"Für Pegnitz reicht's": Autor veröffentlicht neues Buch über seine Heimat

24.10.2019, 05:55 Uhr

© Foto: Thomas Knauber

 Was kann einer mit 52 sagen?

Sein Buch ist ein humorvoller Spaziergang durch die Erlebnisse seines Lebens. Aber kann er mit seinen gerade mal 52 Jahren so viel erzählen? Muss man dafür nicht 80 sein? Er kann. Matthias Pflaum kommt, je länger er schreibt, umso mehr in Fahrt. Immer neue skurrile Dinge fallen ihm ein. Aus der ganz frühen Kindheit. Als Taxifahrer in Pegnitz. Als verliebter Clubfan. Als Stammtischler.

Aber er wagt es natürlich nicht, Namen zu nennen. Er deutet nur an. Der Leser muss sich denken: Da ist Stadthistoriker Helmut Strobel gemeint, dort Dr. Uwe Goering, hier der Vater Bobby Pflaum, da das Café Bär und dort der "Stern". Man wünscht sich einen Detektiv, der alle Fakten aufdeckt und ein zweites Buch schreibt – Pegnitz in echt.

Unnötige intellektuelle Girlanden

Zusätzlich flicht Matthias Pflaum ab und zu und nur ein wenig intellektuelle Girlanden ein. Wenn man Lehrer ist, kriegt man so was vielleicht beim Studium mit und kann es nicht mehr abstellen. Sollte man aber. Denn das braucht es nicht. Der Normalbürger hat mehr vom Normalen.

Und Pflaum schreibt fast nur in Hauptsätzen, weil er a) irgendwann einmal nicht zum Reden kam und schon nach dem ersten Hauptsatz unterbrochen wurde. Aus Trotz rief er dann ein Gespräch nur in Hauptsätzen aus: "Für Pegnitz reicht das." Und b), weil er nahe Zürich im Hotelzimmer einen Bleistiftstummel fand, Erinnerungen hochkommen sah, diese notieren wollte und erkannte: Der Stift reicht nur für Hauptsätze.

Worüber berichtet nun dieses Buch auf 160 Seiten mit oft super witzigen Schlusssequenzen und einem genialen Beitrag, in dem der Ich-Erzähler live den Autor trifft? Pflaum widmet sich zum Beispiel einer Ami-Kaschemme Richtung Oberpfalz, wo es in seiner Jugend heiß herging mit Musik, Mädels und Fäusten.

Er beschreibt die Bankhocker am Kreisel, zerreißt eine Redakteurin in der Luft, die ihn früher, als er auf der Bühne stand, auch so zerriss. Er berichtet von einer Berliner Sekte, die ins Umland hereinschneite und ihn, den kleinen Knirps, zu Jesus trieb. Er porträtiert einen legendären Wirtshausgänger und Geldverschwender, der im Bermudadreieck von "Stern", "Bahnhofsstüberl" und "Bratwurststüberl" pendelte.

Er erkennt als das Einzige, was von Pegnitz einmal bleiben wird, die Facebookler von "Ich bin ein echter Pegnitzer!". Er besucht die Briefmarkensammler im Café Bär und das Plecher "Wunderland" (dort die Rapunzel-Szene: sehr gut). Er schildert seine Oma, die den Plastiktüten-Orden bekam und noch wusste, wie in den dreißiger Jahren ein Mädchen in der Pegnitzquelle ertrank. Pflaum erzählt lakonisch, wie sich Fremde verfahren, die mit dem Zug kommen. Sie landen überall, wo auch "Pegnitz" draufsteht oder sitzen im falschen Abteil. Er muss sie dann als Ausgleich durch die Fränkische kutschieren und erkennt: sehr schön. Er ist also doch nicht so ein armes Würstchen, das in der Provinz versauert.

Seine Hiebe gelten Gregori (es ist ein Kinderzug "durch die Wüste aus Stein und Beton") sowie dem alten Vogelpark, den Pegnitzer Neonazis und dem Club: "Ich glaub' an Glub, du glaubst an Glub und wennst net an Glub glaubst, dann werst so lang gfozt, bist a an Glub glaubst." Auch die "Busenstraffcreme" aus Tschechien ist dabei und der Schorsch. "Der zeigte einmal aus dem Taxi auf den Gehsteig, sagte trocken: ,Schau, da läuft der Zwillingsbumser‘ und meinte damit einen stadtbekannten ,Verkehrsunfall‘ beim Fremdgehen."

Blendend geschrieben ist auch Pflaums Besuch im Bayreuther Zollamt, wo ihn eine Schulfreundin von einst burschikos abblitzen lässt, zack-zack und "Tschüssikowski".

Illustriert hat das Ganze sein Bruder Stephan, ein genauso witziger Mann. Aber man muss seinen Zeichenstil mögen, der immer – bis auf eine winzige Ausnahme – die Menschen zu Tieren macht. Und etwa Geier aufs Krankenhaus setzt, harrend all der Fehloperationen.

InfoMatthias Pflaum: Für Pegnitz reicht‘s. Büro Wilhelm Verlag, Amberg, 16,80 Euro.

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