Fränkischer Internetstar Phil Laude bekommt TV-Sendung

28.3.2021, 06:00 Uhr
Alles „Alman“, oder was? Phil Laude aus Hilpoltstein, ehemals Mitglied des erfolgreichen YouTube-Trios „Y-Titty“, übernimmt in der Serie „Almania“ – derzeit in der ARD-Mediathek abrufbar – die Rolle des „deutschesten Lehrers Deutschlands“. Der heißt Frank Stimpel und hat im Hinblick auf seine Schülerschaft noch so einiges zu lernen. Trotz Pädagogik-Handbuch.

© Foto: Kundschafter Alles „Alman“, oder was? Phil Laude aus Hilpoltstein, ehemals Mitglied des erfolgreichen YouTube-Trios „Y-Titty“, übernimmt in der Serie „Almania“ – derzeit in der ARD-Mediathek abrufbar – die Rolle des „deutschesten Lehrers Deutschlands“. Der heißt Frank Stimpel und hat im Hinblick auf seine Schülerschaft noch so einiges zu lernen. Trotz Pädagogik-Handbuch.

Wer fürchtet sich vor Frank Stimpel? Niemand! Und genau das ist sein Problem. Denn Stimpel unterrichtet an einer Brennpunktschule als "deutschester Lehrer Deutschlands". So schreibt man’s ihm jedenfalls ins Stammbuch: regelfetischistisch, kragentragend und laktoseintolerant sei er.

Ein "Alman", wie er im Pädagogik-Ratgeber steht – der Vorzeige-Deutsche halt! Die Idee ist nicht brandneu, das Konzept schon: Mit der Serie "Almania" geht in der ARD-Mediathek nämlich ein frisches Format an den Start. Jung, schnell, satirisch-überspitzt und nah dran am Puls der Gesellschaft will es sein. Aktuell existieren zwei Folgen. Ob weitere gedreht werden, entscheidet die Zuschauergunst. Doch Phil Laude alias Frank Stimpel ist optimistisch.

Der 30-Jährige, der in Hilpoltstein aufwuchs und mit dem YouTube-Trio "Y-Titty" einst die Internet-Comedy revolutionierte, kennt sich schließlich aus. Allerdings: In "Almania" betritt auch er Neuland – als Drehbuchautor und Hauptdarsteller. Gute Gelegenheit, bei ihm nachzufragen: Was war denn so los seit dem Ende von Y-Titty?

Birkenstock-Latschen mit Tennissocken, Pünktlich- und Humorlosigkeit oder die German Angst? Was ist typisch deutsch, Phil Laude?

Phil Laude: Ich glaube, das Deutscheste überhaupt ist die Regeltreue. Dieses Befolgen von Pflichten, selbst wenn’s überhaupt keinen Sinn mehr macht...

Du sprichst von Corona?

Laude: Eher vom Joghurtbecher-Auswaschen. Bei Corona funktioniert das "Alman"-Sein doch recht gut: Pflichtbewusstsein und Solidarität, das kommt zurzeit nicht schlecht...

Als Lehrer Stimpel führst du uns den Prototyp des Deutschen vor Augen, den "Alman" – unter anderem in deiner neuen Comedy-Serie "Almania". Zu finden in der ARD-Mediathek. Worum geht’s?

Laude: Es geht um den Deutsch- und Sportlehrer Stimpel, der an eine Schule kommt, wo 90 Prozent der Schülerinnen und Schüler einen Migrationshintergrund haben.


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So eine "Fack ju Göhte"-Story?

Laude: Ja, aber umgedreht. Hier sind nicht die Schüler das Problem, sondern der Lehrer. Stimpel hat ultra viel dazuzulernen. Alles, was in seinem Pädagogik-Ratgeber steht, stimmt nicht. Auch seine Vorurteile muss er überdenken: Er geht zum Beispiel davon aus, dass eine person of colour nur die Putzfrau sein kann, dabei ist das seine Mentorin.

Man ertappt sich da vielleicht auch hin und wieder bei seinen eigenen Alltagsrassismen ...

Du hast dir die Story selbst ausgedacht, das Drehbuch geschrieben. Was macht die Figur des "Alman" für dich so reizvoll?

Laude: Entwickelt hab’ ich den Charakter eigentlich schon vor ein paar Jahren für meinen YouTube-Kanal "Phil Laude". Das kam super an!

Der "Alman" ist eine Parodie auf die sogenannten deutschen Tugenden. Dabei will ich gar nicht werten, ich beobachte nur. Denn eigentlich sind wir doch alle ein bisschen "Alman", dazu braucht man gar kein Bio-Deutscher zu sein.

Mich regt’s zwar auch auf, wenn Strandliegen handtuchweise wegreserviert werden, andererseits schwör’ ich inzwischen auf Filzmöbelgleiter.

Echt jetzt?

Laude: Ja, dazu stehe ich!

Und wieso interessiert das die ARD?

Laude: Die Öffentlich-Rechtlichen möchten jünger werden. Darum wollten die Verantwortlichen wissen, wie das ist, wenn einer vom Internet kommt und ein Format für ihre Mediathek entwickelt. "Almania" ist eine der ersten ARD-Serien, die exklusiv online läuft! Bis jetzt gibt’s zwei Folgen, aber wenn die von möglichst vielen Zuschauern angeklickt werden, geht’s weiter. In ein oder zwei Monaten wissen wir mehr. Das Feedback bisher ist jedenfalls super!


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Drehen wir mal die Uhr zurück: Da entdecken drei Hilpoltsteiner Teenager die Video- Plattform YouTube für sich. Sie machen Amateurvideos, stellen ihre Comedy- Filmchen ins Netz, nennen sich "Y-Titty" und haben 2013 mit über drei Millionen Abonnenten und 650 Millionen Videoaufrufen den meist abonnierten YouTube-Channel Deutschlands. Weißt du noch, wie sich das damals angefühlt hat?

Laude: Einfach krass! Ich denke, dass sowohl TC als auch OG (Matthias Roll, Oguz Yilmaz, Anm. d. Red.) und ich das noch immer irgendwie verarbeiten. War ja was ganz Verrücktes, das so nicht oft passiert.

"Y-Titty" wurde zu einem Internet-Phänomen, das über sich selbst hinausgewachsen ist. Ich hab’ zu der Zeit mal irgendwo gelesen, dass junge Menschen angeblich mehr über "Y-Titty" wissen, als über Angela Merkel.

Wahnsinn – und ein wichtiger Lernprozess! Wir hatten niemanden, der uns erklärte, wie das Business funktioniert. Wir mussten uns das selber beibringen. Dabei sind wir auch oft auf die Schnauze geflogen.

Trotzdem ein cooles Team: Ihr habt Videos produziert, Bücher geschrieben, die Charts gestürmt, habt Preise eingeheimst, seid im Fernsehen bei Harald Schmidt und Stefan Raab aufgetreten... - warum ging das Projekt "Y-Titty" 2015 in die Brüche?

Laude: Wir hatten uns in den Kopf gesetzt, von der Comedy leben zu können. Dieses Ziel war erreicht und wir spürten intuitiv, dass wir den Spaß an der Sache unterwegs verloren hatten.

Immer öfter stand das Marketing im Vordergrund, die Unbeschwertheit war weg.


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Was machen die anderen beiden heute? Noch Kontakt?

Laude: Ja! Es ist toll, dass wir’s bis heute geschafft haben, Freunde zu bleiben.

Oguz hat eine Marketing-Agentur gegründet, TC beschäftigt sich auf Instagram mit Nachhaltigkeit.

Und wie ging’s nach der Trennung für dich persönlich weiter?

Laude: Ich wollte ja immer in Richtung Schauspiel, Richtung Film gehen – da kam die Kinoproduktion "Bibi und Tina", in der ich den Urs spielen durfte, genau richtig.

Eine gute Erfahrung für mich, weil ich gemerkt habe: Ey, die Welt ist tatsächlich noch größer als "Y-Titty"! Wir waren ja in einem Tunnel, in unserer YouTube-Bubble während dieser Zeit.

Der Film hat mir echt die Augen geöffnet, dass es noch so viel mehr gibt. Und Schauspiel ist wirklich etwas, das mich erfüllt.


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Deshalb also das ARD-Projekt. Parallel dazu wandelst du aber mittlerweile auch auf analogen Pfaden, wie man hört ...

Laude: Die digitale Welt ist und wird Teil von mir bleiben. Aber was ich inzwischen immer weniger mag, ist das ständige Urteilen und Bewertet werden wie auf Instagram. Ich find’s nicht gut, auf welche Weise die Plattform mittlerweile genutzt wird. Da driftet alles weg von der Kreativität hin zum bloßen Marketing.

Das Schöne an der Stand-up-Comedy ist: deine Likes sind die Menschen, die vor dir sitzen. Vor zwei Jahren hab’ ich angefangen, in Berlin auf offenen Bühnen aufzutreten. Manchmal vor zehn, 15 Leuten, die mich oft überhaupt nicht lustig fanden – so was ist hart! Du denkst, du stirbst.

Man nennt das in der Szene ,Bombing’. Da lernst du echt, wo deine Schmerztoleranzgrenze liegt. Aber mein Gedanke war der: Wenn ich richtig Comedy machen will, brauch’ ich das nötige Handwerkszeug, um Menschen zum Lachen zu bringen. Und zwar in echt.

Hört sich an, als wärst du mit deiner Zielgruppe zusammen erwachsen geworden?

Laude: Ja, die "Y-Titty"-Fans sind älter geworden. Und die Influencer von heute – das sind nicht mehr die Jungs von damals, die rumlaufen, Spaß haben und einfach sind, wie sie sind. Das ist alles Lifestyle, Business.

Oh, oh, erwischt: Gereifter YouTuber schimpft über die Jugend von heute. So muss das … (lacht).


Zur Person: Philipp "Phil" Laude wurde 1990 in Kappeln geboren, verbrachte seine Kindheit und Jugend in Hilpoltstein. Hier gründete er zusammen mit Matthias Roll (TC) und Oguz Yilmaz (OG) das YouTube-Trio "Y-Titty", das bis 2015 viel beachtete Erfolge im Bereich Comedy feierte. Nach Auflösung der Gruppe spielte Laude eine Rolle in Detlev Bucks Kinofilm "Bibi und Tina. Mädchen gegen Jungs" an der Seite von bekannten Schauspielern wie Charly Hübner oder Katharina Thalbach. Auch zum Soundtrack steuerte er zwei Songs bei. Danach gründete der Deutsch-Österreicher seinen eigenen YouTube-Kanal "Phil Laude", auf dem er seit 2017 regelmäßig Videos veröffentlicht. Hier entstanden auch seine Charaktere Alman, Quarantäne-Klaus oder BWL-Maxi.


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Aktuell hat der Channel fast eine Million Abonnenten und gehört zu "funk", dem Online-Netzwerk von ARD und ZDF. Unterm Pseudonym Yung Larry brachte er mit seinem Freund Pesh Ramin mehrere Songs heraus. Mit ihm veröffentlicht er seit November 2019 auch wöchentlich den Podcast "Deep und Dumm". Seit 2017 versucht sich Laude zudem als Stand-up-Comedian. Er lebt in Köln.

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