Vom Fremdkörper zum Wahrzeichen

24.11.2008, 00:00 Uhr
Vom Fremdkörper zum Wahrzeichen

© Fengler

Auch wenn eine gewisse fränkische Empfindsamkeit bei dieser Frage durchaus berechtigt ist, so ändert dies nichts an der bekannten Tatsache, dass eine der wichtigsten Kaiserpfalzen des Mittelalters mittlerweile der Bayerischen Schlösserverwaltung gehört. Dass die bayerischen Herrscher aber selbst hier Hand anlegten, um aus der Nürnberger Burg ein weiß-blaues Königsschloss zu machen, ist der Öffentlichkeit dagegen weitgehend verborgen. Die unter den Königen Ludwig und Maximilian durchgeführten Umbauten kamen allerdings nie zur Vollendung und wurden in der Zeit des NS-Regimes wieder rückgängig gemacht, weil man den Bau einzig in das «große Geschehen der Gegenwart» stellen wollte.

Diese und andere Episoden aus der langen Geschichte der Nürnberger Burg finden sich in einem Buch von Birgit Friedel (Die Nürnberger Burg, Michael Imhof Verlag). Das Werk wird gut nachgefragt: Zumindest in der Stadtbibliothek sind die vorhandenen Exemplare meist ausgeliehen. So groß war das Interesse der Nürnberger an ihrem zentralen Bauwerk übrigens nicht immer, weiß die Wissenschaftlerin: «In früheren Zeiten galt die Burg eher als Fremdkörper in der Stadt.» So etwa im 17. und 18. Jahrhundert, als das Gebäude in einer Art Dornröschenschlaf lag.

«Als ich 1991 angefangen habe, im Palas zu graben, dachte ich mir, schnell wieder fertig zu sein», berichtet die Archäologin über ihre erste handfeste Begegnung mit den schlummernden Geheimnissen der Burg. Doch inklusive Auswertungen zogen sich die Arbeiten dann doch mehr als drei Jahre lang hin – und die Folgen bis in die Gegenwart. Ursache für die intensive Beschäftigung war der Umstand, dass die archäologischen Arbeiten im Gegensatz zu mancher Erkenntnis standen, die bisher in der Literatur als gesichert galt.

So geht man mittlerweile davon aus, dass schon im 9. oder 10. Jahrhundert ein stattliches Gebäude an der Stelle der heutigen Burg stand. Eine dünne Ascheschicht bei den Ausgrabungen belegte, dass dieser Vorgängerbau gründlich geschleift wurde.

Wer aber waren die Erbauer dieser ursprünglichen Burg? «In Frage kommen eigentlich nur die Markgrafen von Schweinfurt, denn sie waren damals die Mächtigsten im Nordgau», sagt Birgit Friedel. In das historische Puzzle würde auch der Umstand passen, dass sich die Schweinfurter um 1003 mit Heinrich II. überwarfen, was letztendlich zur völligen Zerstörung ihrer Burgen führte.

«Friedrich Barbarossa und seine Nachfolger bauten die schon um die Mitte des 11. Jahrhunderts bestehende salische Königsburg großzügig aus», liest man auf der Internetseite der Schlösserverwaltung zur Nürnberger Kaiserburg. Birgit Friedel allerdings verweist das Bild von Barbarossa als besonders umtriebigem Burgbauer ins Reich der Legende: «In seiner Zeit war keine Bautätigkeit nachzuweisen», berichtet sie. Offenbar begnügte sich der «Rotbart» damit, die Gebäude seiner umso eifrigeren Vorgänger zu nutzen. Auf der Nürnberger Burg gibt es nach wie vor noch eine ganze Menge zu entdecken: Material genug dafür liefern die neueren Ausgrabungen im Bereich des Burghofes, die von 2001 bis 2005 durchgeführt wurden.

Ganz im «Zeichen der Burg» wird eine große Ausstellung des Germanischen Nationalmuseums stehen, für die Birgit Friedel im Moment Vorarbeiten leistet. Sie soll im Jahr 2010 stattfinden und wird dann alle Aspekte vereinen, wegen derer uns der Begriff «Burg» auch heute noch so stark fasziniert, ganz egal, welche Fahne gerade vom Turm weht.

Birgit Friedel: Die Nürnberger Burg, Michael Imhof Verlag.

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