Spielwarenmesse verbannt Tyrannen-Quartett

8.2.2011, 06:54 Uhr
Spielwarenmesse verbannt Tyrannen-Quartett

© Daut

Quartettspiele drehen sich meist um Harmloses, um Autos oder Motorräder. Anders das „Tyrannen-Quartett“ mit seinen 32 Spielkarten, auf denen Faschisten, Kommunisten oder auch Völkermörder zu sehen sind. Die Karte mit Adolf Hitler ist jene mit dem höchsten Wert an „Todesopfern“: 55 Millionen. Gemäß der gängigen Logik von Quartettspielen — der höchste Wert gewinnt — ist die Karte in dieser „Kategorie“ nicht zu übertreffen; sie wird als „Blitztrompf“ bezeichnet.

Seit über zwei Jahren schon gibt es das Quartett, für so manchen ist es eine Provokation. Der Berliner Innensenator Ehrhardt Körting beispielsweise findet es „geschmacklos“. Auch die Nürnberger Spielwarenmesse spricht von einem „Grenzfall des guten Geschmacks“. Sie forderte nun die Hersteller — das Hamburger Unternehmen „Weltquartett“ — auf, alles, was mit dem Spiel zu tun hat, vom Stand zu nehmen.

Fast zeitgleich begann die Staatsanwaltschaft zu ermitteln. Aus ihrer Sicht besteht ein „Anfangsverdacht“, dass „Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ verwendet werden, sagt Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke. Auf der umstrittenen Karte ist nicht nur ein Foto von Hitler zu sehen, sondern auch ein Teil des Hakenkreuzes.

Für Hersteller Jörg Wagner kommen die Ermittlungen überraschend. Er sei nicht davon ausgegangen, dass ein Hitler-Foto oder eine „überdeckte Hakenkreuzfahne“ zum Problem werden könnte, sagt er, zumal die Karte Teil eines „Kontextes“ sei: Hitler wird in eine Reihe mit „Völkermördern“ wie Slobodan Miloševic gesetzt, als Teil des „Tyrannen“-Kartenspiels, das wiederum zu einer fünfteiligen Reihe mit dem Titel „Geißeln der Menschheit“ gehört.

Messestand geschlossen

Dass man eine gehörige Portion (schwarzen) Humor braucht, um an diesem Spiel Spaß zu haben, räumt Klaus Hammerlindl ein. Der Nürnberger, der bei der letzten Wahl gern für „Die Partei“ (dahinter steckt das Satire-Magazin „Titanic“) in den Bundestag eingezogen wäre, vertreibt das Kartenspiel in der Region. Er verkauft es unter anderem auf Flohmärkten, die von der linken Szene besucht werden. Wie auch Wagner betont er, dass damit kein Diktator oder Völkermörder glorifiziert werden solle. Das Gegenteil ist das Ziel: die Tyrannen lächerlich machen.

Den Auslöser für die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sieht der Hersteller in der Berichterstattung durch eine hiesige Boulevardzeitung, die von einem „Skandal“ gesprochen habe. Daraufhin habe auch die Spielwarenmesse reagiert. „Wir hätten alles entfernen sollen, was mit dem Tyrannen-Spiel zu tun hat“, sagt Wagner — sprich: „die Hälfte des Standes“. Daher zog man die Konsequenz und baute den Stand komplett ab.

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