"A Tale Of Golden Keys": Erfolgreicher Indie-Pop aus Roth und Schwabach

27.4.2021, 06:04 Uhr
Hannes Neunhoeffer, Florian Dzialjo und Jonas Hauselt sind "A Tale of Golden Keys". Ihre Musik stammt aus einem in die Jahre gekommenen Haus in Eckersmühlen.

© Mari Ferrari, NN Hannes Neunhoeffer, Florian Dzialjo und Jonas Hauselt sind "A Tale of Golden Keys". Ihre Musik stammt aus einem in die Jahre gekommenen Haus in Eckersmühlen.

Im Nürnberger „Club Stereo“ hört man es besonders gerne, das „Märchen von den goldenen Schlüsseln“. Denn dort ist „A Tale Of Golden Keys“ (ATOGK) quasi erwachsen geworden. Die Band, die in Eckersmühlen ihren musikalischen Stützpunkt hat und vor elf Jahren furios die NN-Rockbühne gewann, wird in Kennerkreisen sehr geschätzt. Ja, Clubbetreiber David Lodhi attestiert den drei Jungs aus Roth und Schwabach sogar das Potenzial, es zu einer „wahnsinnig erfolgreichen Popband“ zu bringen.


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Aber das Trio – bestehend aus Hannes Neunhoeffer (Gesang/Gitarre), Florian Dziajlo (Bass/Synthesizer) und Jonas Hauselt (Schlagzeug) – geht die Sache eher gemächlich an. Man(n) verdient seine Brötchen als Psychologe, Lehrer und Sozialpädagoge - krisensicher. Doch was, wenn der Durchbruch nach Corona gelingen sollte? Ein Gespräch mit Jonas Hauselt (30) über das dritte Bandalbum „The Only Thing That´s Real“ und realistische Einschätzungen über große Träume...

Okay Jonas, frau muss es zugeben: Wegen euch kann´s einem schon passieren, dass sich plötzlich die Nackenhärchen stellen, weil da dieser anschmiegsam-melancholische Sound aus dem Radio flutet. Gänsehautfeeling habt ihr drauf. Aber woher kommt eure geballte Melancholie?

Das ist eben unser Musikgeschmack. Wir ticken alle ganz ähnlich, mögen Bands wie „The National“ oder „The Notwist“ und sehen uns nicht in erster Linie als Combo, die die Leute zu einem ausgelassenen Tänzchen animiert. Da fehlt uns wohl ein bisschen die Rampensaumäßigkeit. Bleibt also nur die Melancholie.

Liegt´s vielleicht auch an dem Ort, wo eure Songs entstehen? Es ist das alte Haus deiner Oma in Eckersmühlen, Baujahr 1912. In den Berichten über eure Band hat es ja fast schon Kultstatus erreicht mit seinem morbiden Charme.

Es war nie so richtig warm da drin, also konnten wir auch keine gute Laune entwickeln. Nein, Quatsch! (lacht) Aber wir haben uns dort mittlerweile tatsächlich ein bisschen behaglicher eingerichtet.

Dann erzähl´ doch mal: Wie kommt diese typische Musik zustande, die von der Kritik bevorzugt mit „Weltschmerz“ etikettiert wird?

"The Only Thing That´s Real" heißt das neue Album der "Tale of Golden Keys".

"The Only Thing That´s Real" heißt das neue Album der "Tale of Golden Keys". © Mari Ferrari, NN

Erstmal fahren wir aus der Nürnberger Südstadt, wo wir jetzt alle wohnen, raus nach Eckersmühlen. Einer von uns bringt meistens ´ne Idee mit. Die wird dann ausgearbeitet. Flo ist unser Haupttexter, der hat ein Buch voller Gedanken und Textskizzen, aus dem wir uns bedienen. In unsere Musik fließt viel von dem, was uns gerade so beschäftigt: Moria, die Boomer-Generation, unerwartete Heuschnupfenallergien... - Unser Sound ist das Transportmittel dafür.

Ihr habt euch den Namen „A Tale Of Golden Keys“ verpasst, ein „Märchen von goldenen Schlüsseln“. Das erzählt man sich schon seit geraumer Zeit in der Indie-Pop-Szene – mit ziemlicher Begeisterung. Allerdings haben eure Schlüssel zum ganz großen Erfolg noch nicht gepasst. Wo hakt´s?

Vielleicht ist es die Kopflastigkeit der Band. Oder die Tatsache, dass es tollere Showtypen gibt als uns. Außerdem sind wir inzwischen in einem Alter, in dem man das Schicksal nur noch bedingt herausfordern mag. Wir sind einfach froh, wie´s gerade läuft: Wir haben ein Label in Berlin („Listenrecords“, Anm. d. Red.), das unsere Alben vertreibt und einen Booker, der unsere Touren plant. Gar nicht so selbstverständlich! Allerdings haben wir inzwischen auch: Jobs und Familie.


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So gesehen, ist der Zug für den ganz großen Erfolg vielleicht schon abgefahren, weil wir uns viel mehr reinknien müssten ins Musikgeschäft. Da heißt es: spielen, spielen, spielen. In normalen Zeiten ist man ständig unterwegs. Wir durften ja schon reinschnuppern. Natürlich ist es ein geiles Gefühl, wenn du nach Berlin oder Hamburg fährst und die Clubs dort sind voll - wegen dir! Was uns aber wirklich zum Weitermachen antreibt, ist der Umstand, dass wir nach wie vor Bock auf unsere Musik haben.

Eine feste Indie-Größe

Nur nicht untertreiben: Der Bayerische Rundfunk hat vor ein paar Jahren ganz euphorisch reklamiert, dass man euch unter der Rubrik „Berühmte Söhne der Stadt“ listen sollte, die großen Radiosender spielen ATOGK immer öfter und man handelt euch als „feste Größe in der deutschen Indie-Landschaft“.

Berühmt zu werden, war nie eine Prioriät. Wie gesagt: Wir haben Lust drauf, miteinander Musik zu machen. Und zwar so, wie sie uns gefällt! Wir denken wenig darüber nach, was gerade angesagt ist und was Menschen von uns erwarten könnten. Trotzdem schön zu wissen, dass unser Sound ankommt.

Man muss auch dazu sagen: Wir durften immer auf Unterstützung zählen – vor allem aus der Nürnberger Szene. Auf dem Bardentreffen, beim Brückenfestival oder dem Nürnberg.Pop-Festival wurden wir schon zu Beginn unserer „Karriere“ von den Veranstaltungsteams mit offenen Armen empfangen. Das macht Mut!

Apropos. Wie sind eure Konzert-Touren vor Corona abgelaufen?

Ach Gott, schon so lange her… Wir haben meistens zuerst ein Album rausgebracht und das dann in 15 bis 20 größeren deutschen Städten gespielt - in mal mehr, mal weniger gefüllten Läden. Gerade ist es ziemlich absurd, sich an dieses „Tour-Gefühl“ zu erinnern. Denn das hat schon was ziemlich Einmaliges!


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Was macht ihr aktuell, um pandemiebedingt nicht völlig einzurosten?

Zum Glück hängen wir ja nicht existenziell an dem Apparat dran, deswegen ist es für uns weniger schlimm, dass zurzeit nix geht. Es fehlt halt. Streaming-Konzerte machen wir in der Regel keine. Das Feld überlassen wir lieber denen, die es dringender beackern müssen. Wir hoffen jetzt, dass ab Sommer wieder ein paar Live-Konzerte möglich sind. Geplant ist es jedenfalls. Trotzdem waren wir im vergangenen Jahr nicht untätig und haben an unserem neuen Album gearbeitet. Was dabei aber schon wehtut: Wir konnten es bisher noch gar nicht vor Publikum vorstellen und wissen deshalb nur wenig drüber, wie´s tatsächlich ankommt.

"Sicher kein Corona-Album"

„The Only Thing That´s Real“ heißt es, euer drittes Album - erschienen Ende Oktober 2020. Wohin habt ihr euch entwickelt? Und ist eure Melancholie diesmal auch eine Corona-Melancholie?

Das ist sicher kein Corona-Album, obwohl die unsicherere Situation bestimmt in ein paar Songs mit eingeflossen ist. Was diesmal völlig anders war: Alles ist in kompletter Eigenregie von uns geschrieben und aufgenommen worden. Wir hatten ja viel Zeit und haben die Songs wirklich erst dann für gut befunden, wenn sie jedem Einzelnen von uns getaugt haben.

Welches Märchen dürfte denn gerne Wahrheit für euch werden? Zum Beispiel das, eines Tages von der Musik leben zu können?

Tja, sollte es wirklich wahr werden, würden wir das Modell wahrscheinlich eine Zeit lang ausprobieren, um zu schauen, ob´s überhaupt in unser Leben passt. Im Moment ist es gut so, wie es ist: Wir geben Konzerte, machen Alben, sind im Radio zu hören. Schön wär´s vielleicht noch, öfter mal im Ausland aufzutreten. Oder was ich mir gerade vorstelle: ein nettes Festival, wir spielen als letzte Band in einer warmen Sommernacht, die Leute sind beseelt. Das wär´ ein Traum...

A Tale of Golden Keys im Netz: www.ataleofgoldenkeys.com

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