Für mehr Lohn

Erster Brauereistreik seit fast 500 Jahren: Regensburger Traditionsbetrieb stand still

Georgios Tsakiridis

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6.6.2023, 18:04 Uhr
Die Brauerei Kneitinger ist eine bayerische Brauerei am Arnulfsplatz in Regensburg. Heute wird das Unternehmen von einer gemeinnützigen Stiftung geführt.

© IMAGO/Manfred Segerer Die Brauerei Kneitinger ist eine bayerische Brauerei am Arnulfsplatz in Regensburg. Heute wird das Unternehmen von einer gemeinnützigen Stiftung geführt.

Seit etwa 1530 soll die Brauerei Kneitinger - gegründet in der Regensburger Kreuzgasse - bestehen, seitdem wird hier Bier gebraut. Am Montag erlebte der Betrieb in seiner langen Historie ein spektakuläres Novum: Die Stiftungsbrauerei stand still. Nicht aufgrund technischer Probleme, sondern weil die Belegschaft streikte - zum ersten Mal in der Geschichte des mittelständischen Braubetriebs. Ursache ist ein seit Monaten schwelender Streit über Gehälter, der jetzt in dem Stillstand mündet.

Bereits seit Februar laufen die Verhandlungen um einen neuen Haustarif, drei Verhandlungsrunden hat es bislang gegeben. Jetzt war bei den Beschäftigten offenbar die - oder genauer gesagt das - Maß voll. Nach gescheiterten Gesprächen hatte die Gewerkschaft "Nahrung-Genuss-Gaststätten" für Montag zum ersten Warnstreik der fast 500-jährigen Brauereigeschichte aufgerufen. Gefolgt ist diesem Ruf nach Informationen des Portals "regensburg-digital" die gesamte Belegschaft, nämlich 19 Beschäftigte von Brauerei und Logistik.

Der Betrieb ist vor Jahren aus dem Flächentarifvertrag der bayerischen Mittelstandsbrauereien ausgestiegen. Der Haustarif liegt laut dem Bericht um 182,50 Euro pro Monat unter der Tarifmarke. Das Angebot: eine Erhöhung um 5 Prozent für 2023 und um weitere 4 Prozent ab 2024, plus Inflationsausgleichsprämie von 3.000 Euro. Die Gewerkschaft fordert dagegen 6 Prozent mehr bei der ersten Stufe. Im Klartext: es geht um ein Prozent mehr Gehalt. Als "puren Populismus" beschreibt der überraschte Geschäftsführer Martin Sperger den Streik laut Medienberichten.

Gegenüber dem Lokalsender "TVA" erklärte Sperger, er verstehe das Anliegen der Angestellten, habe aber auch eine Brauerei zu führen, die sich aktuell "am Anschlag" befände. Am 20. Juni sind wieder Verhandlungsgespräche angesetzt. Sollte dann keine Einigung stattfinden, könnten weitere Streiktage drohen. Das letzte Wort hat allerdings nicht der Geschäftsführer, sondern der vierköpfige Stiftungsrat der Sophie-Kneitinger-Stiftung, in deren Besitz sich Brauerei seit 1991 befindet.

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