Zu teuer: Hohe Kosten verursachen Baustopps in Nürnberg

24.7.2018, 05:57 Uhr
Aktuelle Bauprojekte in Nürnberg verzögern sich weiter, da es keine Firmen gibt, die die Aufträge übernehmen wollen. Ein positives Beispiel einer Baustelle, auf der fleißig gearbeitet wird, ist dagegen der Augustinerhof auf dem Bild.

© Jo Seuß Aktuelle Bauprojekte in Nürnberg verzögern sich weiter, da es keine Firmen gibt, die die Aufträge übernehmen wollen. Ein positives Beispiel einer Baustelle, auf der fleißig gearbeitet wird, ist dagegen der Augustinerhof auf dem Bild.

Schreibt die Stadt aus, kommen nur wenige Angebote. "Firmen schreiben manchmal lediglich ein Angebot, damit ihr Name bei uns registriert wird, wollen den aktuellen Auftrag aber gar nicht und bieten deshalb einen vollkommen überhöhten Preis an", sagt Baureferent Daniel Ulrich.

In seinem Referat haben sie deshalb oft Mühe und Not, die Arbeiten an den Mann zu bringen. "Das Problem ist, dass der Markt zu ist, die Baufirmen sind bis zur Oberkante voll. Im letzten Bau- und Vergabeausschuss war der städtischen Baureferent daher auch gezwungen, Verzögerungen beim Umbau des Künstlerhauses zu verkünden.

Der letzte Teil der Generalsanierung hätte Ende August starten sollen. Für zwei Maßnahmen hat die Stadt aber nur überteuerte Angebote erhalten und muss diese nun noch einmal ausschreiben. Mit knapp 26 Millionen Euro hatte man den dritten und letzten Bauabschnitt kalkuliert, die Angebote überschritten die geplanten Ausgaben teilweise um mehr als 50 Prozent. "Wir heben deshalb die unwirtschaftlichen Angebote wieder auf und schreiben neu aus", sagt Ulrich.

Die Konsequenz: Die Sanierung wird sechs Monate länger dauern als ursprünglich geplant, im Winter 2021 sollen die Arbeiten dann endgültig abgeschlossen sein – sofern sich in der zweiten Ausschreibungsrunde Firmen mit akzeptablen Preisen um die Ausführung bewerben. Das ist nicht nur für die Stadt ärgerlich, auch die Nutzer des Künstlerhauses müssen in ihren Übergangsräumen länger ausharren als ursprünglich geplant.

"Das ist nicht schön, aber mit Mondpreisen leider auch nicht zu ändern", kommentiert Ulrich. Angebote, die das Budget um zehn, manchmal auch 20 Prozent übersteigen, seien mittlerweile an der Tagesordnung und man habe sich damit arrangiert, "aber alles darüber zwingt uns, die Arbeiten neu zu vergeben", so Ulrich.

Dass das am Ende aber durchaus auch in die Hose gehen kann, dafür hat Bürgermeister und Sör-Chef Christian Vogel ein aktuelles Beispiel. Denn auch beim städtischen Servicebetrieb kämpft man mit den Preisen und der aktuellen Konjunktur. "Wo sich noch vor fünf Jahren zehn oder 15 Firmen gemeldet haben, erhalten wir heute gerade einmal noch zwei bis vier Angebote", sagt Vogel. So auch bei der Sanierung der Tullnau-Terrassen im Osten der Stadt.

Der bislang wenig bekannte Tullnau-Park an der Ostendstraße beim Wöhrder See wird derzeit aufgehübscht und aus einem etwas vergessenen Winkel der Stadt soll ein grünes Schmuckstück werden. Im Park befinden sich die historischen Steinterrassen, die in diesem Zuge mit saniert werden sollen. Sör verfasste eine erste Ausschreibung, gemeldet hatten sich wenige Firmen und deren Angebote lagen alle mindestens 50 Prozent über dem einkalkulierten Budget.

Purer Luxus für die Firmen

"Wir haben uns deshalb entschieden, erneut auszuschreiben", sagt Vogel. Im zweiten Durchgang trudelten dann allerdings Angebote ein, die im Vergleich zu den ersten noch einmal 30 Prozent teurer waren. "Da steht man dann da und liegt schon 80 Prozent über dem, was man eigentlich ausgeben wollte", sagt Vogel. Bauprojekte seien bei der derzeitigen Konjunktur deshalb oft ein Husarenritt. "Wenn wir die Arbeiten ausführen lassen, obwohl sie deutlich mehr kosten, als wir ausgeben wollen und können, gibt es Ärger, schreiben wir neu aus, kann es passieren, dass wir nichts gewinnen, sondern am Ende noch mal mehr drauflegen müssen."

Was für die Stadt ein Ärgernis ist, ist für die Firmen selbst in vielen Fällen purer Luxus. Laut sagen möchte es keiner, aber vom Fliesenleger bis zur Kanalsanierungsfirma begründen die Unternehmer ihre Preise mit vollen Auftragsbüchern. "Vor einigen Jahren gab es einen harten Kampf um eine Ausschreibung. Oft sind wir mit dem Preis sogar bis an eine Grenze, an der es schon fast unwirtschaftlich für uns war, die Arbeit auszuführen", sagt der Chef einer Firma, die sich seit vielen Jahren an städtischen Ausschreibungen beteiligt.

Das Blatt habe sich nun gewendet, bereits im Januar sei das Auftragsbuch so gut gefüllt, dass man sich nur noch sporadisch für städtische Aufträge bewerbe, "um dort als Firma weiter wahrgenommen zu werden." Ernsthaft interessiert sei er an den Aufträgen oftmals nicht, auch weil die Baustellen komplizierter seien als andere.

Das bestätigt Sör-Chef Christian Vogel. "Wir wissen, dass für viele Firmen auch das Drumherum unattraktiv ist. Die können nicht einfach mit ihrer Arbeit loslegen, sondern müssen beispielsweise erst einmal Straßen sperren oder andere vorbereitende Maßnahmen treffen." Teilweise erhielten Firmen sogar Zuschläge, die dann vollkommen verzweifelt anriefen, und mitteilten, dass sie "den Auftrag doch eigentlich gar nicht haben wollen." "Die finden dann Mittel und Wege da wieder rauszukommen", weiß Vogel.

Hafenbrücken bereiten Sorgen

Lösen ließe sich das ganze Problem freilich am einfachsten, wenn man Planung und Ausführung selbst stemmen könnte. "Aber auch das ist derzeit utopisch", sagt Vogel. Die Fachkräfte, die es dazu bräuchte, habe man bei der Stadt einfach nicht. "Und die kommen auch nicht zu uns, weil das Planungsbüro XY einem Ingenieur deutlich mehr zahlt als wir es können." So bleibe der Stadt nichts anderes übrig, als sich mit der Marktlage zu arrangieren.

Ein großer Brocken steht der Stadt wie berichtet in Sachen Hafenbrücken bevor. Auch hier muss, wie Sör-Werkleiter Marco Daume bestätigt, teilweise neu ausgeschrieben werden. Eine Verzögerung der Maßnahme, die Anfang 2020 realisiert werden soll, könne derzeit immerhin noch durch geschicktes Umplanen vermieden werden – die einkalkulierten Kosten wird man aber wohl auch hier nicht ganz halten können. "Die Auslastung der Firmen wirkt sich auf den Preis aus und die Konjunktur wird auch in den nächsten Jahren im oberen Bereich bleiben", sagte Daume im letzten Sör-Werkausschuss.

Daran gewöhnt, zehn bis 15 Prozent drauflegen zu müssen, hat man sich bei der Stadt aber ja längst.

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