Statt Whisky und Gin: Nürnberger Brauer erfindet Desinfektionsmittel

15.10.2020, 13:56 Uhr
Statt Whisky und Gin: Nürnberger Brauer erfindet Desinfektionsmittel

© Rurik Schnackig

Wenn dir das Leben eine Zitrone gibt, dann frag’ nach Salz und Tequila! – so heißt es. Der findige Brauer Reinhard Engel handelte nach diesem Motto – und erfand mitten im Lockdown ein neuartiges Desinfektionsmittel.

Wie ein Parfum-Flacon steht das Glasfläschchen mit der orangefarbenen Banderole vor dem Braumeister. Er nimmt es in die Hand, zieht die Kappe ab und mit einem zweifachen Druck auf den Sprühkopf lässt er feinen Nebel auf seine Handflächen sinken. Aromen von Wacholder und Zitrone machen sich breit. Engel zieht den Duft ein und grinst: "Ah, macht doch gleich gute Laune", sagt er zufrieden.

Mehr als nur ein Gag

Genuss-Hygienespray. Was wie ein Gag klingt, ist aus einer Notlage entstanden, wie Engel schildert. Es war während des Lockdowns, als alle Standbeine des Altstadthofes – Verkauf, Führung, Gastronomie – einknickten. Dafür erhielt Engel ungewohnte Anfragen: Beschäftigte von Krankenhäusern und Apotheken kamen auf ihn zu, weil der Markt die starke Nachfrage nach hochprozentigem Alkohol zu Desinfektionszwecken nicht mehr decken konnten.

Gut, Erfahrung mit der Herstellung von Hochprozentigem hat Engel. Schließlich wird auch Gin und Whisky nach Art des Hauses hier in der Bergstraße produziert. Allerdings ausschließlich zu Genuss- und weniger zu Desinfektionszwecken. Aber gezögert hat er nicht. Schließlich war jetzt Hilfe gefordert. Der Alkoholgehalt wurde erhöht, die Produktion aufgenommen und plötzlich war die kleine Brauerei in der Altstadt ein "systemrelevanter Betrieb".

Ein besonderes Spray

Der Engpass war von kurzer Dauer, die Märkte reagierten schnell und Alkohol war bald wieder lieferbar. Für Engel und sein Team aber war klar, dass dies der Beginn einer neuen Serie sein wird. Hat es sie anfangs auch ein wenig geschmerzt, die guten Zutaten für rein medizinische Zwecke zu verwenden, so ist daraus eine Idee entstanden: Was, wenn man eine ökologische Alternative zur herkömlichen Desinfektion anbietet? Etwas sympatisch-frisches? Ein Sprühstoß, der mehr Spaß als Pflicht sein soll.

Aus dem Bio-Rohstoff Malz entwickelten der Brauer und sein Team ein antivirales Destillat. Für den Spaßfaktor sorgen die drei Varianten: Hopfen, Gin und Whisky. Wie es bei den Nutzern ankommt, hat Engel bereits bei den Führungen getestet, die nun mit Auflagen wieder starten. "Normalerweise hat jeder eher pflichtschuldig den Desinfektionsspender bedient. Aber bei unserem Spray ist jeder neugierig." Häufig werde es auch als Geschenk oder für die eigene Tasche (für rund 12 Euro pro 50 Milliliter) im Anschluss gekauft.

Whisky mit Zisch

Und weil das Ganze als Genussmittel läuft, gibt es einen weiteren Nebeneffekt. Engel spricht’s und führt das Fläschchen zum geöffneten Mund um einen weiteren Sprühstoß abzusetzen. Angst, dass darunter die Fahrtüchtigkeit leiden würde, brauche man trotz eines Alkoholgehaltes von 75 Prozent nicht haben. "Dafür müsste man schon sehr oft den Sprühkopf betätigen", sagt Engel.

Ob es so etwas irgendwo auf der Welt schon gibt? Reinhard Engel hat bei seinen Recherchen bisher noch kein weieres Genuss-Hygienespray gefunden. Darauf kann er sich gleich noch einen Sprüh-Whisky genehmigen. Mehr Infos gibt's auf der Homepage der Brauerei.