Nürnberg will Millionen in Kultur und Freizeit investieren

28.4.2021, 05:45 Uhr
Im Innenhof der Kongresshalle am Nürnberger Dutzendteich könnte ein Interimsbau während der Umbauphase des Opernhauses entstehen. So wäre eine Spielstätte geschaffen. In den Rundbau sollen Künstlerateliers einziehen.

© Oliver Acker, NNZ Im Innenhof der Kongresshalle am Nürnberger Dutzendteich könnte ein Interimsbau während der Umbauphase des Opernhauses entstehen. So wäre eine Spielstätte geschaffen. In den Rundbau sollen Künstlerateliers einziehen.

Schon lange reden sich die Stadträte die Köpfe heiß, wie man mit dem Opernhaus verfährt, das dem Brandschutz nicht mehr genügt, wann man die betagte Meistersingerhalle ertüchtigen lässt und ob man sich ein "Haus des Spiel(en)s" im sanierungsbedürftigen Pellerhaus überhaupt leisten kann.

Der sehnlichst gewünschte Konzerthausbau ist bereits vergangenem Herbst dem Rotstift von Oberbürgermeister Marcus König und Kulturbürgermeisterin Julia Lehner (beide CSU) zum Opfer gefallen. Den 200-Millionen-Kubus, der internationale Orchester anziehen sollte, kann sich die Stadt trotz staatlicher Zuschüsse nicht leisten, denn die Kommune ächzt unter einer immensen Schuldenlast von 1,76 Milliarden Euro.


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Über Wochen haben sich nun die beiden Mehrheitsfraktionen CSU und SPD unter ihren Fraktionschef Andreas Krieglstein und Thorsten Brehm mit Kämmerer Harald Riedel in Klausur begeben, um das Schicksal der weiteren Großprojekte auszuloten, die Nürnberg schultern muss. Denn bauliche Herausforderungen zwingen zum Handeln.


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Herausgekommen ist Überraschendes: Es gebe kein "Streichkonzert und kein Sparprogramm", verkündeten jetzt Brehm und Krieglstein gegenüber nordbayern.de, zudem solle kein Objekt privatisiert werden. Man wolle "gemeinsam Verantwortung für die Zukunft übernehmen" und dafür auch die städtischen Töchter mit einbeziehen, wo es möglich ist.

Und auf noch jemanden ist jetzt Nürnberg dringend angewiesen: Auf den Freistaat Bayern, der in einigen Fällen als Geldgeber mit einspringen soll. Man werde in München zwar vermutlich nicht mit offenen Armen empfangen, mutmaßte Thorsten Brehm, doch man wolle dort mit Nachdruck für die Vorhaben kämpfen. Schließlich sei Ministerpräsident Markus Söder ein Nürnberger.

Die strategischen Bauvorhaben sehen im Einzelnen so aus:

Das Opernhaus

Das Opernhaus Nürnberg muss total saniert werden. Vor allem der Brandschutz ist inzwischen nicht mehr tauglich. Geplant ist, auch den Vorplatz neu zu gestalten.

Das Opernhaus Nürnberg muss total saniert werden. Vor allem der Brandschutz ist inzwischen nicht mehr tauglich. Geplant ist, auch den Vorplatz neu zu gestalten. © Eduard Weigert, NN

Die dringend notwendige Generalsanierung mit Neu- und Erweiterungsbauten ist "nicht mit städtischen Geldern zu bewerkstelligen", betonte CSU-Chef Andreas Krieglstein. Auch der Außenbereich soll als Brücke zwischen Alt- und Südstadt neu gestaltet werden. Deshalb wolle man den Freistaat bitten, die 100 Jahre alte Immobilie in die "Stiftung Staatstheater" zu überführen.

Die Stiftung ist der Trägerverein für die Spielstätte und wird von Stadt und Freistaat je zur Hälfte getragen. Somit müsste sich das Land auch an den Kosten für die Gebäude in Millionenhöhe zur Hälfte beteiligen. Die Sanierungsarbeiten ziehen sich voraussichtlich bis ins Jahr 2033.


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Die Interimsspielstätte für das Opernhaus

Für die Zeit des Umbaus brauchen die Ensembles bis 2023 ein Ausweichquartier. Als mögliche Variante erscheint derzeit eine Lösung im Innenhof der Kongresshalle. Nicht nur wegen der "attraktiven Kulisse", wie es in den beiden Parteien heißt.

Denn in dem geschwungenen Bau haben bereits die Nürnberger Symphoniker ihren Musiksaal, weitere Räume könnten genutzt werden.

Die Kongresshalle

Auf einem Viertel der leerstehenden Fläche soll die freie Kulturszene unterkommen. Rund 20.000 Quadratmeter stünden für Ateliers und Kunstproduktion zur Verfügung, schon 2025 könnte Leben in den Rundbau einziehen. Auch hier hofft man auf eine Finanzspritze aus München bei der Umsetzung dieses neuen Kunst-Modells.

Die Meistersingerhalle

Die Meistersingerhalle stammt aus den 1960er Jahren. Sie muss innen wie außen auf den neuesten Stand gebracht werden.

Die Meistersingerhalle stammt aus den 1960er Jahren. Sie muss innen wie außen auf den neuesten Stand gebracht werden. © David-Wolfgang Ebener, NN

Der ehrwürdige Bau von Harald Loebermann aus den 1960er Jahren muss innen wie außen auf den neusten Stand der Technik gebracht werden.

Nachdem die Stadt auf absehbare Zeit keinen Konzertsaal realisiert, könne der Freistaat seine dafür zugesagte finanzielle Förderung in die Meistersingerhalle investieren, heißt es bei den Fraktionschefs.

Die Feuerwache 1

Die alte Feuerwache 1 an der Reutersbrunnenstraße hat ausgedient. Für die 9000 Quadratmeter soll nach den Wünschen der SPD rasch ein Zwischennutzungs- und Nachfolgekonzept ausgearbeitet werden. Bis 2026 soll das Nachbarschaftshaus Gostenhof hier einquartiert werden, weil man dort ebenfalls sanieren muss.

Was danach passiert ist offen, geht es nach Thorsten Brehm, entsteht ein neuer "kultureller Leuchtturm". Mit Plänen und Ideen von Bürgern und Kulturschaffenden sei man bereits überrannt worden.

Das Pellerhaus

Im Pellerhaus fallen die Würfel: Wenn eine städtische Tochter Geld gibt, kann das Gebäude zum „Haus des Spiels“ unfunktioniert werden.

Im Pellerhaus fallen die Würfel: Wenn eine städtische Tochter Geld gibt, kann das Gebäude zum „Haus des Spiels“ unfunktioniert werden. © Foto: Roland Fengler

Das Gebäude muss generalsaniert werden, dafür sollen Mittel aus dem Denkmalschutz und der Städtebauförderung angezapft werden. Ab 2024 könnte hier das "Haus des Spiel(en)s entstehen. Damit das Wunschkind verwirklicht werden kann, braucht es privates Geld.

Ein "Institut aus dem Konzern der Stadt" soll hier als Investor einspringen, Namen wollten Brehm und Krieglstein nicht nennen. Eventuell könne das Haus auch in Erbpacht überlassen werden.

Das Museum Industriekultur

Die Erneuerungsarbeiten an der Äußeren Sulzbacher Straße sind bereits im Gang. 2024 sollen dort wieder Besucher empfangen werden. Allerdings soll der inhaltliche Schwerpunkt dann auf der Geschichte Nürnbergs als Industriestadt liegen und neue konzeptionelle Akzente gesetzt werden.

Die Burg Hoheneck

Die Burg, die seit 1953 der Stadt Nürnberg gehört und Jugendbildungsstätte für Jugendliche aus ganz Mittelfranken ist, muss für rund 40 Millionen Euro auf den neuzeitlichen Stand gebracht werden. Jetzt sollen Gespräche mit dem Bezirk Mittelfranken und mit dem Freistaat zwecks Beteiligung geführt werden.

"Eine Veräußerung kommt nicht in Frage", sagte Thorsten Brehm. Doch weil die Einrichtung Strahlkraft in die Region habe, könne es nicht sein, dass die Stadt alleine an den Kosten hängen bleibe.

Auch das Stadion will man modernisieren. Und ein neues Bürgeramt soll im boomenden Westen der Stadt entstehen, ein Wahlkampfversprechen von Thorsten Brehm im vergangenen Jahr. Doch für beide Projekte liegen noch keine Machbarkeitsanalysen vor.

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