Wenn es schon im Mai intensiv nach Glühwein duftet

7.12.2018, 21:00 Uhr
Wenn es schon im Mai intensiv nach Glühwein duftet

© Foto: Daniel Karmann/dpa

Nürnberger Glühwein ist ein winterliches Saisonprodukt. Aber bei der Gerstacker Weinkellerei Likörfabrik ist bereits im Mai die Glühweinproduktion auf Hochtouren angelaufen. Ein Blick in die Halle mit den mächtigen Edelstahltanks ist gestattet, ebenso der Blick ins Labor für die Qualitätssicherung. Doch in der Produktion des 2007 im Nürnberger Hafen bezogenen Stammsitz sind Betriebsfremde nicht so gern gesehen. Die Verfahren und Technologien sind oftmals eigen entwickelt und damit "teilweise geheim". Hier entstehe der Wettbewerbsvorteil, der auch die Zukunft des Familienunternehmens sichern soll, heißt es.

In dritter Generation

Wenn es schon im Mai intensiv nach Glühwein duftet

Stefanie Gerstacker führt die Geschicke des Familienunternehmens seit dem Jahr 2003 in dritter Generation. Großvater Friedrich Gerstacker und seine Frau hatten 1945 mit einer kleinen Branntweinfabrik in Fürth den Grundstein gelegt. Heute "sind wir Weltmarktführer", sagt sie selbstbewusst. Daher versuchen Wettbewerber gerade in der wachsenden "Glühweinnation Deutschland" ihr Marktanteile abzujagen. Gleichzeitig will sie das stark saisonal geprägte Geschäft durch zusätzliche Produkte für Frühjahr und Sommer Stück für Stück ausgleichen.

Mittlerweile ist das Glühwein-Sortiment auf zehn Varianten angewachsen. Darunter findet sich etwa der Klassiker Nürnberger Christkindles Markt-Glühwein mit seiner seit 1965 unveränderten Rezeptur. Dazu kommen unter anderem Glühwein aus Weißwein, Bio-Varianten und alkoholfreie Heißgetränke.

Eine Besonderheit ist der Sterne-Glühwein, der zeigt, wie viel Potenzial in dem scheinbar einfachen Produkt steckt. Die beiden 2-Sterne-Michelin-Köche des Nürnberger Restaurants Essigbrätlein kreierten aus der spanischen Rotweinrebsorte Tempranillo eine vegane Bio-Premium-Version. Seit der Einführung vor zwei Jahren habe sich diese Variante gut am Markt behauptet, ist zu hören.

Wenn es schon im Mai intensiv nach Glühwein duftet

© Fotos (2) Thomas Tjiang

Die Produktdifferenzierung ist Strategie der Unternehmensgruppe. Als einer der ersten Anbieter wurde vor zehn Jahren der Bio-Glühwein zertifiziert, ergänzt Gerstacker-Ehemann Jörg Toller. Der mache allerdings noch nicht einmal zehn Prozent des Geschäfts aus. Mit dem Sylter Weinhändler Sansibar habe man eine Kooperation gewonnen. Und mit der Fürther Spielzeuggruppe Simba-Dickie wurde der alkoholfreie Drachentrunk, ein Fruchtgetränk, für die Spielzeug-Drachenwelt der Safiras auf den Markt gebracht. Die Produkte sind nicht nur auf Weihnachtsmärkten im In- und Ausland etabliert. Auch Supermärkte und Discounter sowie Restaurants und Hotels werden beliefert. Man wachse mit den Kunden, so die Firmenchefin.

Das gesamte Sortiment umfasst rund 500 Artikel. Um das saisonale Übergewicht abzufedern finden sich unter anderem auch Beerenweine, Fruchtseccos, Cocktails, Sahne-Cocktails, Weinschorlen und Cidre im Programm. Auch die Trendgetränke wie Hugo oder Sprizz gehören dazu.

Wenn es schon im Mai intensiv nach Glühwein duftet

Ähnlich wie bei der Nürnberger Bratwurst oder dem Nürnberger Lebkuchen handelt es sich beim Nürnberger Glühwein ebenfalls um geographische Herkunftsangabe. Um Trittbrettfahrern auf Kosten der eigenen Markenpolitik das Leben schwer zu machen, hat das Familienunternehmen als eines der Gründungsmitglieder den Schutzverband Nürnberger Glühwein – und für das Werk im thüringischen Crossen den Schutzverband Thüringer Glühwein - ins Leben gerufen.

Im nächsten Jahr soll auf dem gegenüberliegenden Grundstück ein zusätzliches Lager entstehen. "Wir wachsen mit zehn bis 20 Prozent pro Jahr", berichtet Gerstacker. Zur Firmengruppe gehören neben der Gerstacker Weinkellerei Likörfabrik, die St. Lorenz Weinkellerei, die Weico Weinkellerei und die Nürnberger-Wein-Kellerei. Den Umsatz beziffert sie in fränkischer Zurückhaltung mit einem "im oberen zweistelligen Millionenbereich".

Am Standort Nürnberg arbeiten 76 Mitarbeiter, im thüringischen Crossen sind es noch einmal 37. Außerdem werden neun Azubis unter anderem zum Lebensmitteltechniker, Industriemechaniker sowie zum Maschinen- und Anlageführer ausgebildet. Der Exportanteil liegt bei gut 25 Prozent. Europa ist der größte Absatzmarkt, gefolgt von den USA, die von der Ostküste bis zur Westküste beliefert werden. Weitere Abnehmer finden sich in Russland, Südkorea, Japan und im südamerikanischen Ecuador.

Keine Kommentare