Ungenügend: E-Auto fällt als Streifenwagen durch

20.1.2020, 05:57 Uhr
Stefan Schmid (links) und Jennifer Holzschuher durften 2015 das neueste Mitglied der bayerischen Polizeiflotte vorstellen. Doch im Alltag hat der Wagen mit Funk und Blaulicht seine Tücken.

© Foto: Michael Matejka Stefan Schmid (links) und Jennifer Holzschuher durften 2015 das neueste Mitglied der bayerischen Polizeiflotte vorstellen. Doch im Alltag hat der Wagen mit Funk und Blaulicht seine Tücken.

"Ich glaube, dass der Test erfolgreich sein wird", sagte Johann Rast, der damalige Polizeipräsident von Mittelfranken, während der Präsentation vor mehr als vier Jahren. Er zeigte sich zuversichtlich, was die Beschaffung weiterer solcher E-Autos betraf.

Eingezwängte Diebe

Doch es kam anders, Rasts Prognose war falsch. Denn im bayerischen Innenministerium winkte man nach der Pilotphase ab. Die Gründe: Das E-Auto der ersten Generation habe eine zu geringe Reichweite, rund 160 Kilometer, und eine zu geringe Nutzlast. Außerdem dauere das Laden des Akkus zu lange, heißt es heute im Ministerium. "Das Fahrzeug eignet sich nicht als Standardstreifenwagen", so Pressesprecher Michael Siefener auf Anfrage. Denn das Auto biete auch viel zu wenig Platz für die persönliche Schutzausrüstung der Beamten. Auf der Rückbank würden Diebe und Randalierer eingezwängt sitzen.


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Zehn solcher Fahrzeuge, von denen eines 37.000 Euro kostete, hat das Innenministerium für alle bayerischen Präsidien angeschafft. Das Auto hat 170 PS unter seiner kurzen Haube und schafft eine Geschwindigkeit von maximal 150 Kilometern pro Stunde. Die Nachteile des Wagens waren aber bekannt, die Deutsche Polizeigewerkschaft hat seinerzeit schon auf die Mängel hingewiesen, die den Pkw als Standardstreifenwagen untauglich machen. "Der BMW i3 hat sich jedoch als umweltfreundliche Ergänzung für bestimmte Einsatzbereiche wie Verkehrsprävention und Ermittlungsdienste herausgestellt. Außerdem hat er sich als Imageträger in der Öffentlichkeit bewährt", betont Siefener.

Von Dienststelle zu Dienststelle

Derzeit steht das Polizei-Elektroauto mit einem aktuellen Kilometerstand von 23.500 bei der Verkehrspolizei in Nürnberg und wird von den Verkehrserziehern genutzt. Seitdem es im Dienst des Präsidiums steht, wird es von Dienststelle zu Dienststelle gereicht. "Es wird annähernd so häufig eingesetzt wie die herkömmlichen Streifenwagen. Es ist aber nicht im 24-Stunden-Dauereinsatz, da das Fahrzeug nachts geladen wird", erklärt Polizeisprecher Rainer Seebauer. Strom wird für den Pkw an einer Ladestation im Präsidium am Jakobsplatz gezapft. "Ansonsten kann der Pkw an jeder Steckdose angeschlossen werden." Der Ladevorgang dauert sechs bis acht Stunden. Ist der Akku nahezu leer und der letzte Fahrer vergisst, den Wagen ans Stromnetz anzuschließen, ist das Auto am nächsten Tag lange Zeit nicht einsatzbereit.


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"N-PP" steht auf den Kfz-Kennzeichen der Polizeifahrzeuge in Mittelfranken, auch auf dem des BMW i3. N-PP findet sich aber auch auf dem Nummernschild eines anderen BMW i3, der allerdings mit der Polizei rein gar nichts zu tun hat. Es sind die Initialen für Peter Pluschke, Umweltreferent der Stadt Nürnberg. Das Auto ist sein Dienstwagen, er teilt es sich mit dem Finanzreferenten Harald Riedel und weiteren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. "Wir sind eine Nutzergemeinschaft", sagt der Grünen-Politiker.

Vor fünf Jahren hat die Stadt den ersten BMW i3 geleast. Seit zwei Jahren fahren die beiden Referenten mit einem Wagen der zweiten Generation. "Als ich mit der Idee kam, ist der Vorschlag erst auf wenig Gegenliebe gestoßen. Der Leasing-Preis ist sehr hoch", sagt Pluschke.

Weniger Wartung, weniger Kosten

Doch als der Pkw dann im Innenhof des Rathauses stand, war bald auch Finanzreferent Riedel wie elektrisiert von der Anschaffung des E-Autos. Denn auf lange Sicht ist ein Elektrofahrzeug deutlich günstiger: Strom ist billiger als Sprit und ein Großteil der Wartung fällt weg, die bei einem Wagen mit Verbrennungsmotor regelmäßig anfällt. "Würden heute 25 Prozent der in Nürnberg zugelassenen Fahrzeuge mit einem Elektromotor ausgestattet sein", so der Umweltreferent, "dann wäre die N-Ergie in der Lage, diesen Bedarf zu decken".

Nürnbergs Umweltreferent Peter Pluschke schwärmt von seinem E-Dienstwagen. Der Grüne möchte ihn nicht mehr missen.

Nürnbergs Umweltreferent Peter Pluschke schwärmt von seinem E-Dienstwagen. Der Grüne möchte ihn nicht mehr missen. © Foto: Michael Matejka

Pluschkes BMW i3 hat eine Reichweite von 350 Kilometer. Er ist außerdem mit einem "Range Extender" ausgerüstet. Das ist ein mit Benzin betriebener Motor, der über einen Generator Strom erzeugt und damit die Reichweite verlängert. Der Range Extender ist vor allem dafür vorgesehen, bei leerem Akku die nächste Ladestation zu erreichen.

"Der hat mir einmal aus Schwierigkeiten geholfen", erinnert sich der Umweltreferent. Als er und seine Amtskollegin aus Erlangen mit dem E-Auto nach Augsburg zu einem Termin fuhren, fand Pluschke in der Fuggerstadt keine freie, öffentliche Ladestation. "Mit dem Akkustand wären wir damals nicht mehr zurück gekommen." Als Stadt- oder Umland-Auto findet er den i3 gelungen. Doch für weitere Fahrten sei er heute noch nicht geeignet – trotz Range Extender.

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