen Wahrheit. Im Jahre 1487, so heißt es, habe ein Mann einen ähnlichen Sturz überlebt. Als Lebensretter fungierte der meterhohe Abfallberg, der sich über Jahrhunderte im Graben angesammelt hatte.

Insgesamt zwölf Jahre war Eppelein als vogelfrei erklärt. Im mittelalterlichen Franken sicherlich rekordverdächtig. «Der historische Eppelein war ein Bauernopfer, welches zwischen dem Burggrafen und dem Rat der Freien Reichsstadt aufgeteilt wurde. So annektierte Burggraf Friedrich IV. peu á peu sämtliche Burgen derer von Gailingen», erklärt Kirchner. Dem Burggrafen habe der Raubritter als Retourkutsche mehrmals übel mitgespielt. «Bei einem Turnier hat Eppelein den Helm von Richard Löwenherz gestohlen», sagt Kirchner, «und im Zuge noch 20 Fuhrwerke Korn.»

Doch irgendwann war Schluss mit dem lustigen Strauchdiebdasein. Eppelein wurde im Wirtshaus zum Schwarzen Kreuz in Postbauer von Söldnertruppen gefangen genommen. Am 15. Mai 1381 folgte in Neumarkt die Hinrichtung. Eppeleins letzter Worte sind einer Legende zufolge angemessen ausgefallen: «Die Nürnberger sollen meinen Kopf nicht haben. Doch mein Arsch steht zur Verfügung». Interessanterweise war eine Dorothea Gailing von Illesheim knapp 200 Jahre später die Ehefrau von Götz von Berlichingen. Auch bei dessen Legende spielte ja der Hintern eine tragende Rolle.

Die Ergreifung und Hinrichtung des Raubritters kosteten die Nürnberger fast 1000 Gulden. Die Schuld wurde jedoch erst 1998, anlässlich der Landesgartenschau in Neumarkt, durch die Stadt Nürnberg in Form von Schokoladentalern symbolisch beglichen.

Nächster Termin ist am 26. Dezember um 21 Uhr. Treffpunkt: Hauptmarkt vor der Touristeninformation.

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