Sollte ein Besuch in der Notaufnahme bald etwas kosten?

20.7.2018, 05:29 Uhr
Doch längst nicht jeder Kranke ist auf eine dringende Behandlung auch wirklich angewiesen: In jedem dritten Fall, so Pressesprecher Bernd Siegler, hätte auch der Hausarzt helfen können.

© Hauke-Christian Dittrich/dpa Doch längst nicht jeder Kranke ist auf eine dringende Behandlung auch wirklich angewiesen: In jedem dritten Fall, so Pressesprecher Bernd Siegler, hätte auch der Hausarzt helfen können.

Ja, auch Prof. Dr. Alexander Dechêne kennt sie, die Fälle, in denen Menschen in die Notaufnahme kommen, die da eigentlich überhaupt nicht hingehören. "Heute war wieder ein typischer Praxistag", diesen Satz hört der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin 6 und Ärztliche Leiter der Notaufnahme im Klinikum Nord dann von seinen Kollegen, weil diese Sonnenbrände verarzten mussten oder Rezepte ausstellen sollten für Medikamente, die die Patienten seit Jahren einnehmen: Sie hatten nur vergessen, ihren Hausarzt rechtzeitig um eine Verlängerung zu bitten. "Es gibt eine Gruppe von Menschen, die die Notaufnahmen aus Bequemlichkeit nutzen", sagt Dechêne. "Und dafür ist das Angebot nicht gemacht."


Hier finden Sie eine DocPod-Folge von Notfallmediziner Falk Stirkat zum Thema: Wie geht's zu in der Notaufnahme?


Denn schließlich haben Ärzte und Krankenpfleger auch so schon genug zu tun. 121.000 Patienten suchten im Jahr 2016 die Notaufnahmen des Klinikums Nürnberg im Norden und im Süden auf, das sind rund 50 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor. Doch längst nicht jeder Kranke ist auf eine dringende Behandlung auch wirklich angewiesen: In jedem dritten Fall, so Pressesprecher Bernd Siegler, hätte auch der Hausarzt helfen können. Ähnlich ist die Situation im St. Theresien-Krankenhaus. Auch hier steigen die Patientenzahlen in der Notaufnahme, nicht immer kommen nur Menschen, die auf die Behandlung dort auch angewiesen sind.

Aus Ungewissheit zur Notaufnahme

Prof. Dechêne will trotzdem keine allgemeine Patientenschelte anstimmen. Die Menschen kämen oft aus Unwissenheit, sagt er. "Sie wissen die Schwere eines Symptoms nicht einzuschätzen." Es sei eine Minderheit, die sich bloß den Weg zum Hausarzt sparen wolle. Deshalb sieht er die Einführung einer Behandlungsgebühr in Höhe von 50 Euro, die die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsens ins Spiel gebracht hat, auch kritisch.  "Diese Methode trifft nur bei einem Teil der Menschen ins Schwarze", sagt er. "Und sie könnte auch die abhalten, die wirklich eine Notbehandlung brauchen." 

Für Entlastung sorgen immerhin die Bereitschaftspraxen im Nordklinikum und im Adcom-Center in der Bahnhofstraße. Eine weitere Anlaufstelle im Südklinikum wird am 31. Juli eröffnet. Doch noch sei das Angebot zu wenig bekannt, glaubt Anja Müller, zuständig für die Unternehmenskommunikation im St. Theresien-Krankenhaus.  Von einer Gebühr für den Besuch der Notaufnahme hält jedoch auch Müller nicht viel. Der freie Zugang müsse erhalten bleiben, weil Laien nicht jedes Symptom richtig einordnen könnten. Allerdings müsse die Vergütung der Behandlung erhöht werden: Derzeit bekommen die Kliniken laut Müller rund 35 Euro, wenn ein Patient nur ambulant behandelt wird, "egal, welche Diagnostik läuft".

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