To-Go-Verbot und Strahler: Nürnberg will Nachtleben massiv eindämmen

8.7.2020, 16:40 Uhr
Bilder wie diese vom Köpfleinsberg sollen künftig der Vergangenheit angehören.

© Stefan Hippel Bilder wie diese vom Köpfleinsberg sollen künftig der Vergangenheit angehören.

Alles geschieht im Dialog mit der Polizei, den Wirten, der Wirtschaft - das betont die Verwaltung. Dennoch dürften die Maßnahmen, die die Stadt jetzt gegen Pulks und Feiern besonders im Zentrum Nürnbergs ergreift, für gemischte Gefühle in der Gastronomie sorgen. An beliebten Treffpunkten, heißt es in einer Pressemitteilung, müsse man größere Ansammlungen verhindern - im Sinne des Infektionsschutzes. Schon am kommenden Freitag, also ab dem 10. Juli, soll das Paket zunächst für ein Wochenende in Kraft treten. 

Die Einschränkungen sind teils massiv. Am Köpfleinsberg unweit der Fußgängerzone, der zuletzt wegen größerer Ansammlungen in die Schlagzeilen geriet, soll ein eigener Sicherheitsdienst installiert werden - für die Organisation sind die Wirte dort selbst zuständig. "Das war deren Angebot, sie übernehmen auch die Kosten", sagt Andreas Franke, Leiter des städtischen Presseamtes auf Nachfrage. Die Kräfte sollen jeweils am Freitag und Samstag zwischen 18 und 24 Uhr im Einsatz sein. Ihre Aufgabe: Die Security soll "Menschenmengen beobachten" und "Hinweise auf die Abstandsregeln" geben, und das auch im unmittelbaren Umfeld der Außenschankflächen. Als Radius definiert das Infektionsschutzgesetz rund 25 Meter rund um die Tische. 

Zudem soll der Sicherheitsdienst "Abstände zwischen den Personen herstellen, wenn diese nicht eingehalten werden", heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt. Wie genau und mit welchen Befugnissen, bleibt zunächst unklar. Zudem soll das Personal auch Menschen abweisen dürfen, wenn der Köpfleinsberg zu voll ist und die Mindestabstände wegen dichtem Gedränge nicht mehr eingehalten werden können. 

To-Go-Verbot am Wanderer

Auch am Tiergärtnertorplatz mit der beliebten Bar "Wanderer" wird es weitreichende Einschränkungen geben. Die Stadt Nürnberg erlässt ab dem kommenden Freitag ein Verkaufsverbot von To-Go-Getränken - es soll in den Nächten am Wochenende von 20 bis 5 Uhr gelten. "Polizei, Ordnungsamt und der städtische Ordnungsdienst ADN kontrollieren die Einhaltung der Maßnahmen", teilt die Stadt mit. "Nach dem Wochenende werden die Erfahrungen bewertet." Ein Alkoholverbot wie etwa am Hauptbahnhof, betont Franke vom Presseamt, sei die Maßnahme jedoch nicht. Lediglich der Verkauf zum Mitnehmen werde untersagt. 

 

Die Verantwortlichen im Rathaus haben aber weitere Brennpunkte ausgemacht, etwa das Nord- und Südufer am Wöhrder See. Sowohl Polizei als auch Stadt bewerten das Areal als "kritischen Party-Hotspot", der gerade in lauen Nächten das Potenzial hat, Hunderte anzuziehen. Besonders in der Norikus-Bucht und dem Sandstrand mit dem Kiosk sollen jetzt Beleuchtungsmaßnahmen für mehr Kontrolle sorgen. So können "viel besuchte Flächen besser eingesehen und kontrolliert werden", so die Stadt. Wie die Beleuchtung konkret aussehen soll, ist unklar. Derzeit laufen noch Gespräche zwischen Stadt, Polizei und Feuerwehr. 

"Darüber dürfen wir nicht hinwegsehen"

Bereits vor einigen Tagen kündigte die Stadt nach vermehrten Massenaufläufen an, handeln zu wollen. Mit konkreten Maßnahmen hielt sich die Verwaltung bislang aber zurück. Andere Städte in Franken reagierten bereits früher, etwa Bamberg, wo es zu Stoßzeiten keinen To-Go-Alkohol mehr in der Innenstadt zu kaufen gibt.

Es sei zu zahlreichen Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz gekommen, sagte Oberbürgermeister Andreas Starke. "Darüber dürfen wir nicht hinwegsehen. Der Verkauf von alkoholischen Getränken durch die Fenster der Lokale, die erheblichen Ruhestörungen an den Hotspots in der Altstadt sowie die großen Verunreinigungen durch Müll im gesamten Innenstadtbereich können wir nicht dulden."

Jetzt geht auch Nürnberg einen ähnlichen Weg, zumindest im Ansatz, auch wenn die Einschränkungen nicht so massiv sind wie etwa in Bamberg. Gesundheitsreferentin Britta Walthelm hofft, dass die Maßnahmen ausreichen. "Ich bitte nochmals eindringlich alle Bürgerinnen und Bürger: Gefährden wir die niedrige Infektionsrate nicht", sagt sie. "Die Gesundheitsvorsorge hat Vorrang."

Das sagen Nürnberger Gastronomen

Der Betreiber des "Wanderer" am Tiergärtnertorplatz, Christoph Zielke, betont, dass die Wirte bereits in den vergangenen Wochen vollen Einsatz gezeigt hätten, um die Situation zu entzerren, "entgegen eigener Interessen". Aber um der vielen Menschen auf öffentlichem Grund Herr zu werden, hätten die Wirte Unterstützung gebraucht. Da es derzeit sehr wenig Alternativen zum Ausgehen gebe, sammelten sich die Leute an einzelnen Punkten, an denen es dann teilweise problematisch voll werden könne.

"Wenn die Stadt etwas schneller reagiert hätte und Bar- und Club-Betreibern unbürokratisch Ausweichflächen im öffentlichen Raum zur Verfügung gestellt hätte, gäbe es längst mehr Alternativen", sagt Zielke. Und je mehr Alternativen, desto weniger Gedränge an den einzelnen Plätzen.

Temporärer Biergarten im Burggraben?

Fürs kommende Wochenende ist er optimistisch, dass die Stadt Nürnberg es den Wirten am Tiergärtnertor gestatten wird, ihre Sitzflächen zu erweitern. Das hätte laut Zielke zwei Vorteile: einerseits würde es den Gastronomen beim Überleben helfen, andererseits würde es den schwieriger zu kontrollierenden öffentlichen Raum minimieren. Die Stadt wolle dies am Donnerstag prüfen.

Außerdem hofft er, dass bereits zum Wochenende im Burggraben, gleich in der Nähe, ein temporärer Biergarten auf einer Ausweichfläche eröffnet werden darf, um die Situation am Tiergärtnertor zu entzerren.

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