Wirbel in Bayern: "Uber drängt alle aus dem Markt"

10.11.2019, 05:28 Uhr
Wirbel in Bayern:

© Foto: Wolfram Kastl/dpa

Für Marius ist es keine Frage. Er finde Uber geil, sagt der 24-Jährige in die Runde und zeigt auf die App. 15 Euro soll die Fahrt von einem Münchner Randbezirk in die Innenstadt kosten, mit dem Taxi wäre es locker das Doppelte. Das Auto sei auch super, eine Limousine der Mittelklasse. "Was will man mehr?", fragt Marius.

Als er drei Stunden später tatsächlich einen Uber ordert, ist der Mittelklassewagen allerdings zu einem klapprigen Kleinwagen geschrumpft. Der Fahrpreis hat sich dafür fast verdreifacht. Marius ist das ein wenig peinlich vor seinen Freunden. Eingestiegen ist er trotzdem. Kneifen gilt nicht, auch nicht für den Preis.

Wirbel in Bayern:

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Uber, der amerikanische Dienstleister, folgt den Marktregeln. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis; keiner der Fahrer muss eine Fahrt annehmen, ist sie zu unattraktiv, klickt er sie weg. Wer sich auf Uber verlässt, ist zu bestimmten Zeiten verlassen. "Ich sehe das äußerst kritisch", sagt Tessa Ganserer, Landtagsabgeordnete der Grünen aus Nürnberg. Für sie zählt das Taxi zum öffentlichen Nahverkehr und damit zur Daseinsvorsorge. Wenn nachts etwa keine Busse und Bahnen mehr fahren, insbesondere in den Außenbezirken, sei das Taxi häufig die einzige Transportmöglichkeit.

"Hart an der Grenze der Legalität"

Uber aber unterwandere das System; für seine Wagen bestehe keine Beförderungspflicht, die Preise seien nicht verbindlich, der Taxischein für die Fahrer ebenfalls nicht. "Uber handelt hart an der Grenze der Legalität", sagt Ganserer. Immer wieder verliert das Unternehmen vor Gericht, jüngst etwa in Köln, weil Uber mit seiner App die gesetzliche Vorgabe umgeht, nach der Kunden einen Wagen nur über die jeweilige Taxizentrale ordern dürfen.

 

In der Stadt selbst fällt das zunächst gar nicht auf. Taxis gibt es
in der Stadt genug, knapp 4000 sind es derzeit, eins auf 400 Einwohner. Deutschlandrekord. Doch jetzt wagt Uber den Schritt weit
hinaus ins Münchner Umland. "Marktforschung" nennen die Uber-Chefs, was sie dort planen. Mit Dumpingpreisen wollen sie die Strecke zwischen München und dem östlich gelegenen Kirchheim bedienen und dabei weit unter dem Marktpreis bleiben. 15 Euro für die Stadtfahrt, fünf Euro für eine ins Umland – da kommt keiner sonst mit.

Dumpingpreise und der freie Markt

Ganserer hält das für eine gefährliche Entwicklung. "Uber drängt damit alle anderen aus dem Markt", sagt sie. Tatsächlich warnen Taxi-Unternehmer im Münchner Umland bereits, dass sie ihren Fahrzeugbestand reduzieren müssen, weil Uber ihnen die attraktiven Fahrten wegschnappe. Dabei brauchen sie die, damit sich der Laden auch in den dürren Zeiten trägt, wenn die Menschen nur noch selten ein Taxi ordern.

Tessa Ganserer ist heilfroh, dass Uber bislang in Nürnberg noch nicht eingestiegen ist. "Das ist ein internationaler Konzern, der nur in Shareholder-Value denkt", sagt sie. Das System sei bekannt, nicht nur von Uber. "Die Konzerne steigen mit Dumpingpreisen in den Markt ein, mischen ihn auf. Und ziehen dann später richtig an, wenn die Konkurrenz in die Knie gegangen ist."

"Echte Daseinsvorsorge eben"

"Wir dürfen den ÖPNV nicht dem freien Mark überlassen", warnt die Nürnberger Grünen-Abgeordnete. Ganserer wirbt für andere Konzepte, für neue Ansätze. Der Nahverkehr müsse neu gedacht werden, sagt sie. "Wir brauchen flexiblere Lösungen, etwa Anruf-Sammeltaxis." Die gibt es in anderen Städten und Gemeinden durchaus. In Freyung im Bayerischen Wald etwa fährt der Freyfahrt-Bus, den der Kunde per App vor die Haustür bestellen kann. In Leipzig können sich Kunden mit ihrem Ticket per Flexa-Bus zur gerade günstigsten Haltestelle bringen lassen.

Für Tessa Ganserer ist das die Zukunft, weil dahinter Organisationen stehen, die den Betrieb nach den Gesetzen regeln und ein Defizit in Kauf nehmen: "Echte Daseinsvorsorge eben." Bei Uber sieht sie das nicht. Sollte sich der Konzern für Nürnberg entscheiden, Ganserer wird ihm mit aller Macht entgegentreten.

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