Schnellzug-Lok mit Hakenkreuz war Neonazi-Pilgerort

15.9.2014, 12:46 Uhr
Schnellzug-Lok mit Hakenkreuz war Neonazi-Pilgerort

© Foto: Jan Eric Loebe

Es ist ein unscharfes Foto, das da im Netz kursiert. Darauf zu erkennen: ein Mann, der den rechten Arm zum Hitlergruß reckt. Hinter ihm ragt riesengroß die rote E-Lok E 19 12 auf, mit Reichsadler und Hakenkreuz. Veröffentlicht hat das Bild jüngst die griechische Tageszeitung Ethnos, die in dem Neonazi den Polizeichef der Insel Hydra, Giorgos Kagalos, erkannt haben will.

Wie berichtet, gibt es durchaus gute Kontakte zwischen griechischen Rechtsextremen und dem inzwischen verbotenen bayerischen „Freien Netz Süd“. Die rechte Partei Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) hat zeitweise sogar versucht, in Nürnberg Fuß zu fassen.

„Uns war unwohl“

Der Grieche war offenbar im März 2011 in Nürnberg — und keineswegs der erste Rechtsradikale, der das tonnenschwere Ausstellungsstück aus der Zeit des Nationalsozialismus als dubiosen Pilgerort missbraucht hat. Jetzt stellte man im Museum an der Lessingstraße die Weichen neu und schickte die weinrote Schnellzuglok ins Depot am Rangierbahnhof.

„Uns war einfach unwohl mit der Situation“, sagt Bahn-Pressesprecher Achim Stauß, „und wir sind entsetzt, dass man ausgerechnet das DB-Museum als Bühne für derartige Geschmacklosigkeiten ausgesucht hat.“ Die im Internet kursierenden Fotos seien unerfreulich. Allerdings habe man im Museum weder vom Auftritt des griechischen Polizisten noch von anderen Vorfällen mit Neonazis etwas mitbekommen.

Nun prüft die Bahn, ob gegen den Mann, der auf dem Foto den verbotenen Hitlergruß zeigt, Anzeige erstattet werden kann. Deutsche Neonazis, die im selben Zeitraum im Haus ihr Unwesen trieben, hätten leider nicht ausfindig gemacht werden können, heißt es. Die Situation mit einer Video-Überwachung zu entschärfen, sei nicht möglich. Man habe keine Kapazitäten, diese Bilder ständig zu überwachen, so Achim Stauß.

Bahn war gleichgeschaltet

Schon seit vielen Jahren steht die Lok E 19 12 im Museum an der Lessingstraße. Eine Weile waren Hakenkreuz und Reichsadler ganz verdeckt, dann wieder entschloss sich die Museumsleitung, die Maschine lieber authentisch und unverhüllt zu zeigen.

Eine Tafel weise auf die schuldhafte Verstrickung der Deutschen Reichsbahn im Nationalsozialismus hin, betont DB-Sprecher Stauß. Der Reichsadler mit dem Hakenkreuz sei Ende der 1930er Jahre durchgehend das Hoheitszeichen der gleichgeschalteten Reichsbahn gewesen.

Nach den unliebsamen Vorfällen von 2011 allerdings nagelte man ein hölzernes Kreuz über das Emblem, um es zu verfremden und als Fotomotiv für Rechtsradikale unbrauchbar zu machen. Das wiederum trieb die Eisenbahnfreunde auf die Barrikaden. Sie forderten die unverfälschte Ausstellung der E 19 12 — bis die Lok still und leise in einem Lokschuppen geparkt wurde.

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