Wenn Frauen ihre Männer terrorisieren

13.12.2008, 00:00 Uhr
Wenn Frauen ihre Männer terrorisieren

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Die Kriminalhauptkommissarin Cora Miguletz erklärt, dass unter «häusliche Gewalt« sowohl die Straftatbestände Körperverletzung als auch Sachbeschädigung, Beleidigung und üble Nachrede fallen. Obwohl ihr Titel es nicht andeutet, ist die Beauftragte der Polizei für Frauen und Kinder auch für Männer zuständig, die zu Hause Gewalt erfahren. Dass dies öfter vorkommt, als man denkt, zeigt die Studie «Gewalt gegen Männer« des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Bereits jeder vierte Mann hat mindestens einmal körperliche Gewalt durch seine Partnerin erlebt.

Die Erfahrungen der Befragten reichen von «leicht geohrfeigt« über «gebissen oder gekratzt« bis hin zu «schmerzhaft getreten, gestoßen oder hart angefasst«. Neben körperlicher Gewalt erfahren Männer zu Hause auch psychische und sexualisierte Gewalt. Acht Prozent der Befragten haben eine Partnerin, die ihre Post, Anrufe oder E-Mails kontrolliert. Etwa zwei Prozent der Männer berichten davon, dass ihre Partnerin sie zu sexuellen Handlungen gedrängt habe, die sie selbst nicht wollten.

«Die Dunkelziffer der misshandelten Männer ist vermutlich weitaus höher. Das Problem ist nur, dass sie sich nicht trauen, damit an die Öffentlichkeit zu gehen«, berichtet Cora Miguletz. Im Grunde sei das Verhalten ähnlich wie bei Frauen, die Gewalt erfahren haben, so die Kriminalhauptkommissarin. «Die Männer haben Angst, im Bekanntenkreis auf taube Ohren zu stoßen. Vielleicht können sie es auch nicht begreifen, dass die geliebte Partnerin plötzlich so handelt. Wir haben es hier natürlich auch mit einem extrem tabuisierten Thema zu tun - wer glaubt einem da schon?«

«Stiefkind der Gesellschaft

Dass dieses Thema ein Stiefkind der Gesellschaft ist, findet auch Ralf Dollweber vom Männerforum Nürnberg: «Man will nicht sehen, dass Männer auch Opfer sein können. Gegen diese Schieflage wollen wir im Forum angehen.« Dollweber kritisiert, dass es in Nürnberg keine Hilfsangebote für Männer gibt. Auch die Tatsache, dass der Ansprechpartner bei der Polizei eine Frau ist, stört ihn: «Das schreckt Männer zusätzlich ab.«

Was kann man also tun, um den Betroffenen zu helfen? Die Lösung könnte ein «Männerhaus« sein, wie es eines bereits in Oldenburg gibt. Rolf Weinert von der Männerwohnhilfe e.V. präsentierte dieses Projekt kürzlich im Männerforum: Sein Verein stellt Männern in häuslichen Krisensituationen eine komplett eingerichtete Dreizimmerwohnung zur Verfügung. Vom Fernseher über Handtücher bis hin zum DSL-Anschluss ist alles da, was man braucht. «So wollen wir ihnen eine räumliche Trennung ermöglichen - ob sie nun rausgeworfen wurden oder ob sie sich eine Auszeit von einer schwierigen Beziehung nehmen wollen«, erklärt Weinert.

Optimale Auslastung

Für 70 Euro pro Woche können dort entweder zwei Männer oder ein Mann mit zwei Kindern wohnen. Bleiben dürfen sie bis zu drei Monate. «Wir haben eine Auslastung von 100 Prozent«, berichtet Weinert, «damit hätten wir vorher nicht gerechnet. Wir wussten ja gar nicht, ob sich überhaupt Leute melden.«

Ralf Dollweber vom Männerforum glaubt, dass auch in Nürnberg der Bedarf für ein solches Männerhaus vorhanden ist: «Im Rahmen eines Vereins ist das hier aber nicht denkbar, dafür fehlen uns die Ehrenamtlichen, und dafür ist Nürnberg zu groß. Das müsste man professionell aufziehen«. Auch Cora Miguletz von der Nürnberger Polizei spricht sich für eine Verstärkung der Hilfsangebote aus: «Die Männer müssen jetzt das Gleiche tun, wie die Frauen vor 20 Jahren - sie müssen sich eine Lobby schaffen. Doch dazu ist es erst einmal notwendig, dass man sich eingesteht, dass einem so etwas passieren kann - auch als Mann. Erst dann kann sich das Rollenverständnis ändern.«