Heimtückische Tat

Urteil: Zwei Menschen aus Eifersucht getötet - Lebenslang für Nürnberger Doppelmörder

9.12.2021, 14:24 Uhr
Die Fußfesseln des Ibrahim D. - er trägt sie im Gerichtssaal - symbolisieren den langen Freiheitsentzug, der den 67-Jährigen erwartet.

© Daniel Karmann, dpa Die Fußfesseln des Ibrahim D. - er trägt sie im Gerichtssaal - symbolisieren den langen Freiheitsentzug, der den 67-Jährigen erwartet.

Für Mord sieht das Strafgesetzbuch nur eine einzige Strafe vor: lebenslang. Als Ibrahim D. am 21. November 2020 mitten im Wohngebiet in Nürnberg-Gebersdorf erst seine Ehefrau Sevda D. und dann den gemeinsamen Bekannten Erkan J. erschoss, machte er sich zum Herren über Leben und Tod. Er war gekränkt und eifersüchtig. Er handelte heimtückisch - und aus niederen Beweggründen.

Er hatte zu Unrecht der von ihm getrennt lebenden Sevda D. ein Verhältnis mit Erkan J. (die Namen der Betroffenen sind aus Gründen des Opferschutzes geändert) ein Verhältnis unterstellt. Er hatte sich einen Nebenbuhler nur eingebildet. Ein Verhältnis - obgleich die Ehe nur noch auf dem Papier bestand - ist aus seiner Sicht eine Ehrverletzung.

Nun geht der 67-Jährige sehr lange in Haft. Am Ende einer tagelangen Beweisaufnahme sind die Richter von seiner Schuld überzeugt, sogar von seiner besonders schweren Schuld.

Bewährung nach 15 Jahren möglich

Was das heißt? Frühestens nach 15 Jahren kann eine lebenslange Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Wohlgemerkt, die Strafvollstreckungskammern können diese Entscheidung treffen. Doch Milde ist selten: Rein statistisch bedeutet eine lebenslange Haftstrafe in Bayern fast 22 Jahre hinter Gittern.

Ibrahim D. hört das Urteil ruhig und regungslos an, was es für ihn persönlich bedeutet, kann sich der 67-Jährige ausrechnen. Die Strafkammer, bestehend aus drei Berufsrichtern und zwei Schöffen, erkennt auch seine besonders schwere Schuld - und damit kann er nicht mit einer vorzeitigen Entlassung rechnen. Ihn erwarten 23 bis 25 Jahre Haft.

Geld für die Hinterbliebenen

Dazu kommen fast 50.000 Euro, die er an die Hinterbliebenen des Erkan J. zahlen muss: Grundsätzlich müssen im deutschen Prozessrecht Ansprüche aus Straftaten in eigenen zivilgerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden. Doch auf Antrag der Hinterbliebenen spricht die Schwurgerichtskammer die Summe im Wege des Adhäsionsverfahrens zu.

Sevda D. und Erkan J. waren völlig arg- und wehrlos, sie ahnten nicht, dass Ibrahim D. plante, sie zu töten. "Der Angeklagte nutzte bewusst aus, dass keiner der Geschädigten mit einem Angriff rechnete und ihm nichts, aber auch gar nichts, entgegensetzen konnte", heißt es in der Urteilsbegründung.

Nebenbuhler nur eingebildet

Ibrahim D. war an jenem Samstagvormittag im November 2020 am Einkaufszentrum Röthenbach in das Taxi des Erkan J. gestiegen, er hatte sich nach Gebersdorf kutschieren lassen und bat seine Noch-Ehefrau telefonisch aus dem Haus. Vor ihrem Anwesen in der Bibertstraße erschoss er sie und den vermeintlichen Nebenbuhler - und als sein jüngster Sohn, aufgeschreckt von den Schüssen, schockiert auf die Straße rannte, kommentierte er: "Ich habe es für euch getan."

Sein Weltbild gestattete der Noch-Ehefrau keinen Freund

Über seine Verteidiger hatte Ibrahim D. behauptet, er habe zu seiner Frau "keine emotionale Bindung" mehr gehabt. Er sei nur noch mit ihr verbunden gewesen, weil er in ihrem Taxiunternehmen auf 450-Euro-Basis mitgearbeitet hatte.

Doch die Beweisaufnahme ergab: Er hielt Erkan J., einen langjährigen Bekannten, 62 Jahre, der ebenfalls Taxi fuhr, für ihren neuen Freund. Und dies völlig zu Unrecht, so heißt es in der Urteilsbegründung.

D. habe es aufgrund seines Weltbildes nicht akzeptieren wollen, dass seine Noch-Ehefrau einen Freund hat. Aus seiner Sicht hatte Sevda D. "die Ehre der Familie beschmutzt". Diese Ansicht hatte der Angeklagte seinen Söhnen auch in Briefen aus der U-Haft mitgeteilt.

Von einer Tat im Affekt könne keine Rede sein, heißt es in der Urteilsbegründung. Der Angeklagte habe nach seinen abgegebenen Schüssen ruhig auf die Polizei gewartet. Erst als er im Streifenwagen saß, wurde er weinerlich. „Da hat er wohl eher um sich selbst geweint, weil er gemerkt hat, dass nun auch sein Leben zerstört ist", so die Vorsitzende Richterin.