Versteckspiel um Tempo 30

11.3.2013, 07:00 Uhr
Wie stark die SPD in Nürnberg künftig auf die flächendeckende Einführung von Tempo 30 setzt, blieb auf der Jahreshauptversammlung offen.

© Hans-Joachim Winckler Wie stark die SPD in Nürnberg künftig auf die flächendeckende Einführung von Tempo 30 setzt, blieb auf der Jahreshauptversammlung offen.

Bei der Vorstellung des Leitantrags zum Thema Wohnen, der fast einstimmig von den Delegierten angenommen wurde, betonte der SPD-Unterbezirksvorsitzende Christian Vogel, dass der soziale Wohnungsbau mehr gefördert werden müsse: „Auch Alleinerziehende, Post- und Polizeibeamte haben Anspruch auf solche Wohnungen.“ Die Befürchtung, dass die Belegung dieser Wohnungen ausschließlich mit Sozialmietern erfolge, stimme nicht. Nürnberg müsse für alle offen bleiben, und deshalb würden mehr bezahlbare Wohnungen benötigt.

In seiner Rede versuchte Vogel das Selbstbewusstsein der Delegierten zu stärken und lobte ihr ehrenamtliches Engagement. Eine Wechselstimmung in Deutschland machte der Parteivorsitzende allerdings noch nicht aus. Vogel wurde mit einem Anteil von 91,7 Prozent bei 181 abgegebenen Stimmen für die nächsten beiden Jahre in seinem Amt, das er seit zehn Jahren ausübt, bestätigt. Ausdrücklich bekannte sich Vogel zum Bau des Frankenschnellwegs als eines der zentralen Verkehrsthemen.

Ausführlich ging der SPD-Vorsitzende auf die geplante und auf Eis gelegte Nordanbindung des Flughafens an die Autobahn ein. 2010 hatte die SPD eine Denkpause durchgesetzt und 2013 sollte aufgrund von neuen Zahlen eine endgültige Entscheidung über den Bau erfolgen. Vogel hält das aber derzeit nicht für nötig, weil die Regierung von Mittelfranken den „Moratoriumsbeschluss auf unbestimmte Zeit verlängert“: Die Beseitigung des krebserregenden Löschschaums sei Voraussetzung für den Bau, doch derzeit gebe es überhaupt keine Technik, wie das zu bewerkstelligen sei. Auch müsste der Flughafen als Verursacher alles bezahlen.

Unterstützung erhielt Vogel von OB Ulrich Maly: „Egal, was wir beschließen, es hat den Charakter einer Fürbitte. Es gibt keinerlei Anzeichen, dass die Entsorgung des Gifts gesichert ist.“ Wenn aber keine technische Lösung für die Entsorgung gefunden werden könne, dann müsse man sich fragen, welche Alternativen es gebe, den Flughafen für die Zukunft fit zu kriegen. „Wir haben alle Zeit der Welt, es passiert nichts“, sagte Maly. Eine Arbeitsgruppe soll jetzt die endgültige Position der SPD zur Nordanbindung erarbeiten. Etliche Delegierte wollten schon am Samstag ein klare Position ihrer Partei für den Wahlkampf. Sie konnten sich aber nicht durchsetzen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Nordanbindung noch kommt", sagte Vogel.

Mit großer Mehrheit stimmten die Genossen für ein Maßnahmenpaket, um den Lärmschutz voranzutreiben: Gefordert wird der Einsatz etwa von Flüsterasphalt, die Reduzierung des Lastkraftverkehrs, die Ausweitung des Öffentlichen Personennahverkehrs sowie eine jährliche Lärmschutzkonferenz. Bürgermeister Horst Förther kritisierte an dem Antragsbündel, dass die Temporeduzierung fehle, um den Lärm zu mindern: „Wir haben Tempo 30 in Wohngebieten, vor Schulen und streben es auch vor Kindergärten an. Man sollte sich weitergehende Schritte vorbehalten.“ Mit Verweis auf die Grünen, die nur noch bei den Hauptverkehrsachsen von Tempo 30 absehen wollen, ermahnte Förther die SPD, bei diesem Thema nicht wieder zweiter Sieger zu sein: „Beim Tempo 30 müssen wir in die Diskussion reingehen.“

Jonas Lanig, Beisitzer im Vorstand und Mitverfasser des Antrags, antwortete auf Förthers Einwand: „Der heikelste Punkt ist die Temporeduzierung. Wir wollten das Reizwort Tempo 30 nicht eigens aufführen.“ Die Forderung nach Tempo 30 sei aber in den Vorschlägen des Antrags für verkehrsplanerische Maßnahmen enthalten. Dort heißt es vage, dass für eine Balance zwischen Verkehrsfluss und Lärmschutz an Brennpunkten gesorgt werden müsse. Von flächendeckend Tempo 30 ist nicht die Rede. Neben Vogel wurden auch seine Stellvertreter bestätigt: Angelika Weikert erhielt 80,2 Prozent der Stimmen und Thorsten Brehm 88 Prozent.

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